Alles nur ein großes Theater
Satire geht im Ausweichquartier in Königsbrunn über die Bühne – ein Stück für Kenner Friedberger Verhältnisse
Friedberg/Königsbrunn Kabarettisten und Satiriker haben es heutzutage nicht leicht, denn allzu schnell werden ihre humorvollen Beiträge für die Bühne von der Realität weit überholt. Beispiele dafür gibt es von der Bundespolitik in Berlin bis zur Kommunalpolitik in Friedberg, wo die junge Theatertruppe um Tobias Hilgers für ihren Dreiakter „Die Qual der Wahl“keinen Spielort fand. Wie berichtet, hatten Bürgermeister und Volkshochschule die Mensa nicht zur Verfügung gestellt, was ihnen den Vorwurf der Zensur einbrachte und ein Medienecho weit über den Landkreis hinaus fand.
So mussten die Friedberger am Wochenende über den Lech nach Königsbrunn fahren, um sich das Stück dort im Jugendzentrum anzuschauen. Hilgers hatte es nach den Querelen aktualisiert und die Suche nach einem Spielort zum Thema gemacht. Schauspieler, die in einem Schauspiel ein Schauspiel proben, das kennt man bereits von Shakespeares „Sommernachtstraum“; die verschiedenen Ebenen funktionierten auch in „Die Qual der Wahl“recht gut.
Sehr überzeugend wirkten der Regisseur in seiner Rolle als Stadtoberhaupt Robert Reichmann und Peter Hohner als Pressesprecher Eddie. Der smarte Bürgermeister ist zwar der beliebteste Junggeselle im Ort, hat mit Frauen aber nur Probleme. Die feministische Stadträtin Erika Eser-Huberth setzt ihm wegen seines Feng-Shui-Gutachtens fürs Schloss zu. Die vorlaute Vertreterin der Theatertruppe (Sabrina Schwarz) nervt ihn wegen eines Saals für ihre Satire über ihn. Und seine Sekretärin (Isabella Spengler), mit der er sich gern mal im Kopierraum vergnügt, gibt ihm den Laufpass.
Im Rathaus beziehungsweise auf der Bühne wurden für einen Lacher sämtliche Klischees bedient, nicht schlechter und nicht besser als in jedem Bauerntheater. So ist der Reporter der örtlichen Zeitung ein Dorfdepp, Reichmanns Hundesitter ist schwul und tänzelt in engen Goldglanzstrumpfhosen durch die Dekoration.
Nur schwer verständlich war die Aufführung für Zuschauer, die nicht mit Friedberger Verhältnissen vertraut sind. Echte Satire blitzte nur hin und wieder auf, wenn es politisch unkorrekt wurde und der Bürgermeister für ein Pressefoto „ein nettes Negerkind, möglichst etwas behindert, aber keinen Terroristen“suchte.
Ein netter Überraschungsgag: In einer Video-Zuspielung machte die echte Claudia Eser-Schuberth Wahlwerbung. Im Stück unterlag sie ihrem männlichen Mitbewerber, der die gewonnene Wahl im Kreis von Mitarbeitern und Bürgern mit Sekt feiert. Doch in Wahrheit ist der Sekt nur Apfelsaft, und Reichmann muss am Ende erkennen, dass er nur Teil eines Theaters ist, ein Mitspieler auf einer großen Bühne.
Dieser philosophische Schluss war einer der stärksten Momente des Abends, den man am besten mit Shakespeare beschreiben kann: viel Lärm um nichts. Denn nach den öffentlich geführten Auseinandersetzungen in Friedberg waren die Erwartungen des Publikums in eine Politsatire sehr hoch gesteckt. Dass der Bürgermeister aber gern Porsche fährt, seinen Hund liebt und um die Gunst der Wähler ringt, das hätte der echte Roland Eichmann gut aushalten und über sich selbst schmunzeln können. Denn derbleckt werden ist keine Schande, sondern wie auf dem Münchner Nockherberg eine der höchsten Ehren, die einem Politiker in Bayern zuteil werden kann.