CSU-Basis froh über Seehofer-Rückzug
Den Wechsel an der Spitze der Partei befürworten viele Funktionäre im Wittelsbacher Land. Kritisch sehen sie den Bundesinnenminister vor allem aus einem Grund
Aichach-Friedberg Rumort hat es schon lange in der CSU. Nach den großen Verlusten bei der Landtagswahl war Parteivorsitzender Horst Seehofer stark angezählt. Nun ist es so weit: Seehofer gibt das Amt des Parteivorsitzenden ab. Was am Sonntag schon bekannt geworden war (wir berichteten), bestätigte der CSU-Politiker am Montag offiziell. Auch im Wittelsbacher Land sind viele der Ansicht: Seehofer hat sich an der Parteispitze überlebt.
Die stellvertretende Kreis-Vorsitzende Sissi Veit-Wiedemann findet: „Es wäre besser gewesen, wenn er’s früher gemacht hätte.“Besser für Seehofer und für die Partei. Die Pöttmeserin kreidet Seehofer unter anderem das „Hin und Her“mit Kanzlerin Merkel und sein Verhalten im Fall Maaßen an. Persönlich tut es der stellvertretenden Bürgermeisterin leid um Seehofer, wie sie betont. Innenminister könne er ruhig bleiben. Für die Partei setzt die CSU-Ortsvorsitzende allerdings auf einen Wechsel.
Ihr Favorit ist
Markus Söder. Parteivorsitz und
Amt des Ministerpräsidenten gehörten in eine Hand.
Das sieht auch der CSU-Landtagsabgeordnete
Peter Tomaschko so. Auf diese Weise erhalte die Partei mehr Schlagkraft. „Ich begrüße die Entscheidung, den Parteivorsitz weiterzugeben“, sagt er. Der Merchinger verweist auf Seehofers Erfolge, zumal in dessen Zeit als Ministerpräsident. In Bezug auf das Amt des Bundesinnenministers, das Seehofer behalten will, sagt er jedoch: „Die Bürger würden sich einen kompletten Neuanfang wünschen.“Immerhin werde Seehofer nächstes Jahr 70. Mit Blick auf den zurückliegenden Wahlkampf resümiert er: „Die ständigen Streitereien in Berlin waren den Bürgern nicht mehr vermittelbar.“Seehofer trage daran nicht die Alleinschuld.
Seehofer-Fans gibt es an der Basis noch immer. Das weiß Patrick Stief vom Landtagswahlkampf. Da sagten viele, Seehofer habe in der Sache recht, nur seine Wortwahl sei überzogen, erinnert sich der CSUVorsitzende von Griesbeckerzell (Aichach). Manche seien gleichwohl auch von ihm genervt gewesen. Stief hält Seehofers Schritt nun „für richtig und konsequent“. Als Innenminister in Berlin habe er unglückliche Entscheidungen getroffen – die Attacken auf die Kanzlerin etwa oder sein Verhalten im Fall Maaßen. Nach außen sei so der Eindruck erweckt worden, „als würden sie in der GroKo nur streiten“.
Der Kreisvorsitzende der Jungen Union (JU) Alexander Bayr aus Tattenhausen (Dasing), kreidet Seehofer an, dass er nicht besonders kompromissbereit gewesen sei und nachtragend. Deshalb hätte er aus seiner Sicht früher auf den Parteivorsitz verzichten können. Dass er’s nun tut, findet Bayr „schon gut“.
Ähnlich hört sich die Kritik von Manfred Losinger, Vorsitzender des CSU-Stadtverbands Friedberg, an. Seehofer habe inhaltlich häufig richtig gelegen, doch seine Kommunikation sei oft „mehr als unglücklich“gelaufen. Als Beispiel nennt Losinger die Aussagen über die 69 abgeschobenen Asylbewerber zum 69. Geburtstag. Er sieht mit dem Sonderparteitag Anfang kommenden Jahres die Chance auf einen Neuanfang für die Christsozialen: „Wie ich Seehofer kenne, ist er sich seiner Verantwortung bewusst. Aber das ist ja keine EinMann-Show, die ganze Parteispitze wird sich neu aufstellen.“Und die Partei müsse Themen wie Rente, Dieselskandal oder Umweltschutz den Bürgern wieder transparenter vermitteln. Schließlich stehe sie mit Kommunal- und Europawahl vor einigen Herausforderungen.
Deshalb sollen aus Sicht Bayrs nun die Jungen ran. Söder als Nachfolger sei die realistischste Variante. Manfred Weber, der für höhere Weihen auf europäischer Ebene vorgesehen ist, fände er aber sehr reizvoll. Stief, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Eichstätter Landtagsabgeordneten Tanja SchorerDremel, sieht „sehr viel gutes Personal“für einen Neubeginn der CSU.
Bei all dem betont nicht nur Stief: Insgesamt habe sich Seehofer große Verdienste um die CSU und um Bayern erworben.