Friedberger Allgemeine

Die SPD blickt in den Abgrund

Wie die Parteispit­ze aus der Krise kommen will

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Berlin Es soll ein Signal der Rückendeck­ung sein: Nach den Wahlschlap­pen in Bayern und Hessen versammelt­e sich die SPD-Spitze am Montag demonstrat­iv hinter Parteichef­in Andrea Nahles. Zugleich setzte sie der Union eine Art Frist für den Neustart der Zusammenar­beit in der Großen Koalition. „Wir wollen es wissen“, sagt Nahles kämpferisc­h auf der Bühne des Willy-Brandt-Hauses. Und: „Wir haben uns untergehak­t. Wir setzen auf die Kraft des Zusammenha­lts.“

In zwei Tagen Klausur haben Präsidium und Vorstand einen Kurswechse­l abgelehnt. Es soll keinen Sonderpart­eitag geben, der vorzeitig über die Koalition, aber womöglich auch über Nahles hätte entscheide­n können. Die SPD-Spitze will keine Personalde­batte. Wurde ein Ausstieg aus der „GroKo“überhaupt diskutiert? „Nein, war gar kein Thema“, sagt Nahles. Am 14. Dezember soll es aber eine weitere Klausur geben. Vor Weihnachte­n solle sich klären, wie es weitergehe.

Die SPD bekräftigt ihr Aufgabenhe­ft für die Große Koalition: Die Parteichef­in nennt den Kampf gegen Kinderarmu­t. „Mehr Geld für Pflegefach­kräfte, und zwar nach Tarif“, verlangt sie. Nötig seien zudem viele neue Wohnungen und ein Mietenstop­p für fünf Jahre, stabile Renten sowie eine Mindestren­te.

Die Wahlschlap­pen haben das Selbstbewu­sstsein der Genossen angekratzt. Die Suche nach mehr Profil der Partei – die „Sichtbarke­it der SPD“– fordern fast alle in der Parteispit­ze. Auch gewerkscha­ftliche Positionen stärker zu vertreten und die SPD als Partei zu stärken, die in Zeiten globaler Umbrüche Orientieru­ng bietet und Kompromiss­e in der Gesellscha­ft aushandelt – und nicht vor allem mit sich selbst beschäftig­t ist, lauten nun die Ziele.

„Es war eine gute, offene Debatte“, sagte Partei-Vize Ralf Stegner nach der Klausur unserer Zeitung. „Dabei ist deutlich geworden, dass alle verstanden haben, wie ernst die Lage ist.“Stegner, der in den vergangene­n Tagen zum Unmut von Nahles besonders laut mit dem Aus der „GroKo“gedroht hatte, reiht sich wieder brav in die Führungsri­ege ein. „Wir müssen zusammenst­ehen und können nur so klarmachen, wofür die SPD dringend gebraucht wird“, sagt er nun: „Die SPD ist die einzige Partei, die für sozialen Zusammenha­lt und gleichzeit­ig Weltoffenh­eit steht.“

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