So verhält sich ein ehrlicher Finder
Ist es Diebstahl, wenn man einen Glückscent aufhebt und mitnimmt?
Friedberg Fast zwei Wochen ist es nun her, dass wir diese Meldung der Polizei veröffentlichten: Eine Frau nimmt von einer Tankstelle in Kissing einen Geldbeutel mit, den dort eine Kundin aus Augsburg liegen gelassen hat. Eine unehrliche Finderin also? Inzwischen ist der Fall aufgeklärt: Wie Peter Zimmermann, stellvertretender Dienststellenleiter der Polizei Friedberg, auf Nachfrage mitteilt, handelte es sich um ein Missverständnis. Was war passiert?
Die vermeintliche Täterin hatte den Geldbeutel im Vebrauchermarkt einer Mitarbeiterin übergeben. Weil sich in der Börse eine größere Menge Bargeld befand, schloss sie diese ein, vergaß jedoch, ihrer Kollegin davon zu erzählen. Als die Besitzerin zurück in den Markt kam, wusste deshalb keiner etwas von dem Geldbeutel. Also wurde die Polizei gerufen. Als die Beamten die Videoüberwachung auswerteten, sahen sie dort, wie die Finderin den Geldbeutel an sich nahm. Deshalb ermittelte die Polizei zunächst wegen Fundunterschlagung.
Als die Mitarbeiterin am nächsten Tag wieder zur Arbeit kam, konnte die Sache aber ganz einfach geklärt werden. Die Besitzerin des Geldbeutels erhielt die Börse mit vollständigem Inhalt wieder zurück. Und die scheinbar unehrliche Finderin entpuppte sich als vorbildliche Bürgerin. Denn Zimmermann zufolge hat die Frau richtig gehandelt: „Wenn ich irgendetwas finde, was mir nicht gehört, dann darf ich mir das nicht einfach aneignen“, erklärt er. Die Fundsache müsse man unverzüglich bei der Gemeinde abgeben. Falls das Fundbüro geschlossen habe, sei das aber keine Ausrede, den Gegenstand mit nach Hause zu nehmen, sagt Zimmermann.
In so einem Fall müsse man die Fundsache bei der Polizei abgeben, die Dienststelle sei immer besetzt. Sonst gibt es eine Anzeige wegen Diebstahls oder Fundunterschlagung. Der Unterschied zwischen den beiden Tatbeständen ist die Motivation. Jemandem in so einem Fall einen Diebstahl nachzuweisen, sei deshalb schwierig, erklärt Zimmermann. Denn dazu müsse man beweisen, dass jemand einen Gegenstand mitgenommen habe, um sich persönlich zu bereichern.
Was viele Finder nicht wissen: Sie haben einen gesetzlichen Anspruch auf Finderlohn. Der beträgt fünf Prozent des Gegenstandswertes. Ist der Fund wertvoller als 500 Euro, hat man Anspruch auf 25 Euro plus drei Prozent des Wertes. Ein Beispiel: Wer einen Umschlag mit 1000 Euro Bargeld findet und ihn abgibt, darf 55 Euro Finderlohn beanspruchen. „Meistens sind die Eigentümer aber so erleichtert, dass sie sogar etwas mehr bezahlen“, berichtet Zimmermann. Übrigens: Hat der Eigentümer zum Beispiel seinen Umschlag mit Bargeld nach sechs Monaten nicht abgeholt, dann bekommt ihn der Finder. Es lohnt sich deshalb, immer die Personalien zu hinterlassen, wenn man bei Gemeinde oder Polizei etwas abgibt. Aber was ist eigentlich mit dem berühmten Glückscent, den man auf der Straße findet? Begeht man einen Diebstahl, wenn man die Münze mitnimmt, anstatt sie im Fundbüro abzugeben? HansJürgen Trinkl vom Fundbüro der Stadt Friedberg hat die Antwort: „Laut Gesetz muss man Sachen, die weniger als zehn Euro wert sind, nicht abgeben.“Glückscent, Feuerzeug und Kugelschreiber darf man also guten Gewissens behalten.
Im Durchschnitt lagern im Fundbüro der Stadt Friedberg übrigens um die 60 Gegenstände. Darunter Gebisse, Hörgeräte, Kleidung und Schmuck. Sehr häufig würden Schlüssel oder Schlüsselanhänger abgegeben, berichtet Trinkl. Gegenstände, die der Eigentümer nicht abholt und die der Finder nicht haben möchte, versteigert die Stadt. Im April kommenden Jahres findet die nächste Auktion statt.