Der eiskalte Isländer ist zurück
Bundesliga Alfred Finnbogason erzielt in seinem ersten Spiel nach langer Verletzungspause beim 4:1-Sieg gegen Freiburg drei Tore. Wie wichtig er für den FCA ist, merkt man, wenn er fehlt
Augsburg Eines war für Alfred Finnbogason im Frühjahr klar. Er würde dabei sein, wenn Island im Sommer zum allerersten Mal an einer Fußball-weltmeisterschaft teilnehmen würde. Koste es, was es wolle. „Ich hätte die WM auch auf Krücken gespielt“, erzählte der isländische Stürmer des FC Augsburg am Sonntagabend in der Mixed-zone der Wwk-arena. Man muss diese Vorgeschichte wissen, um zu verstehen, warum Finnbogason erst am sechsten Spieltag sein Saisondebüt gegen den SC Freiburg gab, ohne ein einziges Testspiel absolviert zu haben.
Dabei begann die vergangene Saison wie im Traum für den Isländer und den FCA. In der Hinrunde erzielte er elf Tore in 16 Spielen, doch dann musste Finnbogason von Anfang Februar bis Mitte April mit einer Wadenverletzung pausieren. Finnbogason kehrte am 22. April zurück, um dem FCA im Abstiegskampf zu helfen und um seine Wmteilnahme nicht zu gefährden.
Gegen den FSV Mainz erzielte er beim 2:0-Sieg gleich ein Tor, auch gegen Hertha, Schalke und Freiburg stand er auf dem Platz, obwohl er nicht vollkommen fit war. „Ich bin etwas zu früh zurückgekommen, um die letzten Bundesligaspiele und die WM zu spielen“, erzählte der 29-Jährige am Sonntag.
Schon vor der WM hatte sich eine Sehne, die über das Kniegelenk verläuft, entzündet. Finnbogason biss die Zähne zusammen. Die WM war für den stolzen Isländer mehr Wert als seine Gesundheit. „Die Schmerzen kamen während der letzten vier Spiele in der vergangenen Saison und ich habe sie dann mit in die WM genommen. Dort konnte ich mit Schmerzen durchspielen.“
Und wie. Finnbogason erzielte beim 1:1 in der Wm-vorrunde gegen Argentinien das wohl wichtigstes Tor in seiner Karriere. Der Ausgleich war das erste WM-TOR für den Inselstaat, der knapp südlich des Polarkreises liegt. Finnbogason hatte vor den Augen von Diego Maradona mit dem Treffer Historisches geleistet.
Es war aber bis zum Sonntag auch sein letzter. Denn das strapazierte Knie machte nach wenigen Tagen in der Vorbereitung nicht mehr mit. „Es ging nicht mehr“, erinnerte sich der Stürmer. Diesmal nahm er sich Zeit, die Verletzung auszukurieren. Nicht wie im Frühjahr und nicht wie in der Saison 16/17, als er nach einer langwierigen Schambeinentzündung sehnlichst zurückerwartet wurde, um im Abstiegskampf zu bestehen.
„Ich denke, es war die richtige Entscheidung von mir und dem Verein, dass wir es Anfang der Saison gemacht haben. Ich bin sehr dankbar, dass der Verein mir diese Zeit gegeben hat“, sagte Finnbogason. Erst Anfang September hatte er mit dem Lauftraining begonnen, war erst vor zwei Wochen ins Mannschaftstraining eingestiegen. „Ich war heiß auf dieses Spiel, wollte unbedingt spielen, hatte ein Supergefühl.“
Das sollte ihn nicht täuschen. Es war ein märchenhaftes Drei-torecomeback. In der 34. Minute verlängerte er mit der Hacke den Ball zum 2:0 ins Freiburger Tor, das 1:0 hatte Caiuby (19.) erzielt. Als das Spiel in der zweiten Halbzeit noch mal zu kippen drohte, verwandelte Finnbogason einen Elfmeter zum 3:1, den er selbst provoziert hatte. Und dann traf er noch zum finalen 4:1 (2:0). Viel eindrucksvoller kann eine Rückkehr kaum gelingen. „Er steht immer da, wo ein Mittelstürmer stehen muss. Das verlernt man nicht, egal wie lange man verletzt ist“, bedankte sich Geburtstagskind Philipp Max, der am Sonntag 25 geworden war, für das Drei-tore-geschenk, das auch seinen Festtag verschönerte.
Schon im Dezember hatte Finnbogason beim 3:3 zu Hause gegen den SC Freiburg drei Tore erzielt und dabei mit zwei Treffern in der Nachspielzeit aus einem 1:3 noch ein 3:3 gemacht. Für Freiburgs Coach Christian Streich, 53, entwickelt er sich zum Schreckgespenst:
„Ich war heiß auf dieses Spiel, wollte unbedingt spielen, hatte ein Supergefühl.“
Alfred Finnbogason über seine Gefühle vor
seinem Saisondebüt
„Ich hoffe, dass er jetzt nicht jedes Spiel drei Tore gegen uns schießt, sonst wird es schwer für uns.“
In 50 Bundesligaspielen hat Finnbogason jetzt 25 Tore erzielt und damit Tobias Werner (23) als besten Bundesliga-torschützen abgelöst. Und so gezeigt, warum der FCA ihn im Sommer 2016 nach einer Leihe für geschätzte vier Millionen Euro fest von Real Sociedad verpflichtet und mit einem Vertrag bis 2020 ausgestattet hat.
Finnbogason macht den Unterschied. Wie elementar er für das Team als Anspielstation, Ballhalter, Ideengeber und Persönlichkeit mit seiner Abschlussruhe ist, zeigt sich immer, wenn er fehlt. Er ist der Lewandowski des FCA. Wenn der fehlt, spielen die Bayern nicht schlecht, doch bei weitem nicht so effektiv. Ähnlich ist es beim FCA. Wenn Finnbogason wirklich fit ist.
Der Aufwand in den ersten fünf Saison-spielen ohne den Isländer stand bisher in keinem Verhältnis zum Ertrag. Finnbogason garniert die fußballerische Weiterentwicklung mit schnellen Kombinationen und Pässen mit dem speziellen Torriecher. „Er ist eiskalt vor dem Tor, hat enorme Qualität“, schwärmt Fca-manager Stefan Reuter. Und so fährt der FCA mit acht Punkten, gehörigem Selbstvertrauen und einem glücklichen Torjäger am Samstag zu Borussia Dortmund. „Ab jetzt beginnt meine Saison“, sagt Finnbogason. Es klang fast wie eine Drohung an die Konkurrenz.