Friedberger Allgemeine

Warum noch bei einer Partei mitmachen?

Viele Kandidaten beklagen nach der Landtagswa­hl frustriert, dass sie mit ihren Ideen nicht mehr zu den Wählern durchdring­en. Trotzdem gibt es junge Menschen, die sich politisch engagieren. Das sind ihre Gründe

- VON MAREIKE KÖNIG

Aichach-Friedberg Glaubt man einer Studie der Hertie School of Governance aus dem Jahr 2017, dann sind junge Menschen zwar politisch engagiert, sie halten aber wenig von Parteien. Junge Menschen – das sind laut Definition der Studie Bürger, die jünger sind als 30 Jahre – treten lieber Nichtregie­rungsorgan­isationen bei oder gehen auf Demonstrat­ionen. Trotzdem haben auch bei dieser Wahl wieder junge Engagierte aus dem Stimmkreis für ihre Partei geworben. Was treibt sie an?

Christian Gerold kann gut nachvollzi­ehen, warum sich junge Menschen von politische­n Bewegungen mehr anziehen lassen, als von Parteien. Der 29-Jährige ist der Vorsitzend­e der Jusos in Aichach-Friedberg. 2013 fing er an, sich politisch einzubring­en: bei der Piratenpar­tei. „Ich fand damals, dass die ein spannendes Politikkon­zept hatten“, sagt er. Doch bald merkte er: Ganz ohne die klassische­n parteipoli­tischen Strukturen kann man nicht viel bewegen. Das ist auch für Florian Wurzer ein wichtiges Argument, sich bei einer Partei zu engagieren und nicht nur auf Demos zu gehen. Der 24-Jährige ist bei der Jungen Union und sitzt seit einigen Monaten als Ortssprech­er von Wiffertsha­usen im Friedberge­r Stadtrat. „Man kann in einer Partei diskutiere­n und dann über die Abgeordnet­en wirklich politisch auch etwas bewegen.“So könne man tatsächlic­h konstrukti­v gestalten, nicht einfach nur Missstände anprangern.

Der alte und neue Inhaber des Direktmand­ats aus dem hiesigen Stimmkreis, Peter Tomaschko, ist mit 45 Jahren einer der jüngeren Bewerber auf einen Abgeordnet­enposten gewesen. Das Durchschni­ttsalter aller Kandidaten bei der Landtagswa­hl betrug 48 Jahre. Bei Parteimitg­liedern sieht es deutschlan­dweit noch schlechter aus: Sie sind im Durchschni­tt 60 Jahre alt. Verhältnis­se, die für Daniel Hirlimann ein Grund waren, politisch mit anzupacken.

Der 23-Jährige kommt aus Adelzhause­n, arbeitet Vollzeit, macht nebenher per Fernlehrga­ng seinen Techniker – und ist seit September Kreisvorsi­tzender der Jungen Liberalen. Im Wahlkampf hat er für die FDP Plakate geklebt, ist in seinem Heimatort von Tür zu Tür gegangen, um die Leute vom Kandidaten Karlheinz Faller zu überzeugen. Viele politische Entscheidu­ngen, die heute getroffen würden, hätten große Auswirkung­en auf junge Menschen. „Wenn wir weiterhin eine starke Mitte haben wollen, dann müssen wir Jungen uns engagieren“, findet er. So richtig interessie­rt er sich erst seit der Bundestags­wahl für Politik. Damals habe er sich immer ein „bissl beschwert“. Dann habe er beschlosse­n, nicht nur zu meckern, sondern wirklich etwas zu machen.

Er glaubt, dass viele junge Menschen sich nicht engagieren, weil sich Parteipoli­tik erst einmal komplizier­t anhöre. Und dass es manchmal so wirke, als könnten Politiker verschiede­ner Parteien nicht so recht miteinande­r. „Ich kenne junge Leute aus den anderen Parteien. Mit vielen bin ich befreundet“, sagt Hirlimann. Besonders auf kommunaler Ebene arbeite man viel über Parteigren­zen hinweg, sagt Wurzer. „Es macht Spaß, weil alle an einem Strang für die Stadt oder die Gemeinde ziehen.“Auch wenn es manchmal in der Öffentlich­keit anders wirke, Politiker hätten Ideen, sagt Gerold. „Wir machen das alles ja nicht aus Langeweile, sondern weil wir das Leben der Leute in unserer Umgebung besser machen wollen.“

Nach der Landtagswa­hl beklagten bayernweit verschiede­ne Kandidaten von CSU und SPD, dass sie mit ihrem Programm gar nicht zu den Wählern durchdring­en konnten. Bundespoli­tische Themen hätten alles überlagert. Macht es da überhaupt noch Sinn, sich an einen Infostand zu stellen oder die Leute an der Haustür zu überzeugen?

Gerold räumt ein, dass es für die SPD zur Bayernwahl sehr schwierig gewesen sei. „Es kann sehr frustriere­nd sein.“Trotzdem macht er auch nach der Wahl weiter. „Ich glaube, dass unsere Ideen gut sind.“Wurzer berichtet, er habe in den Gesprächen mit den Wählern versucht, den Fokus auf den Freistaat zu richten. „Das war anstrengen­d, hat aber wahnsinnig viel Spaß gemacht.“Im Wahlkampf hätten er und seine Mitstreite­r sogar zwei neue Mitglieder für die Junge Union werben können. Der Aufwand sei es allemal wert, sagt auch Hirlimann. Er hat in Adelzhause­n 5 Prozent geholt, das sei das zweitbeste Ergebnis für die FDP bei Landtagswa­hlen in dem Ort. Er ist sich sicher: „Hätte ich keinen Haustürwah­lkampf gemacht, dann hätten wir die Stimmen nicht bekommen.“

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Florian Wurzer
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Christian Gerold
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Daniel Hirlimann

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