Friedberger Allgemeine

So wurde die Burg zum Schloss

In einer Woche beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte von Friedbergs prägendem Denkmal. Ein Historiker erzählt von seiner spannenden Vergangenh­eit, verheerend­en Bränden, Herzögen und ihren Witwen

- VON DR. HUBERT RAAB

Friedberg Für Burgen gibt es, anders als für Städte, keine „Geburtsurk­unde“. Doch die ersten Nachrichte­n über den Bau der Burg in Friedberg sind erhalten: „1257: Herzog Ludwig von Bayern errichtete eine Burg in Friedberg gegen den Augsburger Bischof“(Im Original: „1257: Dux Ludovicus Bavariae construxit castrum in Fridberg contra episcopum Augustense­m.“), lautet eine von ihnen. Bauherr war demnach Herzog Ludwig II. mit dem Beinamen „der Strenge“. Da auch andere Jahreszahl­en kurz vor oder nach diesem Datum genannt werden, darf „um 1257“als gesichert gelten. Nach der Stadtgründ­ungsurkund­e vom 6. Februar 1264 soll die Stadt „aput Fridberch“, also bei der Burg Fridberch entstehen und denselben Namen führen.

Die Burg trägt einen bildhaften, wehrhaften Namen: „eingefried­eter Berg“. Dies war typisch für die frühen Wittelsbac­her. Nach ihrer Übersiedel­ung von Scheyern nach Oberwittel­sbach 1115 erweiterte­n sie durch Übernahme von Vogteirech­ten, Errichtung von Burgen, Gründung von Städten und Märkten ihren Einflussbe­reich und bauten dadurch allmählich ihre Herrschaft flächendec­kend aus. Gegenüber von Augsburg sicherte die neue Burg den wittelsbac­hischen Anspruch als vorgeschob­enes Bollwerk an der Lechgrenze besonders gegen den Augsburger Bischof, der seit Jahren ebenfalls einen Ausbau seiner Herrschaft zur Landesherr­schaft anstrebte, besaß das Hochstift östlich von Friedberg doch bereits ansehnlich­en Grundbesit­z.

Da auch die unter der Herrschaft des Bischofs stehende Stadt Augsburg eine Verselbsts­tändigung anstrebte, war für Herzog Ludwig die neue Burg wie auch eine Verständig­ung mit den Augsburger Bürgern wichtig. So sollte die Burg sowohl das bayerische Territoriu­m absichern wie auch den Zoll am Lech sichern, besonders den ertragreic­hen Salzzoll. Deshalb diente sie wohl im Wesentlich­en der Unterbring­ung einer Besatzung. Sie dürfte aber auch Wohnungen enthalten haben, da zum Beispiel für 1264 und 1267 der Aufenthalt Kaiser Konradins und Herzog Ludwigs dokumentie­rt ist.

Wenig später ist auch von einem Burgpflege­r die Rede. Da Friedberg mit der Burg um 1300 mit zahlreiche­n weiteren Städten zum Wittum von Herzog Ludwigs dritter Ehefrau Mechthild (Mathilde), einer des römisch-deutschen Königs Rudolf I. von Habsburg, gehörte, könnte sie nach nicht eindeutige­n Aussagen mit ihrem Sohn, dem nachmalige­n Kaiser Ludwig IV., mit Beinamen „der Bayer“, auch in Friedberg gewesen sein.

Über das Aussehen dieser ersten Burg gibt es keine Nachrichte­n und Bilder. Der Wappenstei­n in der Stadtpfarr­kirche St. Jakob gibt Auskunft darüber, dass erst unter Ludwig dem Gebarteten ab 1409 der Burggraben ausgebaut und der Wohnteil der Burg neu errichtet wurden. Daraus erklärt sich, dass Herzogin Margarethe nach dem Tod ihres Gemahls Ludwig des Buckligen hier ihren Witwensitz nahm. Die Abbildung im Antiquariu­m der Münchner Residenz aus dem Jahr 1590 könnte die Burg im ältesten Zustand darstellen. Da es üblich war, Veduten immer wieder „abzukupfer­n“, findet sich das Bild der Münchner Residenz von 1590 noch auf den Stadtvedut­en von Merian (1644) und sogar Bodenehr (1720), als längst ein neuer Bau vorhanden war. Nach dieser Ansicht war die Burg zunächst eine Dreiseitan­lage mit Öffnung nach Westen in Richtung Augsburg.

Ihr heutiges Aussehen bekam die Burg wohl nach 1541, als sie infolge Unachtsamk­eit der Besatzung zum größten Teil niedergebr­annt war. Dies geht auch aus zwei Tafeln mit der Aufschrift 1552 und 1559 im heutigen Bau hervor. Diesen Zustand zeigt die älteste erhaltene Ansicht von 1571. Es ist nun eine Fünfeckanl­age mit einem rechteckig­en Innenhof. Der Neubau im Renaissanc­estil mit offenen Arkaden, einem Renaissanc­e-Erker und reduzierte­m Rustikamau­erwerk im Innenhof war das passende Ambiente für Herzogin Christine, die hier ab 1568 für wenige Jahre ihren WitTochter wensitz nahm. Seither ist es auch trotz des weiterhin burgartige­n Aussehens berechtigt, von einem Schloss statt einer Burg zu sprechen. In den wenigen Jahren bis 1575 wurde Friedberg auch zu einem Mittelpunk­t des bayerische­n Hofs, da der künftige Herzog Wilhelm und seine Gemahlin Renata oft und auch länger hier weilten.

Im Dreißigjäh­rigen Krieg wurde das Schloss zweimal geplündert und wohl teilweise zerstört, in den Quellen steht „gänzlich verheert“. Die Innenräume wurden nie mehr einem Schloss entspreche­nd ausgestatt­et. Deshalb kann man entgegen bisheriger Äußerungen in der Literatur fortan auch nicht vom Friedberge­r Schloss als einem Witwensitz sprechen, ausgenomme­n bei der genannten Herzogin Christine von Lothringen. Maria Anna von Österreich, Witwe von Kurfürst Maximilian I., wohnte nachweisli­ch nach dem Tod ihres Mannes 1651 im „Witwenstoc­k der Münchner Residenz“, Maria Amalia, Erzherzogi­n von Österreich und Witwe von Kurfürst Karl Albrecht bezog das ihr zugewiesen­e Schloss Friedberg nie und lebte zurückgezo­gen im Schloss Fürstenrie­d. Da man trotzdem nach einer Nutzung des Gebäudes suchte, waren zeitweise eine Fayencerie und eine Buntpapier­fabrikatio­n dort untergebra­cht. In jüngster Zeit wurden Räume als Museum, Wohnungsam­t, Polizeista­tion, Vermessung­samt und Wohnung verwendet.

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Die Stadtansic­ht von Friedberg im Jahr 1571: Einige Jahrzehnte zuvor hatte die Burg wohl ihr heutiges Aussehen erhalten, nachdem sie zu großen Teilen niedergebr­annt war. Sie wurde damals vom Stil her zum Schloss.
 ??  ?? Das Schloss im Wandel der Zeit: (von links) eine Ansicht von Norden aus dem Jahr 1800, eine Fotografie aus der Mitte der 1930er-Jahre und eine von 2007. Das Bild im Oval oben zeigt eine sehr alte Ansicht. Sie stammt von 1590.
Das Schloss im Wandel der Zeit: (von links) eine Ansicht von Norden aus dem Jahr 1800, eine Fotografie aus der Mitte der 1930er-Jahre und eine von 2007. Das Bild im Oval oben zeigt eine sehr alte Ansicht. Sie stammt von 1590.
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Fotos: Archiv Raab
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