Niedrigere Strafe für Vergewaltiger
Neues Urteil im Siegaue-Prozess
Bonn Im Revisionsprozess um die Vergewaltigung einer Camperin hat das Bonner Landgericht die Strafe für den Angeklagten herabgesetzt. Die Kammer verurteilte ihn am Freitag zu zehn Jahren Haft. Im ersten Prozess hatte der abgelehnte Asylbewerber aus Ghana noch eine Freiheitsstrafe von elfeinhalb Jahren erhalten. Zur Begründung sagte der Vorsitzende Richter Klaus Reinhoff, eine Strafe von über zehn Jahren für einen Ersttäter stünde „in eklatantem Missverhältnis zu vergleichbaren Fällen“. Sie wäre nicht gerecht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das erste Urteil des Bonner Landgerichts vom vergangenen Oktober teilweise aufgehoben. Nach Ansicht der obersten deutschen Strafrichter war nicht auszuschließen, dass der heute 32 Jahre alte Angeklagte vermindert schuldfähig sein könnte. Diesen Punkt sollte das Landgericht nun überprüfen und dann das Strafmaß neu festlegen.
Eine Gutachterin im Revisionsprozess sah bei dem Angeklagten aber keine Hinweise für eine psychische Erkrankung und stufte ihn als voll schuldfähig ein. Dass der Mann zurecht wegen besonders schwerer Vergewaltigung und räuberischer Erpressung verurteilt wurde, stand auch für den BGH zweifelsfrei fest. Mit einer Astsäge überfiel der Ghanaer im April 2017 ein junges Paar aus Süddeutschland, das in der Siegaue bei Bonn zeltete. Er durchschlug die Zeltplane, bedrohte die Opfer mit der machetenähnlichen Waffe und forderte Geld. Dann zwang er die Studentin nach draußen und vergewaltigte sie.
Richter Reinhoff hatte in der Verhandlung persönliche Erklärungen der Opfer verlesen: Beide sind schwer traumatisiert und leiden unter Angstzuständen. „Stellen Sie sich vor, Sie versuchen ans Ufer zu schwimmen, und jedes Mal, wenn Sie fast da sind, kommt eine Welle und zieht Sie zurück“, schilderte die Studentin ihre vergeblichen Versuche, im Alltag wieder Fuß zu fassen. Zum Schluss wandte sich der Richter direkt an den Angeklagten. Dieser hatte im Prozess die Vorwürfe bestritten und sich als gläubigen Christen bezeichnet. „Es ist mir unverständlich, wie sich eine solche Tat mit dem christlichen Glauben (...) in Einklang bringen lassen soll“, sagte Reinhoff.