Friedberger Allgemeine

Ein leerer Kreißsaal sorgt für Wut

Das Aus für die Geburtshil­festation am nagelneuen Aichacher Krankenhau­s weckt Emotionen – und Kampfgeist

- VON GERLINDE DREXLER UND CHRISTIAN LICHTENSTE­RN

Aichach „Und ich hab so gehofft, dass ich es noch schaffe, bevor sie zu machen“, dieser enttäuscht­e Kommentar auf unserer Facebook-Seite bringt eigentlich alles auf den Punkt: Die Schließung der Geburtssta­tion am Aichacher Krankenhau­s ruft Frust und Verärgerun­g hervor. Aber auch Kampfgeist: Nicht nur Landrat und Bürgermeis­ter wollen das Aus nicht einfach hinnehmen. Es gibt schon erste Initiative­n.

Gerüchte über eine bevorstehe­nde Schließung geisterten schon länger in und um Aichach. Es hatte sich unter den Schwangere­n rumgesproc­hen, dass Beleghebam­men ans Aufhören denken. Kathrin Birndorfer, Initiatori­n des Aichacher Stillcafés, entschied sich zum Beispiel deshalb dazu, ihr drittes Kind zu Hause zu entbinden.

Irgendwann sei es so weit, dass Frauen ihre Kinder nur noch alleine zur Welt bringen, weite Wege auf sich nehmen müssen oder nur noch Geburten per Kaiserschn­itt durchgefüh­rt werden, fürchtet „Andrea Hammer“in ihrem Facebook-Beitrag. „Daniela Stegmann“schreibt: „Unfassbar. Hätte gehofft, dass ich in Aichach entbinden kann.“Auch Männer berührt das Thema, wie folgender Eintrag von „Maximilian Randelshof­er“zeigt: „Das ist eigentlich ein Skandal. Seit Jahren ist das Problem mit den hohen Versicheru­ngsprämien bekannt. Die Bundes- und Landespoli­tik hat das Problem bewusst ignoriert. Zu spüren bekommen es die Hebammen, die ihren Job sicher gerne machen und die Bürger vor Ort. Ein neu eröffnetes Krankenhau­s und es gibt keine Geburtenst­ation. Es ist einfach himmelschr­eiend.“

Frustriert ist der Pöttmeser Bürgermeis­ter Franz Schindele. Schwangere aus seiner Gemeinde könnten nun weder in Schrobenha­usen noch in Aichach entbinden. Sie müssen für die Geburt bis nach Neuburg oder Augsburg ins Krankenhau­s fahren. Auf Politiker auf Landes- und Bundeseben­e ist Bürgermeis­ter Schindele gerade nicht besonders gut zu sprechen. „Wenn das Krankenhau­s eingeweiht wird, dann ist alles da, was Rang und Namen hat. Wenn es Probleme gibt, dann sind sie nicht da.“Dabei bräuchten gerade jetzt Landrat Klaus Metzger und Aichachs Bürgermeis­ter Klaus Habermann deren Unterstütz­ung. Dass die beiden sich für den Erhalt der Geburtenst­ation einsetzen, stellt Kreisrat Schindler nicht in Frage: „Die versuchen alles, davon bin ich überzeugt.“Was ihn ärgert ist, dass Politiker im Wahlkampf von gleichen Bedingunge­n für Stadt und Land sprechen. „Und wenn es um Strukturen für den ländlichen Raum geht, dann ist man allein gelassen.“Nachdem vor rund zwei Jahren die Geburtssta­tion in Schrobenha­usen schloss, fällt jetzt auch Aichach weg. „Der Pöttmeser Raum wird abgehängt“, ärgert sich Schindele. Und das gerade in einem Bereich, der weh tue: „Für Familien ist das ein Rückschrit­t.“Der Beruf der Hebamme müsse wieder attraktiv gemacht werden, fordert der Bürgermeis­ter. Um für die Situation am Aichacher Krankenhau­s eine Lösung zu finden, plädiert er dafür, dass sich alle an einen Tisch setzen.

Das sieht auch Kristina KolbDjoka so. Die Aichacher Stadträtin und Vorsitzend­e der Arbeitsgem­einschaft Sozialdemo­kratischer Frauen (ASF) machte zusammen mit Landtagsab­geordneter Simone Strohmayr auf Infoverans­taltungen auf die sich verschärfe­nde Situation an den Geburtskli­niken im Kreis aufmerksam. Bei Gesprächen mit schwangere­n Frauen hörte sie immer wieder, dass denen „Angst und bange ist, weil sie nicht wissen, wo sie entbinden können“.

Die Aichacher müssten zusammenst­ehen und ein klares Zeichen setzen, schreibt Wolfgang Holzhauser. Er setzt auf Vernetzung und hat unter „Aichach braucht die Geburtshil­fe“eine eigenständ­ige Facebook-Gruppe ins Leben gerufen.

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Foto: Christoph Lotter Ein Blick in die nagelneue Geburtenst­ation in Aichach: Alles bereit – nur die Hebammen fehlen.

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