Friedberger Allgemeine

Ein Wahrzeiche­n feiert Jubiläum

Vor 50 Jahren wurde der Wasserturm von Haberskirc­h errichtet. Noch heute erfüllt das weithin sichtbare Bauwerk eine wichtige Rolle und hat sogar eine neue Aufgabe bekommen

- VON RUPERT PFAU

Haberskirc­h Um die Jahrhunder­twende hatte es in Haberskirc­h – neben ganz wenigen, rein privaten – nur zwei öffentlich­e Gemeindebr­unnen gegeben. Doch 60 Jahre später hatten alle damaligen Haushalte des 200 Einwohner zählenden Ortes fließendes Wasser, das bereits von der heutigen Trinkwasse­rgewinnung in Stätzling kam. Das alteingese­ssene Haberskirc­her Ehepaar Golling vermutet, dass es aus zwei leicht nachvollzi­ehbaren Gründen schließlic­h zum Bau des Wasserturm­s gekommen war: „Zum einen, weil die Anschlüsse immer mehr wurden, und zum anderen wegen des benötigten Druckes.“Der Bau des bereits mehrere Jahre vorher geplanten Wasserturm­s erfolgte jedenfalls 1968/69 noch unter dem damaligen Zweckverba­nd Stätzlinge­r Gruppe, welcher die Trinkwasse­rversorgun­g von Stätzling, Wulfertsha­usen, Haberskirc­h und Derching innehatte. Erst Jahre später wurden ja diese vier Stadtteile nach Friedberg eingemeind­et.

„Leider existiert inzwischen wahrschein­lich kein einziges Bild mehr vom Bau des Wasserturm­s, obwohl ich damals alles fotografis­ch dokumentie­rt habe“, bedauerte der in Haberskirc­h aufgewachs­ene In- genieur Franz Lindermayr (1930 bis 2013). Er, der sich später im benachbart­en Derching niederließ und dort ein Bauunterne­hmen gründete, war auch der Erbauer des ausgeklüge­lten runden Wasserturm­s, der seinerzeit mittels einer sogenannte­n Ziehschalu­ng immer weiter hochgezoge­n worden war.

Ganz allgemein gilt ja: Jeder Wasserturm besitzt einen Hochbehält­er zur Speicherun­g des Wassers. Mit diesem wird neben der Bereithalt­ung einer ausreichen­den Wassermeng­e auch für einen gleichmäßi­gen Druck im angeschlos­senen Wassernetz gesorgt. Für einen ausreichen­den Druck müssen alle Abnehmer tiefer als der Hochbehält­er liegen. Der südwestlic­h der Ortschaft gelegene Wasserturm hat ein Speichervo­lumen von 150 Kubikmeter, der sich im obersten Viertel mächtigen Bauwerks befindet, und ist als „Druckvorha­ltung“für die Hochzonen von Stätzling, Wulfertsha­usen, Haberskirc­h und Derching notwendig.

„Das Trinkwasse­r für diese Versorgung­szone wird aus dem Brunnen südlich der Sportanlag­e des FC Stätzling gewonnen“, berichtet Bernhard Mögele von den Friedberge­r Stadtwerke­n. Mittels einer Pumpe wird das Wasser aus einer Tiefe von 130 Metern gefördert und dann zum (etwas höher gelegenen) Wasserwerk Am Kirchenfel­d in Stätzling gepumpt. Das Tiefenwass­er muss dort mit Sauerstoff angereiche­rt und gefiltert werden. Nach dieser Aufbereitu­ng wird es aus dem Stätzlinge­r Wasserwerk in den 500 Kubikmeter fassenden Hochbehält­er neben dem Wasserturm in Haberskirc­h befördert. Von hier aus werden die Tiefzone – also die im Lechtal gelegenen Ortsbereic­he – versorgt und der Wasserturm Haberskirc­h befüllt. Insgesamt beträgt der Höhenunter­schied zwischen Ebene und Leite rund 40 Meter.

Neben seiner ureigenste­n Funktion, nämlich der Trinkwasse­rversorgun­g, spielt der Wasserturm mit einer Höhe von exakt 36,90 Metern auch für den Rundfunk, vor allem aber für die moderne private Kommunikat­ionstechni­k, eine immer wichtigere Rolle. Und dennoch schlug ein Bericht unserer Zeitung am 14. Juni 2014 zumindest bei einem Großteil der betroffene­n Anwohner ein wie eine Bombe. Schon die Bildunters­chrift lautete nämlich: „Dicht bestückt mit Mobilfunka­ntennen ist der Wasserturm bei Haberskirc­h. Jetzt will die Telekom gleich daneben einen fast doppelt so hohen Gittermast errichten lassen.“Geplant war dieser nur 65 Meter entfernt. Recht heftigen Protest gab es in der Folge nicht nur wegen der Landschaft­sverschand­elung, sondern insbesonde­re wegen der befürchtet­en Gesundheit­sgefährdun­g.

Doch es sollte zum Glück ganz anders kommen; denn zwei Jahre später war der Mobilfunkm­ast von heute auf morgen ganz plötzlich vom Tisch. Aber warum? Die Telekom verzichtet auf den Neubau eines eigenen Antennenma­sts und übernahm die mit der Fusion mit O2 nicht mehr benötigten Antennenpl­ätze von E-Plus auf dem Habersdes kircher Wasserturm. Aufatmen? Das Problem der umstritten­en Strahlenbe­lastung steht jedenfalls nach wie vor im Raum. Bernhard Mögele von den Stadtwerke­n nennt die Betreiber der Antennen, die sich aktuell auf dem Haberskirc­her Wasserturm befinden. Dies sind im Moment: Bayerische­r Rundfunk, Telefonica (O2), Telekom, Vodafone und Funkstelle für Katastroph­enschutz.

Dass auch schon einmal dreiste Diebe am beziehungs­weise neben dem Wasserturm zugange waren, erfuhren die Haberskirc­her Ende Juli 2017. Das 50 Quadratmet­er große Pultdach des Trinkwasse­rhochbehäl­ters direkt neben dem Turm war bis zu jenem Zeitpunkt mit Kupferbahn­en geschützt. Unbekannte demontiert­en schließlic­h das gesamte Metall. Das Diebesgut müsste mit einem größeren Fahrzeug abtranspor­tiert worden sein, so die Polizei. Die Stadtwerke Friedberg gaben den Diebstahls­chaden mit rund 6000 Euro an. Nicht einmal die in der Gegend häufig anzutreffe­nden „Gassigeher“hatten irgendetwa­s Auffällige­s bemerkt.

In etwa zwei, drei Jahren ist eine größere Außensanie­rung des Haberskirc­her Wasserturm­s geplant. Damit dürfte wohl das Bauwerk seine zentrale Aufgabe in den kommenden 50 Jahren weiterhin so zuverlässi­g wie bisher erfüllen. Vielleicht wäre dann aber auch an eine farbliche Verschöner­ung zu denken, um den weit sichtbaren Turm optisch etwas attraktive­r wirken zu lassen.

 ?? Foto: Rupert Pfau (3) ?? Der Wasserturm von Haberskirc­h ist das Wahrzeiche­n des Friedberge­r Nordens.
Foto: Rupert Pfau (3) Der Wasserturm von Haberskirc­h ist das Wahrzeiche­n des Friedberge­r Nordens.
 ??  ?? Wasserwart Franz Schmid ist im Steuerungs­bereich der Anlage an der Arbeit, der sich im Keller des Wasserturm­s von Haberskirc­h befindet.
Wasserwart Franz Schmid ist im Steuerungs­bereich der Anlage an der Arbeit, der sich im Keller des Wasserturm­s von Haberskirc­h befindet.
 ?? Foto: Album Lindermayr/Herz ?? Franz Lindermayr, ein junger einheimisc­her Ingenieur, baute den Turm für die Wasservers­orgung des heutigen Friedberge­r Nordens.
Foto: Album Lindermayr/Herz Franz Lindermayr, ein junger einheimisc­her Ingenieur, baute den Turm für die Wasservers­orgung des heutigen Friedberge­r Nordens.
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In dem umzäunten Bereich mit dem Wasserturm im Hintergrun­d befindet sich das Stätzlinge­r Wasserschu­tzgebiet.

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