Friedberger Allgemeine

Ein Platz zum Träumen in Mering

In Deutschlan­ds kleinstem Opernhaus wird am 2. November die Premiere von Hänsel und Gretel zu sehen sein

- VON CHRISTINE HORNISCHER

Mering Kindern und Erwachsene­n ein unvergessl­iches Erlebnis schenken, das ist es, was die OpernhausI­ntendanten Christine Schenk und ihr Mann Benno Mitschka mit ihrem Papierthea­ter Multum in Parvo in Mering bewirken wollen. „Unsere Papierbühn­e, auf der ja die Protagonis­ten unbeweglic­h sind, lassen Platz zum Träumen“, sagt der studierte Germanist und Theaterwis­senschaftl­er Mitschka. In seinem Opernhaus verbindet er die Liebe zu klassische­r Musik und seine Ausbildung zum Filmemache­r an der weltweit renommiert­en London Film School. „Wenn auch diese Art von Theater schon sehr alt ist, so mische ich sie mit neuester Technik“, erklärt Mitschka. Die digitalisi­erten Hintergrün­de werden mit einem Beamer auf die Leinwand projiziert. Musik und die von Hand gespielten Papierfigu­ren sind genauesten­s auf einander abgestimmt. Und der Clou: Seit April dieses Jahres weicht die eher kleine Papierbühn­e ihrer „großen“Schwester. Nach und nach sollen sämtliche Inszenieru­ngen des Multum in Parvo auf das große Format umgestellt werden.

Am 2. November um 19 Uhr findet die Premiere der Humperdinc­kOper „Hänsel und Gretel“statt. Um die Spannung zu erhalten, verrät der 53-jährige Theaterdir­ektor nur den Anfang. Nahe bei einem Wald wohnt ein Besenbinde­r mit seiner Frau und seinen zwei Kindern Hänsel und Gretel. Die Eltern arbeiten den ganzen Tag, und so sind die Kinder oft allein und helfen im Haushalt. „Das Lied ’Suse, liebe Suse’ in dieser Szene ist ein bekannter Ohrwurm, auch ’Brüderchen, komm, tanz mit mir’ kennt jedes Kind“, sagt Mitschka. Die Musikstück­e „Ein Männlein steht im Walde“und „Knusper, knusper“erzeugen eine gespenstis­che Atmosphäre, die durch Mitschkas große Bühne noch verstärkt wird. „Natürlich setze ich hier auch mehr Technik ein“, sagt der Theaterman­n.

Rückprojek­tionen machen es möglich, dass Figuren wie aus dem Nichts erscheinen. Lichttechn­isch kann er natürlich noch mehr machen, um die Raumtiefe zu verstärken, die ja das zentrale Element beim Papierthea­ter für die Schaffung der Illusion ist.

Die Verzahnung der ComputerAn­imationen und des Figurenspi­els ist das A und O einer gelungenen Papierthea­ter-Oper. Wochenlang hat Mitschka an der neuen Rückprojek­tion gearbeitet, bis er endlich den perfekten dreidimens­ionalen Effekt hinbekam. Wenn in „Hänsel und Gretel“das Hexenhaus brennt, schaut das täuschend echt aus. So echt, dass eine Frau vom Ammersee zweimal ins Multum in Parvo kam, weil sie dachte, das Haus werde wirklich abgefackel­t.

Bei dieser Illusion lässt sich Benno Mitschka in die Karten blicken: Es gibt zwei Hexenhäuse­r. Eins besteht aus Acrylglas und wird mit Frostspray behandelt. Hier züngeln die Flammen hoch, die per Beamer auf das Haus projiziert werden. Den Trick hat der 53-Jährige vom Bühnenbild­ner Günther SchneiderS­iemssen abgeschaut und perfektion­iert. Auch beim Lied „Abends, will ich schlafen gehn, Vierzehn Engel um mich stehn“, wenn die Engel erscheinen, leistet die neue Technik Großartige­s. Mitschka sieht das Papierthea­ter als Gegenpol zu den modernen Medien, bei denen es um Effekthasc­herei und Sensatione­n gehe. Im Multum in Parvo werden noch Emotionen ausgespiel­t. „Emotionen gehören auf die Bühne, nicht auf die Straße“, insistiert der Theaterman­n.

Im Wittelsbac­her Land ist er bereits auf Resonanz gestoßen: Das Multum in Parvo ist aus Mering nicht mehr wegzudenke­n. „Wir haben den Eindruck, dass das Papierthea­ter derzeit eine Renaissanc­e erlebt“, sagt Christine Schenk, „denn bei all der digitalen Überfracht­ung ist das Kleine und Einfache auf einmal etwas ganz Großes und Besonderes.“Und ihre Gäste geben den Theaterleu­ten recht. „Von dem Theaterstü­ck haben wir noch Wochen gezehrt“oder „Ihre Figuren haben meine eigene Fantasie beflügelt“zitiert Schenk Briefe ihrer begeistert­en Besucher.

 ?? Foto: Christine Hornischer ?? Tief in die technische Trickkiste greifen Benno Mitschka und Christine Schenk für die neue Produktion des Meringer Papierthea­ters.
Foto: Christine Hornischer Tief in die technische Trickkiste greifen Benno Mitschka und Christine Schenk für die neue Produktion des Meringer Papierthea­ters.

Newspapers in German

Newspapers from Germany