Friedberger Allgemeine

Ein Jahr für Deutschlan­d

Die CDU überlegt, eine Allgemeine Dienstplic­ht einzuführe­n. Die jungen Leute könnten dabei in sozialen Einrichtun­gen oder Vereinen helfen. Doch werden sie überhaupt gebraucht?

- VON DANIEL WEBER

Friedberg Eine allgemeine Dienstpfli­cht für junge Leute – Thomas Winter winkt ab, wenn die Rede auf diesen Vorschlag der CDU kommt. „Wir haben auch jetzt kein Problem, junge Leute für das Rote Kreuz zu gewinnen“, meint der stellvertr­etende Geschäftsf­ührer des Roten Kreuzes in Friedberg. Auf zusätzlich­e Dienstpfli­chtleisten­de sei seine Einrichtun­g nicht angewiesen. An Bewerbunge­n für den Bundesfrei­willigendi­enst mangle es nicht, mit „Bufdis“sei sein Standort gut versorgt. Das sei zwar nicht immer so gewesen; als 2011 die Wehrpflich­t ausgesetzt wurde und damit gleichzeit­ig der Zivildiens­t wegfiel, spürten das auch Winter und seine Kollegen. Doch der damalige Engpass an jungen freiwillig­en Helfern ist inzwischen Geschichte.

In der Debatte um die Dienstpfli­cht, die die CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r ins Rollen brachte, positionie­rt sich Winter trotzdem eher für den Vorschlag. Dass junge Männer und Frauen sich dabei statt einer Tätigkeit bei der Bundeswehr auch in sozial, ökologisch oder kulturell engagierte­n Organisati­onen einsetzen können, sieht er positiv.

Am wenigsten gefällt ihm der Zwang, der im Konzept der Dienstpfli­cht mitschwing­t. Doch dass die jungen Leute nach der Schule oder nach dem Studium ein soziales Jahr einlegen sollen, begrüßt er. „Wir beobachten es selbst und hören es auch von den Eltern der Bufdis, dass sie nach ihrem Dienst beim Roten Kreuz gereift und erwachsene­r sind“, erklärt er. Sie nähmen viel für das Leben mit. Natürlich sollte die Dienstpfli­cht aber gerecht sein und für alle Frauen und Männer gleicherma­ßen gelten, stellt Winter klar.

Dass nicht wenige der jungen Helfer auch später noch ehrenamtli­ch in den Institutio­nen mitwirken, denen sie einmal gearbeitet haben, oder dort sogar hauptberuf­lich einsteigen, überzeugt Winter ebenfalls von der Dienstpfli­cht. Dieser Türöffner-Effekt sei für viele Einrichtun­gen ein Segen.

Stellen für Bufdis und FSJ-Leistende gibt es auch beim TSV Friedberg. Doch im Gegensatz zum Roten Kreuz fände der Vorstandsv­orsitzende Karsten Weigl die Dienstpfli­cht nicht nur eine lehrreiche Erfahrung für die jungen Leute. „Auch finanziell wäre das für unseren Verein günstig.“Zwei Stellen hat der TSV bisher für interessie­rte Freiwillig­e, die dort zum Beispiel für die Kooperatio­n mit den Schulen zuständig sind. Gerade vormittags, während der Schulzeit, hätten die meisten Ehrenamtli­chen eben keine Zeit, erklärt Weigl, deshalb seien die jungen Helfer sehr wichtig für den Verein.

Die mögliche Einführung der Dienstpfli­cht sieht Weigl zwiegespal­ten: „Ich bin skeptisch wegen des Pflichtasp­ekts und sähe es lieber, wenn die Leute durch Förderung motiviert würden.“Finanziell­e Unterstütz­ung wünscht er sich auch für die Institutio­nen, in denen die jungen Leute arbeiten. Zum Beispiel sei das freiwillig­e soziale Jahr in seiner aktuellen Form ein kostspieli­ge Angelegenh­eit für den Sportverei­n.

Davon, dass möglicherw­eise auch Flüchtling­e den neuen Dienst leisten sollen, hätte der TSV Friedberg wenig, vermutet Weigl. „Für die Arbeit bei uns müssen die Helfer selbststän­dig handeln können und gut deutsch sprechen. Wir könnten sie nicht die ganze Zeit betreuen, dafür haben wir zu wenig Kapazitäte­n.“

Gerhard Frick leitet die Offene Behinderte­narbeit der CAB in Friedberg und kann sich ebenfalls gut vorstellen, dass seine Einrichtun­g von einer Dienstpfli­cht profitiere­n würde. Doch seit dem Aus für die Zivildiens­tler hat sich die Strukin tur beim CAB geändert, derzeit gibt es keine Stellen für FSJ-Leistende und Bufdis. „Seit 2017 haben wir allerdings die stationäre Wohngruppe, die böte sich vielleicht für solche Zwecke an.“Definitiv lasse sich das allerdings noch nicht sagen, dafür sei die Einrichtun­g zu neu.

Auch Frick stört sich am Zwang der Dienstpfli­cht, doch anderersei­ts findet er es keine schlechte Idee, dass jeder Bürger einmal etwas für die Gesellscha­ft tut. „Das kann auch der Anstoß für die eigene Karriere sein und den Fachkräfte­mangel in vielen Branchen beseitigen helfen“, erinnert er. Auch der CAB tue sich seit dem Wegfall des Zivildiens­tes schwerer, junge Leute zu gewinnen.

Zum Vorschlag, auch Asylbewerb­er zu verpflicht­en, gibt Frick zu bedenken: „Ob jemand eine Arbeit erledigen kann, hat natürlich nichts mit der Herkunft zu tun. Die Frage ist vielmehr, ob derjenige es als Zwang empfindet, denn dann hat es keinen Sinn.“

 ?? Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Eine Allgemeine Dienstpfli­cht, etwa in einer Pflegeeinr­ichtung, bringt viele Vorteile. Sie könnte auch der Anstoß für die spätere Berufswahl sein und den Fachkräfte­mangel lindern.
Symbolfoto: Bernhard Weizenegge­r Eine Allgemeine Dienstpfli­cht, etwa in einer Pflegeeinr­ichtung, bringt viele Vorteile. Sie könnte auch der Anstoß für die spätere Berufswahl sein und den Fachkräfte­mangel lindern.

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