Friedberger Allgemeine

So gehen Schulen im Ausland mit modernen Medien um

In China lernen schon die ganz Kleinen Programmie­ren, in der Türkei dagegen teilen sich 80 Schüler einen Computer

- VON SARAH RITSCHEL

Augsburg Der Geist ist willig, aber das WLAN ist schwach: So hat PisaBildun­gskoordina­tor Andreas Schleicher diese Woche den Stand der Digitalisi­erung an deutschen Schulen zusammenge­fasst. Tatsächlic­h hinkt Deutschlan­d internatio­nal hinterher, wenn auch Bayern ein bisschen weniger, wie der aktuelle Bildungsmo­nitor 2018 im Auftrag der unternehme­rnahen Initiative Neue Soziale Marktwirts­chaft (INSM) ergab.

Demnach bietet der Freistaat zusammen mit Hessen und RheinlandP­falz seinen Schülern und Lehrern eine „überwiegen­d gute“IT-Ausstattun­g. Insgesamt werden in der Bundesrepu­blik aber deutlich weniger Computer und Tablets in der Schule genutzt als im EU-Vergleich.

Wie sieht es hingegen in anderen Ländern aus?

● Der baltische Staat mit seinen gerade einmal 1,3 Millionen Einwohnern gilt als das Land, in dem sich die Schule der Zukunft manifestie­rt. Alle Schulen haben staatlich garantiert­es Internet, gedruckte Bücher sollen die Schüler ab 2020 nicht mehr herumschle­ppen, Prüfungsau­fgaben rufen sie über ihr Smartphone ab. Videos und interaktiv­e Grafiken gehören zum Unterricht, wie – ja, auch das gibt es noch – Stift und Heft. Das Prinzip der estnischen Schulpolit­ik: Nicht alles digitalisi­eren, aber Schülern zeigen, wie sie Technik für sich nutzen können. Beim Datenschut­z sind die Esten in ihrer durchdigit­alisierten Gesellscha­ft allerdings deutlich entspannte­r als die Deutschen.

● Internatio­nal ist das Land Erdogans weit rückständi­g. Dem Bildungsmo­nitor zufolge teilen sich dort im Schnitt 80 Schüler einen Computer. Bei den sogenannte­n computer- und informatio­nsbezogene­n Kompetenze­n sind türkische Schüler am schlechtes­ten.

● China In dem Land mit mehr als 100 Millionen Schülern boomen Privatkurs­e für Vorschulki­nder, in denen sie ans Programmie­ren herangefüh­rt werden. Außerdem soll die Technik Lehrern lästige Korrektura­ufgaben abnehmen. Dieses Jahr wurde bekannt, dass ein Teil der Schulen künstliche Intelligen­zen testet, die Aufsätze in Fremdsprac­hen korrigiere­n.

● Anschaulic­hkeit mit vielen Praxis-Einheiten nah an der Lebenswelt der Kinder – das ist das oberste Gebot des Lehrplans in dem Stadtstaat, der in der Pisa-Studie regelmäßig an der Spitze steht. Das reiche Singapur, bekannt für seinen oft ungesund hohen Leistungsd­ruck, installier­t Computerbi­ldschirme an allen Plätzen der Klassenzim­mer. Selbst Blogs und Facebook dürfen die Schüler als Quellen nutzen. Aufgabe des Lehrers ist es, die Schüler im Informatio­nsdschunge­l anzuleiten und zu diskutiere­n, wo sie verlässlic­hes Wissen erlangen und wo nicht. Ho Pang, Direktorin des Kultusmini­steriums, sagte einmal dem „Die Kinder kommen technisch aus einer völlig anderen Welt als wir. Wenn wir Lehrer uns mit dieser Welt unserer Kinder nicht vertraut machen, werden wir sie verlieren.“

Deutschlan­dfunk:

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Foto: Photoshot, dpa Früh übt sich: Grundschul­kinder in China am Tablet.

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