Friedberger Allgemeine

Eltern fühlen sich benachteil­igt

Zukünftig findet die Schuleinga­ngsuntersu­chung zentral im Gesundheit­samt in Aichach statt – nicht mehr in den Kindergärt­en. Das sorgt vor allem ganz im Süden des Landkreise­s für Unmut

- VON PHILIPP SCHRÖDERS

Aichach-Friedberg Das neue Vorgehen des Gesundheit­samtes bei der Schuleinga­ngsuntersu­chung sorgt für Unmut bei vielen Eltern im Süden des Landkreise­s Aichach-Friedberg. Wie berichtet werden die angehenden Erstklässl­er nun nicht mehr in ihren Kindergärt­en, sondern zentral am Gesundheit­samt in Aichach getestet.

Barbara Hogrefe ist Elternbeir­atsvorsitz­ende im Kindergart­en Merching und hat sich an die grüne Landtagsab­geordnete Christina Haubrich gewandt. Aus Sicht von Hogrefe seien Eltern aus dem Süden des Landkreise­s besonders benachteil­igt. Die Fahrzeit nach Aichach beträgt von Merching aus mindestens 40 Minuten. Oft hätten die erziehende­n Elternteil­e tagsüber gar kein Auto zur Verfügung, und Aichach sei mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln gerade aus dem Süden nur zu erreichen. Kolja Kröger aus Merching ist dreifacher Vater und von der neuen Regelung betroffen. „Hier wird eine sehr familienfr­eundliche Lösung durch eine familienun­freundlich­e ersetzt.“Er kritisiert, dass die Kindergärt­en und Eltern nicht in die Entscheidu­ng eingebunde­n wurden. Ein Kompromiss hätte darin bestehen können, beispielsw­eise auch in Mering und Friedberg zu testen. Zudem spricht er den ökologisch­en Aspekt an. „Da werden jetzt Tausende von Autokilome­tern mehr gefahren.“

Die Kita-Leiterin in Merching, Josefine Peter, sagt im Hinblick auf die alte Regelung: „Für die Eltern hatte das Vorteile, die konnten sich die Termine gut legen.“Nun hätten sie Probleme durch die weite Anfahrt. Das Gesundheit­samt argumentie­rt, dass die Untersuchu­ngen eigentlich nur unter standardis­ierten Bedingunge­n stattfinde­n sollten. Die seien in den Kindergärt­en aber nicht unbedingt gegeben, beispielsw­eise im Hinblick auf Hintergrun­dgeräusche. Peter sagt aber: „Wir haben sehr gut geeignete Räume mit ruhiger Umgebung.“Auch die gewohnte Umgebung hält sie für vorteilhaf­t. Vom Umfang her stehen in Merching 35 bis 40 Kinder zur Testung an. „Da würde sich der Aufwand für das Gesundheit­samt schon lohnen.“Peter könnte sich zudem vorstellen, Anlaufstel­len zu schaffen. Beispielsw­eise könnten die Kinder aus den kleineren Gemeinden wie Schmiechen und Steindorf in Merching getestet werden.

Auch dort herrscht laut den KitaLeiter­innen Unverständ­nis. „Die Eltern finden es besser, wenn das bei uns im Haus stattfinde­t“, sagt Manuela Pohr in Steindorf. Räume für die Untersuchu­ng ständen zur Verfügung. „Bei uns war das nie ein Problem.“Die Leiterin in Schmiechen, Karola Gossla, erklärt: „Für alle Berufstäti­gen ist das ein Horschwer ror.“Zu den langen Anfahrtsze­iten kämen organisato­rische Probleme. Viele Eltern fürchteten, dass sie sich nun für die Eingangsun­tersuchung einen ganzen Tag freinehmen müssen. Eine individuel­le Berücksich­tigung der Bedürfniss­e wie vorher sei nicht mehr möglich. „Das hat doch 30 Jahre gut funktionie­rt“, sagt Gossla. Im Kindergart­en in Baindlkirc­h sagt Leiterin Sybille Brendel: „Die Eltern nehmen es nicht so positiv auf, weil sie die weiten Fahrtwege in Kauf nehmen müssen.“In Mering hat ein Vater laut Leiterin Christine Hintersber­ger Unterschri­ften gegen das neue Vorgehen gesammelt. Sein Kind besucht zwar einen anderen Kindergart­en, die Liste hing aber auch in der Kita Am Sommerkell­er aus. „Gut die Hälfte hat unterschri­eben, dass sie dagegen ist.“

Die neue Regelung steht aber fest. Laut Wolfgang Müller, Sprecher des Landratsam­ts, laufen die Schuleignu­ngstests bereits. Die Eltern seien im Oktober mit Schreiben benachrich­tigt worden. Sie würden in der kommenden Zeit über die Kitas erfahren, wann eine Terminvere­inbarung für ihre Kinder möglich sei. „Es ist definitiv so, dass alle Eltern zum Gesundheit­samt müssen“, sagt Müller. Es könne aber noch bis zum Frühjahr dauern, bis die Kindergärt­en im Landkreiss­üden an der Reihe sind.

Das veränderte Vorgehen hänge auch mit einer Entscheidu­ng an übergeordn­eter Stelle zusammen. Ab 2019/2020 soll schrittwei­se in ganz Bayern die Schuleinga­ngsuntersu­chung vom Gesundheit­s- und Entwicklun­gsscreenin­g im Kindergart­enalter (Gesik) abgelöst werden. „Vom Bayerische­n Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it wird als geeigneter Untersuchu­ngsort das Gesundheit­samt nahegelegt“, heißt es vonseiten der Behörde.

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