Kaum noch Grippeimpfstoff zu haben
Viele Menschen im Landkreis Aichach-Friedberg wollen sich gegen Influenza impfen lassen. Doch in Arztpraxen und Apotheken ist der Impfstoff schon nicht mehr verfügbar
Aichach-Friedberg Wer noch eine Grippeimpfung will, muss schnell sein. Denn der Impfstoff ist in Arztpraxen und Apotheken im Wittelsbacher Land – wie auch in anderen Regionen Bayerns – knapp. Über die Ursachen sind sich Hausärzte und Apotheker einig: Einerseits wird der Impfstoff nur von wenigen Herstellern hergestellt. Das führe zum Engpass. Andererseits habe die Werbung für die Impfung dazu beigetragen, dass sich viele Patienten impfen lassen wollen. Hinzu komme, dass seit diesem Jahr die gesetzlichen Krankenkassen den Vierfachimpfstoff bezahlen.
Sophia Bayer ist im Ärztehaus Aichach für die Bestellung des Grippeimpfstoffs verantwortlich. Sie sagt: „Es sieht sehr eng aus. Wir haben die letzten fünf Impfstoffe bei den Apotheken bestellt. Danach haben wir nichts mehr.“Insgesamt hatte die Praxis drei Bestellungen angefordert: Die erste im September, die zweite Anfang Oktober und die dritte im November. Bei der letzten Bestellung wurde der Vorrat beim Hersteller schon knapp. Bayer macht auch Medienberichte verant- wortlich. Die hätten zur Folge, dass sich Patienten vermehrt impfen lassen wollen. Bayer betont: „Wir reservieren den Impfstoff nicht. Derjenige, der zuerst kommt, erhält die Impfung.“Aber auch die Kostenübernahme der Vierfachimpfung habe dazu geführt, dass die Anfragen im Vergleich zum Vorjahr mehr wurden. Der Wirkstoff schützt gegen mehr Virentypen und ist daher gefragter bei den Patienten. Die Kalkulation bei der Bestellung erfolgt aber anhand der Zahlen vom Vorjahr. „Wir fragen unsere Patienten im Vorfeld, ob Interesse an einer Impfung besteht.“Daraufhin wird der Grippeschutz bestellt. Allerdings kalkuliere sie knapp, sagt Bayer, da der übrig gebliebene Impfstoff weggeworfen werden muss.
In der Friedberger Rosenapotheke gibt es schon keinen Impfstoff mehr. Die Apothekerin Melissa Galayi muss ihre Kunden vertrösten. Sie erklärt: „Wir haben insgesamt 450 Impfdosen bestellt und an Arztpraxen weitergegeben.“
Für manche Menschen, etwa ältere Leute oder Kinder, kann eine Grippeimpfung besonders wichtig sein. Kinderarzt Raphael Sturm in Affing muss daher mit Impfanfragen anders umgehen als Hausärzte. Er sagt: „Wir haben noch zwei bis drei Dosen übrig, die wir extra einbehalten haben.“Sturm muss seine Patienten priorisieren, da Kinder bis neun Jahre zwei Mal geimpft werden müssen. Aus diesem Grund kalkuliert er bereits im Herbst, wie viele Eltern für ihre Kinder eine Impfung wünschen. Insgesamt hat Sturm aber wenig Impfungen durchgeführt, wie er sagt: „Rund 50 Kinder haben wir geimpft.“
Viele Eltern legen den Fokus auf die Grundimmunisierung, die von der Ständigen Impfkommission empfohlen wird. Darunter fallen unter anderem Tetanus, Windpocken, Diphtherie und Masern. Der Kinderarzt wünscht sich allerdings, die Grippeimpfung für Kinder in die Impfempfehlung aufzunehmen. Sturm: „Kinder können als Überträger der Influenzaviren gefährlich für andere Menschen werden.“
Georg Fläxl, Inhaber der Wittelsbacher Apotheke in Aichach, meint dazu: „An die Arztpraxen können wir schon nicht mehr liefern.“Wer zuerst kommt, erhalte den Impfstoff, der nur noch mit Rezept herausgegeben werde. Fläxl kritisiert die Krankenkassen, die mit dem „Kosten-Dumping“den Engpass mitverursacht hätten. „Ich kann aber auch die Aussage der Gesundheitsministerin Melanie Huml nicht nachvollziehen, dass es genügend Impfstoff geben soll“, fügt der Apotheker hinzu. Huml hatte in einer Pressemitteilung dazu aufgerufen, die Grippeerkrankung nicht zu unterschätzen. Um die Notwendigkeit zu unterstreichen, impfte die approbierte Ärztin Ende November Ministerpräsident Markus Söder kurzerhand selbst.
Die Auswirkungen dieses Aufrufs merken auch die Mitarbeiter in der Bärenapotheke in Aichach. Hier ist der Impfstoff seit der letzten Bestellung Mitte November aus, wie eine Apothekerin auf Nachfrage bestätigt: „Wir können niemanden mehr versorgen.“Patienten hätten den Impfstoff schon vor Wochen bestellen müssen, um Ende November noch welchen zu erhalten. Der Hersteller könne inzwischen nicht mehr liefern. Die Herstellung dauere sechs Monate.