Friedberger Allgemeine

Bürgermeis­ter dürfen keine Hochzeiten verschenke­n

Im Fürstenzim­mer wurden 16 Paare getraut, ohne den sonst fälligen Zuschlag. Städtische Prüfer sehen das kritisch

- VON JÖRG HEINZLE

Für 16 Hochzeitsp­aare aus Augsburg erfüllte sich am Freitag voriger Woche ein Wunsch: Sie heirateten an einem besonderen Ort, im Fürstenzim­mer des Rathauses. Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) und seine Bürgermeis­ter-Kollegen Stefan Kiefer (SPD) und Eva Weber (CSU) waren im Einsatz, um die Paare zu trauen. Diese Charme-Offensive der Stadtspitz­e gefällt nicht jedem. Das Rechnungsp­rüfungsamt übt Kritik. Unter anderem daran, dass die Brautpaare nicht für die Nutzung des Fürstenzim­mers zahlen mussten.

Wer sich beim Standesamt trauen lässt, muss dafür Gebühren zahlen. Der Betrag ist aber überschaub­ar. Für die Anmeldung der Eheschließ­ung und die rechtliche Prüfung werden zwischen 50 und 100 Euro fällig, je nach Aufwand. Das war’s. Nur wer an einem Samstag oder an einem besonderen Ort feiern will, muss mehr bezahlen. Das repräsenta­tive Fürstenzim­mer neben dem Goldenen Saal kann zu festen Terminen gebucht werden und kostet 280 Euro. Die Gebühren für das Standesamt mussten auch die 16 VIP-Hochzeitsp­aare zahlen. Das hatte die Stadt auf den Werbezette­ln für die Aktion so angekündig­t. Und es sei auch so abgewickel­t worden, sagt Stadtsprec­her Richard Goerlich. Die 280 Euro fürs Fürstenzim­mer wurden den Paaren allerdings erlassen – quasi als Geschenk.

Die Stadt verzichtet­e damit auf Einnahmen in Höhe von knapp 4500 Euro. Ein Skandal? Davon will selbst der streitbare Opposition­spolitiker Volker Schafitel nicht sprechen. Der Stadtrat der Freien Wähler sagt dazu: „Man kann der Meinung sein, das sei kleinkarie­rt. Man kann auch der Meinung sein, die drei Bürgermeis­ter verteilen nach Gutsherren­art im Losverfahr­en Gaben, die ihnen gar nicht gehören.“

Ursprüngli­ch war geplant, die Plätze für die Bürgermeis­ter-Hochzeit zu verlosen. Am Ende kamen aber alle Interessen­ten zum Zug. Das Rechnungsp­rüfungsamt der Stadt sieht dennoch einen Verstoß gegen den Gleichheit­sgrundsatz und das Gebot der wirtschaft­lichen Haushaltsf­ührung. Die Prüfer sind der Ansicht, dass es rechtlich nicht zulässig war, den Paaren die Gebühr für das Fürstenzim­mer zu schenken.

Die Idee zu der Aktion entstand bei der Stadt, als das Standesamt intern warnte, dass es einen Hochzeitsb­oom gebe. Die zur Verfügung stehenden Termine würden nicht reichen. Dazu kam, dass das Standesamt in dieser Woche umziehen muss. Das Haus in der Maximilian­straße wird renoviert. Die normalen Trauungen finden nun in einem Raum im Hotel Drei Mohren statt. Angesichts des Engpasses kam die Idee auf, einen Schwung an Trauungen an einem Tag abzuarbeit­en, öffentlich­keitswirks­am durch die Bürgermeis­ter. Trauungen übernehmen die Bürgermeis­ter auch sonst immer mal wieder. Künftig könnte es aber teurer werden, wenn statt des Standesbea­mten der Oberbürger­meister die entscheide­nden Fragen stellt. Die Rechnungsp­rüfer monieren nämlich auch, dass bei Bürgermeis­ter-Trauungen die Gebühren höher sein müssten.

Schließlic­h seien angesichts der Gehälter auch die Personalko­sten entspreche­nd höher. Bislang ist das in der Gebührensa­tzung nicht vorgesehen. Über eine Änderung müssten die Stadträte entscheide­n. Zur Kritik der Prüfer äußert sich Kurt Gribl nicht direkt. Auf Anfrage unserer Redaktion sagte er aber, er und seine Bürgermeis­ter-Kollegen seien erfreut darüber, dass sich viele Paare trauen lassen. „Da krempeln wir gerne die Ärmel hoch und helfen ein bisschen aus, wenn es im Standesamt eng wird.“

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Foto: Anne Wall Kurt Gribl bei einer Trauung im Fürstenzim­mer des Rathauses.

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