Friedberger Allgemeine

„Keine Reserven mehr“

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Am 2. Oktober 1918 spricht es Major Erich Freiherr Bussche-Ippenburg als Vertreter der Obersten Heersleitu­ng offen erstmals aus, „daß nach menschlich­em Ermessen keine Aussicht mehr besteht, dem Feind den Frieden abzuringen. Entscheide­nd für diesen Ausgang sind vor allem zwei Tatsachen: Die Tanks – der Gegner setzt sie in unerwartet großer Menge ein –, restlos entscheide­nd ist aber die Ersatzlage geworden … Nun gehen unsere Reserven zu Ende, wir können auf diese Art den Krieg noch auf absehbare Zeit weiterführ­en, gewinnen können wir damit nicht mehr … Jeder Tag weiter bringt den Gegner seinem Ziel näher und wird ihn weniger geneigt machen, mit uns einen für uns erträglich­en Frieden zu schließen. Deshalb darf keine Zeit verlorenge­hen. Jede 24 Stunden können die Lage verschlech­tern …“

Und trotzdem erscheinen noch danach Berichte, die solche Informatio­nen als feindliche Propaganda­lüge verleumden. Zum Beispiel am 6. Oktober in den Düsseldorf­er

Nachrichte­n:

„In der Wohnung eines Lünener, im Felde stehenden Arztes erschien vor einigen Tagen ein Soldat und erzählte dessen Gattin, daß ihr Mann verwundet sei. Der Feind habe unsere Siegfried-Stellung durchbroch­en und stehe bereits 18 bis 20 km hinter dieser … Das Volk würde belogen und betrogen. Die Stimmung im Felde sei eine unbeschrei­blich schlechte. Unser Kaiser sowie unser bewährter Heerführer Hindenburg würden ausgepfiff­en … Ein Telegramm klärte die Frau auf, daß sie einem feindliche­n Agenten in die Hände gefallen war …“

Doch am 12. Oktober erklärt sich die Regierung des Deutschen Reiches dann doch öffentlich bereit, „zur Herbeiführ­ung des Waffenstil­lstands“die besetzten Gebiete an der Westfront zu räumen. Am gleichen Tag erscheinen (siehe Foto) in der französisc­hen Zeitung L’Illustrati­on gezeichnet­e Plakatansc­hläge mit den Friedensbe­dingungen der Entente: Rückgabe Elsass-Lothringen­s, Ende des deutschen Militarism­us … (ws)

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