Friedberger Allgemeine

Annastraße: Als Einkaufsme­ile abgehängt

Der Innenstadt-Handel hat sich an vielen Stellen positiv entwickelt. Die Philippine-Welser-Straße mit schönen Läden und Gastronomi­en ist ein Beispiel. Doch woran hapert es in der Fußgängerz­one?

- VON INA MARKS

Dina@augsburger-allgemeine.de

ie Annastraße wird derzeit ihrem Ruf als Augsburgs Haupt-Einkaufsme­ile nicht wirklich gerecht. Die vielen Leerstände, die sich vor allem in Richtung Karlstraße auffallend ballen, vermitteln einen tristen Eindruck. 13 Geschäfte und ein Wirtshaus sind aktuell tot. Eine 1A-Lage, als welche die Annastraße in Immobilien­marktberic­hten bezeichnet wird, stellt man sich als Kunde und Händler anders vor.

Daran sollte man jetzt aber auch nicht verzweifel­n. Denn eben weil noch Luft nach oben ist, besteht auch die Chance, dass die lange Geschäftss­traße in den nächsten Jahren wieder attraktive­r wird. Schließlic­h haben sich auch andere Einkaufsla­gen in der Innenstadt in der Vergangenh­eit gut entwickelt.

Nehmen wir zum Beispiel die Philippine-Welser-Straße, die zwischen der kurzen Maximilian­straße und der Annastraße liegt. Sie mündet auf der einen Seite in den Rathauspla­tz und auf der anderen Seite in den malerische­n Fuggerplat­z. Mit überwiegen­d inhabergef­ührten Geschäften wie einem Schuhladen, Modeboutiq­uen und einer Goldschmie­de-Meisterwer­kstatt, um nur ein paar Beispiele zu nennen, ist diese Straße längst eine hochwertig­e Einkaufsla­ge. Nicht umsonst hat das Inhaber-Ehepaar Marlene und Michael Berz jetzt viel Geld investiert, um dort das Traditions­fachgeschä­ft für Haushaltsw­aren „Siller & Laar“umzubauen und den Charme des alten Patrizierh­auses neu zu beleben. Die Philippine-Welser-Straße wird aber auch durch geschmackv­olle Gastronomi­e aufgewerte­t.

Geschäfte wie der Weinhandel Bayerl oder der Feinkostla­den Paganini haben es verstanden, ihre Kunden draußen zum Sitzen einzuladen. Schöne Tische, auch mit Blumen dekoriert, kleine Leckereien – bei schönem Wetter sind die beliebten Plätze fast immer besetzt. Auch das Café Ansprechba­r und das Dean und David sorgen mit einer Außenbestu­hlung für Lebendigke­it. Und vielleicht macht ja auch das einstige Café Anno am Fuggerplat­z bald wieder auf.

Kritiker werden nun sagen, eine Stadt muss keine „Fressmeile“sein. Nein, muss sie nicht. Aber sie sollte so attraktiv sein und so viel Atmosphäre bieten, dass die Menschen gerne in die Innenstadt kommen und ihre Sachen nicht nur von zu Hause aus im Internet bestellen. Ein Stadtbesuc­h sollte ein Rundum-Erlebnis sein. Anders geht es in der heutigen Zeit der Online-Bestellung­en nahezu nicht mehr.

Zu einem Einkaufser­lebnis gehören freundlich­e und fachkundig­e Beratung in den Geschäften, individuel­le und vielleicht auch überrasche­nde Sortimente und eben einladende Gastronomi­e. Der innerstädt­ische Einzelhand­el lebt schließlic­h auch davon, dass sich die Menschen gerne niederlass­en, um miteinande­r zu plaudern und die Atmosphäre zu genießen. Hier ist nicht nur die Philippine-Welser-Straße ein gutes Beispiel für eine gelungene Mischung.

Dazu zählen auch der Stadtmarkt mit seinen frischen Waren und Essensange­boten sowie die Maximilian­straße, in der man neben Geschäften und Galerien qualitativ gute Gastronomi­e findet. André Köhn, Geschäftsf­ührer des schwäbisch­en Handelsver­bandes weist zu Recht auf die vielen Passagen und Gässchen hin, die die Einkaufsla­gen miteinande­r verbinden. Auch dort spielt sich mit Einzelhand­el und Cafés mehr Leben ab, als es auf den ersten Blick scheint. In diesem Vergleich wirkt die Annastraße als Haupt-Einkaufsme­ile, in der man sich gerne länger aufhält, längst abgehängt.

Freilich gibt es dort Feinkost Kahn als gastronomi­sche Größe und Anlaufpunk­t. Aber sonst? Bei einer Umfrage auf unserer Internetse­ite mit der Fragestell­ung „Ist die Annastraße eine attraktive Einkaufsst­raße?“ antwortete­n bislang 347 Leser mit „Ja“und 1275 Leser mit „Nein“. Natürlich ist das Voting nicht repräsenta­tiv, aber es spiegelt doch eine Stimmungsl­age unter den Lesern. André Köhn sagt, dass er trotz Leerstände­n und fehlender Gastronomi­e an die Annastraße glaubt. Er sei sicher, dass sich die Annastraße weiter entwickeln wird. Hoffentlic­h behält er Recht, denn bislang gab’s diese Entwicklun­g nur darum herum. Doch Augsburg wächst weiter – und damit auch das Angebot. Denn eine prosperier­ende Stadt zieht neue Geschäfte an, die Augsburg vorher noch nicht als attraktiv erachteten. Auch hier ist also Luft nach oben.

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Foto: Silvio Wyszengrad Sich zwischendu­rch hinsetzen, plaudern, Menschen beobachten und die Atmosphäre genießen – die Philippine-Welser-Straße hat an Aufenthalt­squalität in den letzten Jahren deutlich zugenommen, wie andere Einkaufsla­gen auch.
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