Als Vegetarierin ins Paradies für Fleischesser
Drei Monate verbrachte K!ar.Texterin Elena Sedlmayr im Sommer in Argentinien. Warum auch in dem südamerikanischen Land immer mehr Menschen darauf verzichten, Tiere zu verzehren
Friedberg/Córdoba Rund 70 Kilogramm Fleisch verzehrt der Argentinier im Durchschnitt. Warum also als Vegetariern dort hingehen? Diese Frage wurde mir ziemlich oft gestellt, wenn ich anderen von meinen Auslandsplänen nach dem Abitur erzählt habe. Und doch entschied ich mich aus ganz bestimmten Gründen für dieses Land: Durch einen Schüleraustausch nach Barcelona und dem daraus resultierenden langjährigen Kontakt mit meiner Austauschpartnerin kannte ich Spanien bereits. Und es zog mich in die Ferne nach Südamerika.
Die ersten Male musste ich darüber grinsen, wenn ich im Restaurant nach einer vegetarischen Option fragte und Hühnchenfleisch oder ein Schinken-Käse-Sandwich angeboten bekam. In meiner Gastfamilie sorgte meine vegetarische Ernährung jedoch für keine Probleme. Mein Gastvater kreierte immer leckere Speisen mit verschiedenem Gemüse. Die Menschen reagierten mit vollstem Verständnis auf meine Zusatzwünsche, wobei ich mich auch mit Beilagen zufrieden gab: Beim Asado, einer typisch argentinischen Grillfeier, gab es für mich zum Beispiel Salat und Brot.
Ich war allerdings ziemlich überrascht, als ich von vielen Argenti- niern erfuhr, dass sie selbst auch immer mehr zu vegetarischer Ernährung tendieren. Oder zumindest immer wieder einmal einige Zeit vegetarisch leben wollen. Denn sie sind der Überzeugung, dass der übermäßige Fleischkonsum ein Ende finden muss und wollen ihren Teil dazu beitragen.
Ich kam im Juli in Córdoba, der zweitgrößten argentinischen Stadt nach Buenos Aires, an. Sie liegt im Norden von Argentinien im Landesinnern. Während zu Hause in Friedberg-Haberskirch der Jahr- für warme Temperaturen sorgte, waren die ersten Wochen in Córdoba ziemlich kalt. Dafür aber auch sehr ereignisreich und bewegend für mich: Ich arbeitete in einem Kindergarten im Armenviertel der Stadt. Als ich die Situation der Kinder sah, wurde mir bewusst, in welch privilegierter Umgebung ich aufwachsen durfte und für wie selbstverständlich ich dies empfinde. Nach Ende der zweiwöchigen argentinischen Winterferien trat ich zusätzlich eine Stelle als Englischlehrerin an einer Schule an. Dort unterrichtete ich von 15 bis 21 Uhr Kinder im Alter von sechs bis 18 Jahren. Ich studiere im ersten Semester Gymnasiallehramt für die Fächer Deutsch und Geografie. Bei meinem Dienst an der argentinischen Schule wurde mir klar, dass ich mich definitiv für das richtige Studienfach und den passenden Beruf entschieden habe. Einmal pro Woche trafen sich alle Volontäre und verbrachten den Abend gemeinsam bei Aktivitäten, zum Beispiel bei einem Empanada-Kochkurs. So entstand ein Gemeinhundertsommer schaftsgefühl, und wir hatten die Möglichkeit, uns über die verschiedenen Projekte auszutauschen. Doch nicht nur an solchen Abenden hatte ich Kontakt zu anderen Freiwilligen: An den Wochenenden machten wir Tagesausflüge oder Kurztrips rund um Córdoba oder in den Norden Argentiniens.
Die drei Monate, die ich im Ausland verbrachte, haben meine Persönlichkeit stark geprägt, und ich bin dankbar darüber, durch meine Gastfamilie eine komplett andere Kultur kennengelernt zu haben. Nicht nur die unglaublich offenherzige Mentalität der Argentinier, sondern auch die beeindruckende Landschaft überzeugten mich sehr. Selten unternahm ich so viele Wanderungen wie durch die argentinische Pampa. Entsprechend schwer fiel mir der Abschied von meinen Freunden, der Gastfamilie und den Kindern an der Schule. Doch es wird kein Abschied für immer sein: Ich werde sicher in das Land zurückkehren, in dem, so sagte mal jemand zu mir „Vegetarier nur zum Essen da sind“.
OSelbst ins Ausland Elena hat für ihre Reise die Organisation Projects Abroad gewählt. Eine Übersicht über verschiedene Anbieter gibt es unter www.freiwilligenarbeit.de oder www.wegweiser-freiwilligenarbeit.com.