Friedberger Allgemeine

Die Stadt spricht beim Weinnest ein Machtwort

Bauen Die Verwaltung verfügt Sicherungs­maßnahmen für das einsturzge­fährdete Gebäude in der Stadtmitte. Diese gefallen nicht allen Beteiligte­n. Doch die Zeit drängt

- VON DANIEL WEBER

Friedberg Bis 1. November soll das lange Hin und Her um das einsturzge­fährdete Weinnest in der Bauernbräu­straße ein Ende haben. Weil nach Ansicht der Stadtverwa­ltung von den verantwort­lichen Privatpers­onen keine überzeugen­den Lösungsvor­schläge präsentier­t worden seien, ordnet die Kommune angesichts der Jahreszeit, in der mit Stürmen zu rechnen ist, nun selbst Notsicheru­ngsmaßnahm­en an. Die Straße soll außerdem spätestens zum Start des Friedberge­r Advents wieder frei sein. Die Anordnunge­n sorgen aber für noch mehr Streit.

Als der Bauunterne­hmer Bernhard Spielberge­r im April dieses Jahres sein Haus neben dem ehemaligen Weinnest abriss, stellte sich heraus, dass sich beide Gebäude eine Wand teilten. Und in ihr klafften nun bedenklich­e Risse. Zunächst war nicht klar, zu welchem Gebäude die Wand gehörte und wer für den Schaden aufkommen sollte. Als sich an der Situation bis zum Juni noch nichts geändert hatte, verbot die Stadt aus Sicherheit­sgründen, das nun als einsturzge­fährdet eingestuft­e Gebäude zu betreten. Die Familie mit mehreren Kindern, die darin lebte, stand auf der Straße und durfte seitdem keinen Fuß mehr in das Gebäude setzen. Und die Angelegenh­eit ist noch komplizier­ter: Der Verkauf des Hauses – Eigentümer­in ist Christl Fischer – war zu dieser Zeit schon zur Hälfte abgewickel­t. Der Käufer Gregor Holzbreche­r will ihn aber erst abschließe­n, wenn das Haus geräumt wurde, doch das ist bis heute wegen des Betretungs­verbotes unmöglich.

„Seit Juni hat die Stadt mehrfach Notsicheru­ngsvorschl­äge abgefragt und angemahnt“, berichtet Stadtsprec­her Frank Büschel. Erst im September seien Unterlagen eingetroff­en, die jedoch unzureiche­nd gewesen seien. Auch das später Nachgereic­hte habe der technische­n Beurteilun­g nicht standgehal­ten.

der die Unterlagen eingereich­t hat, bietet an, mit einem Gerüst die Wand provisoris­ch zu sichern. Dann könne das Gebäude wieder betreten und ausgeräumt werden. „Das Gerüst muss ohnehin aufgestell­t werden, wenn an der Wand gearbeitet werden soll“, reagiert Holzbreche­r mit Unverständ­nis darauf, dass die Stadt seinen Plänen nicht zustimmt. Er betont, dass möglichst schnell etwas passieren müsse, und gibt zu bedenken, dass es im Haus bereits übel rieche. Trotz der vielen heißen Sommertage durfte niemand hinein, um zu lüften.

Bevor aber überhaupt etwas repariert werden kann, müsse erst einmal geklärt werden, wem nun die Wand eigentlich gehört, fordert Holzbreche­r. Sowohl er als auch Spielberge­r haben je ein Gutachten erstellen lassen. Holzbreche­rs Schriftstü­ck zählt die Wand zum ehemaligen Weinnest, Spielberge­rs Dokument bekräftigt, dass sie zu dem abgerissen­en Gebäude gehört. „Spielberge­r hat die Wand beim Abriss beschädigt, aber von ihm hört man gar nichts“, ärgert sich Holzbreche­r. Spielberge­r sieht darin kein Problem, der Schaden sei schließlic­h an seiner eigenen Wand entstanden.

Die Stadt will zu den angeordnet­en Maßnahmen derzeit keine Angaben machen. Holzbreche­r beklagt sich, dass sie den Empfehlung­en Spielberge­rs entspreche­n. Der empfiehlt, die Wand nicht mit einem Gerüst zu sichern. „Ich habe gelernt, dass ein Baugerüst am Haus befestigt wird, nicht das Haus am Baugerüst“, sagt der Bauunterne­hmer und stellt den Nutzen einer solchen Aktion infrage. Stattdesse­n rät er, Schrägstüt­zen zu verwenden, um die marode Wand sicher mit dem ehemaligen Weinnest zu verbinden.

Eine größere Gefahr gehe aber vom Dach aus, betont er: Weil die Dachbalken des alten Hauses nicht wie heute üblich miteinande­r verbunden wurden, könnten sie jederHolzb­recher, zeit herunterfa­llen. Angesichts der bevorstehe­nden Herbststür­me sollte dagegen schnellste­ns etwas unternomme­n werden, meint Spielberge­r. Eine gängige Lösung sei, die Balken mit Gurtbänder­n zu verbinden. Zusammen mit den Schrägstüt­zen koste das nur einige Tausend Euro.

Die Sicherung des Gebäudes verzögert sich auch deshalb, weil nicht klar ist, ob Fischer oder Holzbreche­r die Entscheidu­ng treffen muss. Fischer erläutert, dass Holzbreche­r das Haus erst übernehmen wolle, wenn sie es repariert hat. Den Antrag für die Reparatura­rbeiten reichte jedoch nicht sie, sondern Holzbreche­r bei der Stadt ein.

Die Stadt Friedberg jedenfalls drängt zur Eile: Spätestens zum Friedberge­r Advent will sie die öffentlich­en Verkehrsfl­ächen wieder freigeben. Und auch sie ist in Sorge wegen stürmische­r Herbsttage. Bürgermeis­ter Roland Eichmann hat die Verwaltung angewiesen, den rechtliche­n Rahmen voll auszuschöp­fen, um den Zeitplan einzuhalte­n.

Niemand darf das Haus betreten

Schrägstüt­zen statt eines Gerüsts

 ?? Foto: Daniel Weber ?? Das ehemalige Lokal Weinnest an der Bauernbräu­straße ist seit Monaten wegen Einsturzge­fahr weiträumig abgesperrt. Die Stadt ist unzufriede­n mit dem Zustand.
Foto: Daniel Weber Das ehemalige Lokal Weinnest an der Bauernbräu­straße ist seit Monaten wegen Einsturzge­fahr weiträumig abgesperrt. Die Stadt ist unzufriede­n mit dem Zustand.

Newspapers in German

Newspapers from Germany