Ein teurer Fehler?
Die AfD hat eine offenbar illegale Großspende aus der Schweiz angenommen und erst viel später zurückgezahlt. Im Mittelpunkt der Affäre steht Fraktionschefin Alice Weidel
Berlin Die Affäre wirft einen dunklen Schatten auf die AfD – und wieder ist der Kreisverband Bodensee involviert. Mehr als 130000 Euro sind nachweislich von einem Schweizer Pharmakonzern zwischen Juli und September 2017 an den Kreisverband der AfD überwiesen worden – Betreff: „Wahlkampfspende Alice Weidel“. Die Spenden wurden jeweils in Tranchen von etwa 9000 Franken überwiesen. Dabei sind Spenden aus dem NichtEU-Ausland über 1000 Euro in Deutschland verboten. Aufgedeckt hatte die Spendenaffäre eine Investigativgruppe von NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung. Die AfDCo-Fraktionsvorsitzende Weidel gestand bereits ein, dass sie von den Spenden gewusst habe.
„Bei dem Konto, auf dem die Spende einging, handelt es sich um das ordentliche Konto des Kreisverbandes des Bodenseekreises“, teilte ihr Sprecher Daniel Tapp auf Anfrage dieser Redaktion schriftlich mit, betonte jedoch: „Die Spende ist nicht an Frau Weidel gegangen.“
Nach dem Erhalt der Spende habe die Kreisschatzmeisterin Brigitte Hinger mit dem Schatzmeister der Landespartei, Frank Kral, Kontakt aufgenommen. Hinger wollte demnach von Kral Anweisungen, wie mit der Spende zu verfahren sei. Dieser habe die Spende als „unproblematisch“eingeschätzt. Als später doch Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Spende aufgekommen seien, habe Weidel dem Kreisverband empfohlen, die Spende zurück zu überweisen, „was schließlich auch geschah“. Die Rückzahlung erfolgte aber offenbar erst im April 2018. Das beweisen Kontoauszüge, die der Rechercheverbund einsehen konnte. Darauf ist auch der Spender genannt: Die Firma PWS Pharmawholesale International AG mit Sitz in Zürich. Das Unternehmen vertreibt pharmazeutische, diätetische und kosmetische Produkte. Weidel, die mit ihrer Familie auch einen Wohnsitz in der Schweiz hat, sagt, sie kenne den Spender nicht. Nun muss die Bundestagsverwaltung entscheiden, ob es sich um eine illegale Spende handelt.
Landesvorsitzender Ralf Özkara versprach: „Wir werden gemeinsam mit dem Bundesvorstand den Fall aufklären.“Gegenüber dem Rechercheverbund hatte er klare Konsequenzen gefordert: „Verantwortung für diese Großspende tragen alle, die davon wussten, dass so eine Spende eingegangen ist.“Sollte Weidel Kenntnis davon gehabt haben, trage sie die „Hauptverantwortung“. Sollte sich die Spende als illegal herausstellen, erwarte er deshalb auch, dass Weidel „von allen Ämtern und Mandaten zurücktritt“.
Die Aufklärung des Falls und die dadurch nötige Zusammenarbeit zwischen Özkara und Weidel dürfte sich aber als schwierig gestalten: Beide verbindet eine gespannte Beziehung. Der heutige Landesvorsitzende schnappte in der Stichwahl im März 2017 Weidel den Posten vor der Nase weg. Damals hatte die Unternehmensberaterin noch kein Bundestagsmandat, das sie im September über die Landesliste gewann. Dabei war Özkara bis 2017 selbst eher ein Unbekannter in den Reihen der AfD: Der frühere Büroleiter von Jörg Meuthen gewann die Wahl nur knapp vor Weidel. Zuvor hatte er Weidel vorgehalten, sie könne als künftige Bundestagsabgeordnete nicht gleichzeitig die Aufgaben eines Vorstands erfüllen. Die heute 39-Jährige konterte damals mit Petry und Meuthen: Die inzwischen aus der AfD ausgetretene Petry war früher Bundessprecherin und als sächsische Fraktionsvorsitzende zugleich Vorstand des Sächsischen Landesverbands. Meuthen war bis November 2017 Fraktionsvorsitzender im Landtag und ist nach wie vor Bundessprecher. Inzwischen rückte Meuthen für Beatrix von Storch ins Europäische Parlament nach. Der heute 57-Jährige hatte sich gemeinsam mit dem Bundesvorsitzenden Alexander Gauland gegen den Ausschluss von Björn Höcke, dem Fraktionsvorsitzenden im Thüringer Landtag, nach dessen umstrittenen Äußerungen über das Holocaust-Mahnmal in Berlin ausgesprochen – Weidel war dafür.