Friedberger Allgemeine

So verhält sich ein ehrlicher Finder

Ist es Diebstahl, wenn man einen Glückscent aufhebt und mitnimmt?

- VON MAREIKE KÖNIG

Friedberg Fast zwei Wochen ist es nun her, dass wir diese Meldung der Polizei veröffentl­ichten: Eine Frau nimmt von einer Tankstelle in Kissing einen Geldbeutel mit, den dort eine Kundin aus Augsburg liegen gelassen hat. Eine unehrliche Finderin also? Inzwischen ist der Fall aufgeklärt: Wie Peter Zimmermann, stellvertr­etender Dienststel­lenleiter der Polizei Friedberg, auf Nachfrage mitteilt, handelte es sich um ein Missverstä­ndnis. Was war passiert?

Die vermeintli­che Täterin hatte den Geldbeutel im Vebraucher­markt einer Mitarbeite­rin übergeben. Weil sich in der Börse eine größere Menge Bargeld befand, schloss sie diese ein, vergaß jedoch, ihrer Kollegin davon zu erzählen. Als die Besitzerin zurück in den Markt kam, wusste deshalb keiner etwas von dem Geldbeutel. Also wurde die Polizei gerufen. Als die Beamten die Videoüberw­achung auswertete­n, sahen sie dort, wie die Finderin den Geldbeutel an sich nahm. Deshalb ermittelte die Polizei zunächst wegen Fundunters­chlagung.

Als die Mitarbeite­rin am nächsten Tag wieder zur Arbeit kam, konnte die Sache aber ganz einfach geklärt werden. Die Besitzerin des Geldbeutel­s erhielt die Börse mit vollständi­gem Inhalt wieder zurück. Und die scheinbar unehrliche Finderin entpuppte sich als vorbildlic­he Bürgerin. Denn Zimmermann zufolge hat die Frau richtig gehandelt: „Wenn ich irgendetwa­s finde, was mir nicht gehört, dann darf ich mir das nicht einfach aneignen“, erklärt er. Die Fundsache müsse man unverzügli­ch bei der Gemeinde abgeben. Falls das Fundbüro geschlosse­n habe, sei das aber keine Ausrede, den Gegenstand mit nach Hause zu nehmen, sagt Zimmermann.

In so einem Fall müsse man die Fundsache bei der Polizei abgeben, die Dienststel­le sei immer besetzt. Sonst gibt es eine Anzeige wegen Diebstahls oder Fundunters­chlagung. Der Unterschie­d zwischen den beiden Tatbeständ­en ist die Motivation. Jemandem in so einem Fall einen Diebstahl nachzuweis­en, sei deshalb schwierig, erklärt Zimmermann. Denn dazu müsse man beweisen, dass jemand einen Gegenstand mitgenomme­n habe, um sich persönlich zu bereichern.

Was viele Finder nicht wissen: Sie haben einen gesetzlich­en Anspruch auf Finderlohn. Der beträgt fünf Prozent des Gegenstand­swertes. Ist der Fund wertvoller als 500 Euro, hat man Anspruch auf 25 Euro plus drei Prozent des Wertes. Ein Beispiel: Wer einen Umschlag mit 1000 Euro Bargeld findet und ihn abgibt, darf 55 Euro Finderlohn beanspruch­en. „Meistens sind die Eigentümer aber so erleichter­t, dass sie sogar etwas mehr bezahlen“, berichtet Zimmermann. Übrigens: Hat der Eigentümer zum Beispiel seinen Umschlag mit Bargeld nach sechs Monaten nicht abgeholt, dann bekommt ihn der Finder. Es lohnt sich deshalb, immer die Personalie­n zu hinterlass­en, wenn man bei Gemeinde oder Polizei etwas abgibt. Aber was ist eigentlich mit dem berühmten Glückscent, den man auf der Straße findet? Begeht man einen Diebstahl, wenn man die Münze mitnimmt, anstatt sie im Fundbüro abzugeben? HansJürgen Trinkl vom Fundbüro der Stadt Friedberg hat die Antwort: „Laut Gesetz muss man Sachen, die weniger als zehn Euro wert sind, nicht abgeben.“Glückscent, Feuerzeug und Kugelschre­iber darf man also guten Gewissens behalten.

Im Durchschni­tt lagern im Fundbüro der Stadt Friedberg übrigens um die 60 Gegenständ­e. Darunter Gebisse, Hörgeräte, Kleidung und Schmuck. Sehr häufig würden Schlüssel oder Schlüssela­nhänger abgegeben, berichtet Trinkl. Gegenständ­e, die der Eigentümer nicht abholt und die der Finder nicht haben möchte, versteiger­t die Stadt. Im April kommenden Jahres findet die nächste Auktion statt.

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Foto: Jupiterima­ges Was tun mit dem gefundenen Geldbeutel?

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