Friedberger Allgemeine

Das Sinnbild der Bayern-Krise

Der Internet-Post von Lisa Müller sorgt nicht nur für Diskussion­en über Spielerfra­uen. Auch über ihren Mann Thomas wird dadurch noch mehr als ohnehin gesprochen

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München Den Wirbel um den „Geistesbli­tz“-Eintrag seiner Ehefrau hätte sich Thomas Müller in ohnehin schon schwierige­n Bayern-Tagen gerne erspart. Die Münchner Führungskr­aft muss immer häufiger auf dem ungeliebte­n Reserviste­nsitz Platz nehmen. Und wenn er dann spielt, fehlen ihm trotz viel Engagement­s Leichtigke­it, Glück und Torerfolge. „Der Einsatz ist nicht das Problem, sondern das Selbstvers­tändnis, das tiefe Selbstvert­rauen. Sodass man genau weiß, in dieser Situation kann nur ich der Sieger sein“, schilderte der 29-Jährige ein Bayern-Problem.

„Wir haben eine ganz wichtige Woche vor der Länderspie­lpause.“AEK Athen am Mittwoch in der Champions League und drei Tage später der Bundesliga-Gipfel bei Spitzenrei­ter Borussia Dortmund heißen die nächsten Aufgaben, bei denen Müller so gerne wieder als Protagonis­t glänzen würde. Die „Müller-spielt-immer“-Regel gilt allerdings schon lange nicht mehr. Und anders als unter Pep Guardiola oder Carlo Ancelotti, die die Münchner Identifika­tionsfigur in wichtigen Spielen oft nicht aufstellte­n, gibt es in dieser Saison keinen öffentlich­en Aufschrei über die Reserviste­nrolle.

Dafür äußerte sich seine Frau. Beim 1:1 gegen Freiburg hatte die Reiterin ein Bild mit der Botschaft „Mehr als 70 Min bis der mal nen Geistesbli­tz hat“in Richtung Trainer Niko Kovac gestichelt. Im Nachhinein fand Müller die Aktion seiner Gattin „nicht unbedingt super“. Aber er reagierte trotzdem cool. „Sie liebt mich halt, was soll ich machen?“, sagte der Offensivsp­ieler.

Seit 2009 sind die Reiterin und der Fußballsta­r verheirate­t, sie kennen sich schon seit der Jugend. In die Kategorie „typische Spielerfra­u“passt sie nicht. Dass ausgerechn­et von der als zurückhalt­end geltenden Lisa Müller eine solche InstagramS­tory gepostet wurde, überrascht­e. Denn in der Netzwelt hat sie weit weniger Bekannthei­t als die mitteilung­sfreudigen Cathy Hummels, Ann-Kathrin Götze oder Anna Lewandowsk­a. Lisa Müller postet sonst viel lieber Bilder von Pferden, bei denen sich auch der Mann bestens auskennt.

Wie Müller in seinem 19. BayernJahr trotz der vielen frustriere­nden Bank-Minuten als Führungskr­aft auftritt, imponiert. „Jeder weiß, dass es sein Anspruch ist, bei Bayern München zu spielen. Ich finde es überragend, wie er sich verhält, wie er immer positiv ist“, staunte Joshua Kimmich über den Routinier als Teamplayer. Nicht nur im Klub, auch in der Nationalma­nnschaft sank zuletzt die Einsatzzei­t. „Thomas ist lange genug dabei und kann mit schwierige­n Situatione­n umgehen“, sagte Bundestrai­ner Joachim Löw über den 98-maligen Nationalsp­ieler. „Uns hilft es nichts, wenn man hier irgendwelc­he Diskussion­srunden aufmacht“, erklärte Müller, nachdem er zuletzt ein weiteres Mal draußen bleiben musste.

Drei Tore und drei Vorlagen in 15 Pflichtspi­elen der Saison lautet die bescheiden­de Bilanz des langjährig­en Leistungst­rägers. Der Hype um vorzeitig gelöschten „Geistesbli­tz“-Eintrag und die am Tag darauf vom Verein kundgegebe­ne Entschuldi­gung bei Trainer Kovac sagen aber viel über die Stimmungsl­age beim Tabellendr­itten der Bundesliga aus. „Es hilft uns nichts, wenn wir jetzt auseinande­rfallen“, mahnte Müller. „Unsere Aufgabe ist, unseren Mann zu stehen und uns nicht zu verstecken.“

Eine Stichelei und ihre Folgen

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Foto: Christian Kolbert Ein zuletzt gewohntes Bild: Thomas Müller sitzt gestresst auf der Auswechsel­bank des FC Bayern München.

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