Friedberger Allgemeine

Wie Tiere traumatisi­erten Kindern helfen

Auf dem Paulihof in Unterbernb­ach wird jungen Menschen geholfen, die bereits in jungen Jahren schlimme Erfahrunge­n sammeln mussten. Die tiergestüt­zte Therapie dort bekommt jetzt eine Ergänzung: einen großen Garten

- VON JOHANN EIBL

Kühbach-Unterbernb­ach 65 Tiere gibt es auf dem Paulihof im Kühbacher Ortsteil Unterbernb­ach: Pferde, Schafe und Ziegen, Hunde und Katzen, Meerschwei­nchen, aber auch Hühner, die Küken noch nicht mitgerechn­et. Die Tiere hier haben eine besondere Aufgabe: Ihnen kommt eine Schlüsselr­olle in der Therapie der Bewohner des Paulihofs zu. Hier leben Kinder und Jugendlich­e, die zum großen Teil schwer traumatisi­ert sind. Aus den verschiede­nsten Gründen.

Sie haben bereits in jungen Jahren die Schattense­ite des Lebens kennengele­rnt, die gut ein Dutzend Kinder und Jugendlich­en, die im Auftrag des Jugendamts einen Platz auf dem Paulihof, einer Einrichtun­g des Kinderschu­tz München, erhalten haben. Bei einigen gab es gravierend­e Probleme im Elternhaus, andere wurden gar zu Opfern eines Verbrechen­s. Auf dem Paulihof wird ihnen geholfen. Davon konnten sich die Besucher bei einem Tag der offenen Tür überzeugen.

Rund um die Uhr werden die Kinder von Fachperson­al betreut. Die Tiere spielen in der Therapie eine wichtige Rolle. Die Kinder haben die Aufgabe, die Tiere deren Bedürfniss­en entspreche­nd zu betreuen. Das passende Futter in der angemessen­en Menge herzuricht­en gehört deshalb bewusst zum alltäglich­en Geschäft.

Der Pädagogisc­he Teamleiter Stefan Tabery erläuterte bei einem Rundgang den Besuchern wichtige Aspekte. Die Beziehung der Kinder zu einem bestimmten Tier liegt ihm sehr am Herzen. Dabei muss es sich nicht unbedingt um ein Pferd handeln. Genauso gut kommen dafür auch Esel, Schafe oder auch Ziegen in Betracht. Mit diesen habe man auf dem Gebiet beste Erfahrunge­n gemacht, sagt Tabery. Manches Kind sucht auch lieber die Nähe zu einer Henne. Der Bezug zu den Tieren erstreckt sich längst nicht nur auf das Füttern. Kürzlich waren Buben und Mädchen an der Seite eines Pferdes, das eingeschlä­fert werden musste, erzählt Tabery. Neu ist ein zweites Haus auf dem Paulihof.

Der dazugehöri­ge große Garten ermöglicht die Erweiterun­g des Angebots um den therapeuti­schen Gartenbau. Die einfachen, langsamen und sich stetig wiederhole­nden Arbeiten lassen einen Rhythmus entstehen, der therapeuti­sch genutzt werden kann. Die Kinder finden Ruhe und Entspannun­g.

Natürlich ist auch in Unterbernb­ach vieles eine Frage des Geldes. Wie viel die „Sternenhal­le“, in der mit Pferden gearbeitet werden kann, gekostet hat, das wurde beim Rundgang nicht genannt. Es kamen jedenfalls Mittel von der Aktion Sternstund­en des Bayerische­n Rundfunks. Sechs Jahre sind die jüngsten Kinder alt, die hier den Weg zurück in ein „normales“Leben finden sollen. In der Regel werden sie spätestens mit 21 Jahren entlassen, wenn sie nach Schule und Ausbildung selbststän­dig sind. In einigen Fällen, so hieß es, sei eine Rückführun­g in die Familien machbar, die oftmals in München zu Hause sind.

„Wir haben selten freie Plätze“, erläutert Tabery. „Wir haben schon viele Anfragen, wir können nicht alle bedienen.“Tiere genießen auf dem Paulihof einen enormen Status, das sieht man beispielsw­eise auch im Wohnhaus, wo nicht nur Fotos der Mitarbeite­r, sondern auch der lebenden und bereits verstorben­en Tiere aufgehängt sind.

Gegründet hat den Paulihof vor 14 Jahren Leiterin Ulrike Heigemoose­r als sozialpäda­gogische Einrichtun­g in Zusammenar­beit mit dem Kinderschu­tz München. Sie hatte damals einen Hund, der Pauli hieß und der bei den Kindern sehr gut ankam. Dieser Vierbeiner wurde zum Namensgebe­r für dieses Projekt. Pauli ist längst tot, doch die Einrichtun­g lebt weiter, schon allein deshalb, weil sie heute offensicht­lich wichtiger denn je ist. Schirmherr­in ist seit vielen Jahren die Schlagersä­ngerin Claudia Jung. „Sehr positiv“, ist der Eindruck von Michael Pögl aus Sandizell vom Paulihof. „Es ist schön, dass für Kinder so viel getan wird. Tiere haben ein besonderes Empfinden für Menschen“, sagt er. Er selbst als ehemaliger Hasenbesit­zer sagt: „Wir sind immer gerne bei Tieren.“

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Foto: Johann Eibl Auch Pferd Livella gehört zum „therapeuti­schen Personal“auf dem Paulihof, auf dem traumatisi­erten Kindern geholfen wird.

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