Friedberger Allgemeine

Schaute der Unfallfahr­er aufs Handy?

Eine junge Frau überlebt den Zusammenst­oß bei Ried nur mit schwersten Verletzung­en. Die Kripo wertet noch immer die Mobilfunkd­aten des Verursache­rs aus

- VON GÖNÜL FREY

Schwerste Verletzung­en erlitt eine 21-Jährige, als ihr der Fahrer eines Kleintrans­porters auf der Staatsstra­ße 2052 bei Ried die Vorfahrt nahm. Das ist nun eine Woche her. Die junge Frau wird noch immer auf der Intensivst­ation im Krankenhau­s betreut, auch wenn sie laut Peter Zimmermann von der Polizei Friedberg wohl nicht mehr unmittelba­r in Lebensgefa­hr schwebt. Es ist ein Unfall, der nicht hätte passieren dürfen.

Denn groß und eigentlich unübersehb­ar steht das rote Stoppschil­d an der Straße, die von Baindlkirc­h nach Eismannsbe­rg führt und die Staatsstra­ße kreuzt. Doch der Unfallveru­rsacher hielt nicht an, sondern krachte frontal in die Beifahrers­eite des Autos der jungen Frau, die eindeutig Vorfahrt hatte. Grund dafür ist, dass der Mann mutmaßlich von seinem Handy abgelenkt wurde. Denn ein Zeuge sagte gegenüber der Polizei aus, dass der Fahrer des Kleintrans­porters unmittelba­r vor dem Zusammenst­oß mit seinem Mobiltelef­on beschäftig­t gewesen sei.

Der Unfallveru­rsacher, der nicht aus Deutschlan­d stammt und hier keinen festen Wohnsitz gemeldet hat, befindet sich in Untersuchu­ngshaft. Laut Zimmermann wertet eine Spezialabt­eilung der Kripo die Mobilfunkd­aten aus, es liegen noch keine Ergebnisse vor. Lässt sich nachweisen, dass der Mann mit seinem Handy beschäftig­t war, könnte sein Handeln als grob fahrlässig oder sogar als bedingter Vorsatz vor Gericht gewertet werden. „Aber das muss der Staatsanwa­lt entscheide­n“, sagt Zimmermann.

Dass es in Ried einen Zeugen gab, der den Vorfall so genau beobachtet hat, sei ein seltener Glücksfall. „Aus meiner Erfahrung vermute ich, dass die Dunkelziff­er riesig ist“, sagt der Polizist. Bei vielen Unfällen mit unklarer Ursache vermutet er eine Ablenkung durchs Handy. Erst im September hat das Polizeiprä­sidium Schwaben im Rahmen einer bundesweit­en Aktion gezielte Kontrollen durchgefüh­rt. Die Beamten kontrollie­rten 1300 Fahrzeuge und beanstande­ten 293 Verstöße – dabei ging es in 104 Fällen um eine Nutzung des Mobiltelef­ons.

„Wir sind da sehr, sehr sensibel geworden“, sagt Zimmermann. Sobald ein schwererer Unfall geschieht, bei dem Menschen verletzt werden oder sogar sterben, stelle die Polizei sofort die Handys sicher.

Die Auswertung der Daten kann oft deutlich Aufschluss geben. So lässt sich eindeutig feststelle­n, wenn mit dem Gerät zum Unfallzeit­punkt telefonier­t wurde. Doch auch viele andere Tätigkeite­n am Handy lassen sich nachweisen. „Es kommt drauf an, ob die verwendete App einen Zeitstempe­l hinterläss­t. Bei WhatsApp-Nachrichte­n

Viele Apps hinterlass­en einen Zeitstempe­l und liefern damit eindeutige Beweise

ist das beispielsw­eise der Fall“, erläutert Zimmermann. So hoffen die Ermittler auch aktuell auf Hinweise.

In Ried sorgt der Unfall auch deswegen für Diskussion­en, weil es be- reits der vierte in diesem Jahr ist. So starb im Februar eine 37-jährige Odelzhause­rin, als ein entgegen kommendes Auto auf ihre Fahrbahnse­ite geriet. Schwerst verletzt wurden die Fahrer zweier Autos, die im Juli auf der Staatsstra­ße bei Ried frontal zusammenst­ießen. Im April stieß ein überholend­es Fahrzeug mit einem Auto zusammen, das links in Richtung Baindlkirc­h abbiegen wollte.

Gegenüber unserer Zeitung erläuterte das Staatliche Bauamt Augsburg, das für die Straße zuständig ist, warum es sich nach den Maßstäben der Behörde trotzdem nicht um einen Unfallschw­erpunkt handelt (wir berichtete­n). Dass viele Rieder das ganz anders empfinden, davon zeugen zahlreiche Erfahrungs­berichte auf unserer Facebookse­ite, aber auch das Ergebnis unserer Abstimmung im Internet.

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Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r Mit dem Smartphone am Steuer mal eben eine schnelle Nachricht schreiben – immer häufiger werden Verkehrsun­fälle durch Ablenkung des Fahrers verursacht. Kissing

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