Es war einmal ein neuer feiner Roman
Ein Ehepaar bleibt mit seinem Auto auf einem verschneiten Alpenpass stecken. Es kommt die Nacht, und um die Zeit zu vertreiben, erzählt der Mann eine Geschichte von einem Liebespaar zu Zeiten der Französischen Revolution: er ein armer Schweizer Hirtenjunge, sie die Tochter eines wohlhabenden Bauern. Es braucht eine Prinzessin, um die beiden für immer zu vereinen.
Ob diese Geschichte nun wahr ist oder nicht, wen kümmert’s. Wichtig nämlich ist, dass eine Geschichte stimmt! Schreibt wer? Alex Capus, Schweizer Schriftsteller, Meister der stimmigen und stimmungsvollen Geschichte. „Königskinder“heißt sein fast schon märchenhafter Roman. Welche Geschichte ist aber eigentlich die märchenhaftere? Dass ein Paar sich nach sechsundzwanzig gemeinsamen Jahren nicht elend ob der Panne im Schneegestöber zankt, das tun Tina und Max jedenfalls nur ein wenig, sondern der Mann Scheherazade.gleich den nächsten Morgen herbeierzählt? Oder dass ein Bergbub es bis zum Vorzeigehirten im Alm-Disneyland der Schwester des Königs Ludwig VI. bringt? Oder dann eben doch, wie Capus das alles zusammenfügt, en passant quasi auch noch quer durch europäische Geschichte streift, mit Sprache und Witz leichthändig aus der Schnulze feine Literatur macht. Bedingungsloses Grundeinkommen? Gab es das 1789? Eben. „Jetzt hast du aber den Bogen überspannt“, sagt Tina. Genau das tut Alex Capus aber nicht. Einfach schön. Nicht mehr und nicht weniger.