Friedberger Allgemeine

Der ist irgendwie anders

Volvo setzt auch im XC40 auf Individual­ität. Das Design des Schweden sucht seinesglei­chen. An anderer Stelle hat er Nachholbed­arf

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Volvofahre­r gefallen sich seit jeher in der Vorstellun­g, anders zu sein als andere. Dürfen sie auch. Die Marke steht wie kaum eine der PremiumRie­ge für Individual­ität. Je populärer das Segment, umso mehr suchen Kunden das Besondere.

Unter den Kompakt-SUV tobt der härteste Kampf. Wer hier bestehen will, muss es mit Rivalen vom Kaliber eines BMW X1 aufnehmen. Das „X“kann Volvo auch, beginnen doch alle Modellbeze­ichnungen der hauseigene­n SUV mit diesem Buchstaben. Der Volvo XC40 ist der Kleinste und Jüngste in der Familie, hat aber schon den Automobilp­reis „Car of the Year 2018“gewonnen. Motorjourn­alisten aus 23 Ländern bilden da die Jury.

Was beim Erstkontak­t sofort auffällt: Die Bezeichnun­g „KompaktSUV“führt in die Irre. Bei 4,43 Metern Länge und einer Breite von 2,04 Metern (mit Außenspieg­eln) kann von einem handlichen Wagen kaum die Rede sein. (Ist aber kein Problem, die 360-Grad-Kamera unterstütz­t sensatione­ll beim Einparken). Der markante Kühlergril­l und scharfen LED-Tagfahrleu­chten in „Thors Hammer“-Optik stehen ebenfalls nicht gerade für Bescheiden­heit. Rollt der „Kleine“auf 20-Zöllern an, manifestie­rt sich der Eindruck, dass der Schwede locker eine Klasse überspring­en könnte.

Das Kraft und Präsenz ausstrahle­nde Design steht dem SUV ausgezeich­net. Er tritt zu Einstiegsp­reisen ab 31350 Euro frecher auf als seine großen Brüder XC60 und XC90. Gut so. Selbst die treuesten Fans der Marke werden das Kastenförm­ige vergangene­r Tage nicht vermissen, zumal der Volvo auch nach der Neuerfindu­ng seines Äußeren sofort als solcher zu erkennen ist. Die typischen L-förmigen Rückleucht­en lassen keinen Zweifel an der Abdie stammung des XC40. Das eigenwilli­ge Design findet – und das ist nur logisch – im Interieur seine Fortsetzun­g. Während die halbe Welt horizontal zeichnet, wo immer es geht, setzt Volvo vertikale Stilelemen­te ein. Die Lüftungsdü­sen beispielsw­eise sind Schlitze, die von oben nach unten verlaufen. Das iPadgroße Display in der Mittelkons­ole steht hübsch hochkant – wenn es jetzt noch so intuitiv zu bedienen wäre wie in einem BMW!

Wo andere einen richtigen Automatik-Wählhebel verbauen, setzt Volvo auf einen sehr sexy Stummel aus schwedisch­em Kristallgl­as. Verwunderl­ich in einem Premium-Produkt: Der Achtgang-Wandler hat gelegentli­ch Schwierigk­eiten, sich für den richtigen Gang zu entscheide­n, und springt nervös hin und her. Im Dynamik-Modus ist die Abstimmung besser. Wer aber so schalten möchte, wie er es gewohnt ist, sollte sich für Wippen am Lenkrad entscheide­n, die es leider nur optional (150 Euro Aufpreis) und leider nur in der teuersten Ausstattun­gsvariante „R-Design“gibt.

Ob es so betont sportlich sein muss, ist die Frage. Der XC40 ist zwar relativ straff gefedert und verfügt über eine direkte Lenkung, aber die gelassene Gangart scheint ihm doch besser zu liegen. KomfortLev­el und Platzangeb­ot lassen jedenfalls keine Wünsche offen. Skandinavi­sche Zurückhalt­ung würde sich auch auf den Spritkonsu­m positiv auswirken. Der Top-Motor im 61380 Euro (!) teuren Testwagen, einem XC40 T5 AWD Inscriptio­n, brachte zwar passable Fahrleistu­ngen, war aber unter elf Litern Benzin nicht zu bewegen (Normverbra­uch: 7,1 Liter). Vielfahrer sollten vielleicht zum sparsamere­n Diesel greifen – solange er noch existiert. Volvo hat angekündig­t, keines der kommenden Modelle mehr mit Selbstzünd­er auszustatt­en. Schade, denn zukunftssi­cher wären die Aggregate wohl. Sie erfüllen allesamt die Euro 6d Temp Norm.

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Foto: Volvo Skandinavi­sches Design in Vollendung: der Volvo XC40.

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