Höhere Gewerbesteuer?
Die Grünen schlagen vor, die Wirtschaft stärker zur Kasse zu bitten. Das gefällt zwar dem Kämmerer, stößt im Stadtrat aber auch auf Widerspruch. Eine Entscheidung fällt erst bei den Haushaltsberatungen
Einen entsprechenden Antrag für Friedberg haben die Grünen jetzt gestellt. Denn wenige vergleichbare Kommunen haben einen so günstigen Hebesatz.
Friedberg 15 Millionen Euro auf der Bank und zugleich über eine Erhöhung der Gewerbesteuer nachdenken: Geht denn das? Eigentlich nicht, sagte eine Mehrheit des Friedberger Stadtrats zu diesem Vorstoß der Grünen. Doch so ganz vom Tisch wischen wollten sie den Vorschlag nicht, kommen doch immer weiter steigende Ausgaben auf die Stadt zu. Und so vertagten sie auf Antrag von Roland Fuchs (SPD) eine Entscheidung, bis demnächst die Zahlen für den neuen Haushalt vorliegen.
Bereits seit dem Jahr 2004 ist der Hebesatz für die Gewerbesteuer in Friedberg konstant bei 350 Punkten. Mit dieser Bemessungsgrundlage ist die Stadt im Vergleich mit anderen schwäbischen Kommunen eher im unteren Bereich angesiedelt. Spitzenreiter ist Augsburg mit 470 Punkten, gefolgt von Lindau, Kissing und Dasing mit 380 Punkten oder Donauwörth mit 370.
„Es geht einfach darum, für die nächsten Jahre eine solide Basis für Investitionen zu schaffen“, begründete Claudia Eser-Schuberth den Antrag der Grünen. Jetzt sei dafür die richtige Zeit, denn die Wirtschaft floriere. „Der Stadt tut es gut und den Betrieben nicht weh“, sagte sie über einen Hebesatz von 370 Punkten.
Der würde der Stadt innerhalb der nächsten vier Jahre ein Plus von 2,4 Millionen Euro in die Kassen spülen, rechnete Finanzreferent Wolfgang Schuß vor. Er ließ Sympathie für den Antrag der Grünen erkennen, zumal nach seinen Worten ein Großteil der Friedberger Unternehmen die Erhöhung gar nicht zu spüren bekäme. Bis zu einem Hebesatz von 380 Punkten können Personengesellschaften wie Gesellschaften bürgerlichen Rechts, Offene Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften – anders als GmbH oder Aktiengesellschaften – die Gewerbesteuer nämlich auf die Einkommensteuer anrechnen. Und bei 380 Punkten würden die Mehreinnahmen sogar bei 3,7 Millionen Euro liegen.
Tatsächlich gab es bei der Gewerbesteuer ein stetiges Auf und Ab (siehe Infokasten). Allein 2017 musste die Stadt einen Ausfall von Millionen Euro verkraften, weil ein Friedberger Unternehmen stark investiert hatte und seine Steuerlast entsprechend gesunken ist. Schuß verwies wie die Grünen auf die steigenden Ausgaben und fragte: „Wie stellt sich der Stadtrat die Finanzierung der kommenden Jahre vor?“
Eine klare Antwort erhielt er von den Stadträten nicht, wohl aber ein kategorisches Nein der CSU zu jeder Steuererhöhung. „Wir sehen das zum jetzigen Zeitpunkt als falsches Signal an“, sagte der Fraktionsvorsitzende Thomas Kleist. Der Stadtrat habe erst vor Kurzem darüber diskutiert, wie die Kommune ihr Geld anlegen könne. Zweiter Bürgermeister Richard Scharold (CSU) lehnte einen höheren Hebesatz ebenfalls ab, solange die Stadt 100 000 Euro für das zweitägige Südufer-Festival ausgebe. Lieber solle man den Haushalt durchforsten, forderte er. Keine Zustimmung gab es auch von der gemeinsamen Fraktion von Parteifreien Bürgern, FDP und ÖDP. „Wir müssen unser Augenmerk auf die andere Seite der Buchhaltung richten“, sagte Wolfgang Rockelmann.
Dass eine Steuererhöhung derzeit nicht vermittelbar sei, räumte Bürgermeister Roland Eichmann (SPD) ein. Dennoch seien zwölf bis 13 Millionen Euro Einnahmen aus der Gewerbesteuer für eine Stadt von der Größe Friedbergs zu wenig. Die Forderung nach Einsparungen kommentierte er mit dem Hinweis auf die Vielzahl von Stadtratsbeschlüssen, die zu mehr Personal und zu höheren Sachkosten geführt hätten. Auf die Dauer werde nichts an einer Erhöhung der Steuern vorbeiführen.
Bei den Befürwortern der Erhöhung reihte sich dagegen Peter Feile (SPD) ein. Die derzeitigen Rücklagen von 15 Millionen Euro haben nach seinen Worten nichts mit der hohen Finanzkraft der Stadt zu tun, sondern mit den nicht vollzogenen Investitionen. Er verwies auf Projekte wie den Bauhof mit mindestens 18 Millionen Euro, auf die Erweiterung der Grundschule Süd mit zehn Millionen und auf den Straßenfünf
unterhalt, für den jährlich 2,5 Millionen nötig wären. Auch die Aufwendungen für die Kinderbetreuung seien zwischen 2014 und 2018 von 3,6 auf 5,5 Millionen Euro gestiegen. „Der Stadtrat hätte allen Grund, über dieses Thema zu diskutieren“, so Feile.
Und auch Johannes Hatzold (Freie Wähler) zeigte sich offen.
„Wenn ich ein Ausgabenproblem habe, muss ich die Einnahmen mehren“, sagte er. Jetzt sei ein günstiger Zeitpunkt, weil man ein Stück weit von den nächsten Wahlen entfernt sei. Die Sorge vor einer zu großen Belastung der Wirtschaft versuchte Hatzold zu zerstreuen: „Ich habe eine GmbH in Augsburg und lebe auch noch.“