Premiere
Knisternde Spannung beim Regionalkrimi
Mering Angst und Hass treiben den jungen Bauernsohn Mathias an. Wie der Unterberger zum Mörder an einem jüdischen Goldschmiedelehrling wird – das beleuchtet eindringlich und beklemmend der einstündige Einakter „Bluatlech“. Die szenische Lesung ist das vierte Stück, das das vor acht Jahren gegründete Artus Ensemble mit Autorin Martina Drexler und Regisseur Hubert Schmucker inszenierte.
Die Meringer Bücherei verwandelte sich dafür zum ersten Mal in einen Theatersaal. Die Zuschauer waren gepackt von der spannenden Umsetzung und zeigten dem Schauspieler Simon Nagy – in einer Doppelrolle als Opfer und als Täter – mit Bravorufen, stehenden Ovationen und persönlich ausgesprochenem Lob, wie begeistert sie von seiner Leistung waren.
Die Inszenierung basiert auf dem Sachbuch „Mord am Lech“. Der Augsburger Autor Yehuda Shenef war zur Premiere gekommen und erläuterte den Zuhörern die Ereignisse des 12. August 1862 und der nachfolgenden Tage. Er war im Grabregister auf den Tod des 19-jährigen Ludwig Bach aufmerksam geworden. Da dieser aus derselben Familie stammte wie die Mutter des Autors, erweckte der Fall sein Interesse und er begann nachzuforschen: Der jüdische Goldschmiedelehrling aus Kriegshaber war mit dem Zug nach Mering gefahren und zu Fuß nach Unterbergen gelaufen. Dort traf er in einem Gasthaus auf den verarmten Bauernsohn Mathias Brunnhuber, dem er eine silberne Uhr verkaufte. Später jedoch tötete der Unterberger den jungen Ludwig Bach. „Der Gerichtsreporter sagte, dass er ihm von der Tat mit einer solchen Gleichgültigkeit erzählte, als ob er nur ein Huhn geschlachtet hätte“, berichtete Yehuda Shenef. Dumm sei er ebenfalls gewesen, weil er in Augsburg versucht hatte, den Schmuck des Opfers zu verkaufen, und Verwandte diesen wiedererkannt hätten. Der Bauernsohn wurde zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt und starb 1877 im Gefängnis von Kaisheim.
In der Bücherei erzählt nach einem Trommelwirbel der Bauernsohn Mathias mit tiefer Stimme von seinem ständigen Hunger nach Nahrung, aber auch Berührung. Als letztes von neun Kindern und dem frühen Tod des Vaters begann sein Elend bereits sehr früh. Die Familie musste sich bei Juden Geld leihen, die Dorfbewohner redeten über sie. Später wurde das Haus verkauft und sie zogen in ein Austragshaus, das eng wie ein Viehstall war. Schon mit 13 Jahren musste er harte Feldarbeit leisten. „Weißt du, wie sich Hass anfühlt? Wie ein Messer im Kopf“, schrie Simon Nagy.
Später lernte er die Fabrikarbeiterin Marianna kennen, die er sehr liebte. Aber ihre zwei Brüder verlangten plötzlich Geld für ein Kind, das von ihm sei. Jetzt kam zum Hass noch die Angst hinzu. Detailliert schildert Martina Drexler die gravierenden Unterschiede in den Persönlichkeiten von Mathias und Ludwig sowie die vielen Ereignisse und Gründe, die zu dem verhängnisvollen Mord am 12. August 1862 führten.
Elisabeth Mutter aus Schmiechen war ganz aufgewühlt nach der Aufführung. „Ich fühlte mit dem Täter mit“, erzählte sie. Auch Bürgermeister Hans-Dieter Kandler war beeindruckt. „Hier zeigt sich, dass jeder – Mörder und Opfer – seine eigene Geschichte hat, und man erfährt auch die Gedanken des Täters nach der Tat“, sagt er. Ehrenbürgerin Ellen Kratzer empfand den Text des Theaterstückes sehr gut umgesetzt und die Leistung des Schauspielers außerordentlich. Die Geschichte wirkte durch die Wiedergabe der Gefühle lebendig, fand ihre Schwiegertochter Silvia. Peter Nickig aus Augsburg, der regelmäßig das Theater in Augsburg und München besucht, sagte: „Nicht nur das persönliche Schicksal, die Not der Menschen und die Situation der Juden sind hervorragend herausgearbeitet, auch das Bühnenbild mit dem Saal des Gasthauses ist fantasievoll gestaltet.“Die Qualität, die Simon Nagy auf der Bühne gezeigt habe, entspreche der Leistung der Augsburger Bühne. Termine Die letzte Aufführung von „Bluatlech“findet am 7. Oktober um 20 Uhr in der Bücherei Mering (Bachstr. 1) statt. Karten sind während der Öffnungszeiten erhältlich. Die dritte, erweiterte Auflage von „Mord am Lech“von Yehuda Shenef wird mit der ISBN 978-3744-893640 im Jahr 2019 erscheinen.