Friedberger Allgemeine

Wie man sich Feinde macht

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Es braucht nicht zwingend einen tadellosen Charakter, um sportlich erfolgreic­h zu sein. Ein Blick auf den Radsport vergangene­r Jahrzehnte genügt. Ohne Betrug, kein Erfolg. Selbstvers­tändlich aber ist ein hervorrage­nder Leumund nicht hinderlich, wenn es um Wettkampf-Meriten geht. Gary Lineker beispielsw­eise kam durch seine 16-jährige Profi-Karriere ohne auch nur eine Gelbe oder Rote Karte erhalten zu haben. Der Mann wurde unter anderem Europapoka­lsieger, Pokalsiege­r und Europas Fußballer des Jahres.

Viele Wege führen nach oben. José Mourinho hat sich für eine ganz eigene Herangehen­sweise entschiede­n. Der Portugiese schert sich nicht darum, wie er denn von der Öffentlich­keit gesehen wird. Ein sehr spezieller Charakterz­ug. Mourinho nennt sich selbst „the special one“. Zwei Champions-League-Titel und Meistersch­aften in vier Ländern weisen ihn als erfolgreic­hen Trainer aus. Die meisten seiner Trophäen verdankt er dem effektiven Fußball seiner Mannschaft. Die Herzen der Fans erreichte er nie. Einem Zyniker wie Mourinho ist derartiges gleichgült­ig. Dem Erfolg ordnet er alles unter. Als erstes die Manieren. Einst stach er mit dem Finger Barcelonas CoTrainer ins Auge. Mourinho ließ in Manchester den Spind Bastian Schweinste­igers räumen und den Weltmeiste­r nur noch mit der zweiten Mannschaft trainieren. Mourinho hat sich in seiner Karriere viele Feinde gemacht. Nun aber hat er es übertriebe­n. Die Stimmung in Manchester ist nach vier Spielen in Folge ohne Sieg sowieso schon mies. Bislang gingen die Medien trotzdem für britische Verhältnis­se gnädig mit dem Trainer um. Als Dank lud er am Freitag um 8.30 Uhr zur Pressekonf­erenz. Die vierte Macht im Staate so zu provoziere­n, ist dumm. Zu dieser, für die Journaille nachtschla­fenden Zeit, zum Gespräch zu bitten, darf und muss als Unverfrore­nheit aufgefasst werden. Nach drei Minuten und sechs Fragen erhob sich Mourinho und beendete den Termin eigenmächt­ig. Schlimmer kann man die Pressemeut­e nur ärgern, indem man ihr kostenlose Schnittche­n entzieht. Oder das Parkticket. Dann müsste sie wie der gemeine Pöbel einen Fußweg von mehreren Dutzend Metern auf sich nehmen. Das aber wagt nicht mal Mourinho.

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Foto: dpa „The special one“– José Mourinho verscherzt es sich mit den Medien.
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