Experten tippen auf umkämpfte EM
Heute beginnt die Europameisterschaft der Frauen in Frankreich. Die deutsche Nationalmannschaft steigt erst am Samstag in das Turnier ein. Was Trainer und Spieler im Wittelsbacher Land dem Team zutrauen
Aichach Drei knappe Spiele, ein Sieg, zwei Niederlagen – das war die Bilanz der deutschen Handballerinnen beim Vier-Länder-Turnier im spanischen Alicante. Nach der Generalprobe am vergangenen Wochenende steht ab Donnerstag für die Nationalmannschaft die Handball-Europameisterschaft auf dem Programm. Sie wird bis zum 16. Dezember in Frankreich ausgetragen. Wir haben Trainer und Spielerinnen aus dem Landkreis AichachFriedberg gefragt, was sie dem Team zutrauen.
Martin Fischer, Trainer der ersten Frauenmannschaft in der Handballabteilung des TSV Aichach, klagt, dass in den Medien bisher nur ausgesprochen selten die Rede von der EM war. Er stellt einen Vergleich mit dem Vorlauf zu einem anderen Sport an: „Im Fußball wird jeder Tag runtergezählt.“Geht es um die Chancen der deutschen Frauen, dann gerät Fischer sichtlich ins Grübeln: „Ganz schwer einzuschätzen. Bei einer Heim-WM hofft man, dass die Mannschaft das Halbfinale oder das Finale erreicht.“Dass das Team des Deutschen Handball-Bundes ganz vorne mitspielen kann, das will er nicht in Abrede stellen, hebt aber auch warnend den Zeigefinger: „Da muss schon alles zusammenkommen, und es muss super laufen. Da würde ich nicht die letzten Euros drauf geben.“
In der Auftaktpartie trifft Deutschland an diesem Samstag in Brest auf Norwegen. Dieses Land ist der Rekordeuropameister und gleichzeitig der Titelverteidiger. Verständlich daher, wenn Martin Fischer „gleich von einem Gradmesser“spricht: „Ich hoffe, dass wir ein gutes Turnier spielen. Aber vielleicht ist da mehr der Wunsch dabei.“Die weiteren Gruppengegner für die Truppe von Bundestrainer Henk Groener heißen Rumänien und Tschechien. Die ersten drei Teams in jeder Gruppe qualifizieren sich für die Hauptrunde, wobei sie die Punkte aus den Vergleichen gegeneinander mitnehmen. Und vom 14. bis zum 16. Dezember werden in Paris die Finalspiele ausgetragen.
Tini Wonnenberg aus Aichach hat sich zwar seit gut zwei Jahrzehn- einen hervorragenden Namen als Handballerin gemacht. Kommt die Rede aber auf den europäischen Titelkampf, outet sie sich keineswegs als Insiderin: „Da bin ich gar nicht so informiert.“Die Vorbereitung des deutschen Teams sei gar nicht so schlecht gewesen, erklärt die ungemein routinierte Rückraumakteurin. Ist vorgesehen, dass man im Team des TSV Aichach mal ein WM-Spiel gemeinsam verfolgt? „Das kann schon sein. Der Martin (Fischer) ist da sehr empfänglich.“Der Trainer hat schon klargemacht, dass er entsprechende Pläne hat. In erster Linie, um mal wieder was au- ßerhalb der Sporthalle zusammen zu machen. Vielleicht auch mit dem kleinen Nebeneffekt, dass man dabei was lernen könnte. Wobei der Unterschied zur Bezirksoberliga im Wittelsbacher Land natürlich ein enormer ist. Bei den Titelkandidaten in Frankreich hat Wonnenberg eine klare Meinung: „Deutschland sicher nicht, leider.“Die Teams aus Skandinavien würden stets eine gute Rolle spielen, auch die Französinnen.
Julia Rawein trainiert in der zweiten Saison die Handballerinnen des Kissinger SC, die in der Landesliga spielen. Sie denkt, dass die deutten schen Spielerinnen zumindest zu Beginn der EM eine Chance haben. „Die Hauptrunde zu schaffen ist möglich, es kommen ja drei von vier Teams weiter.“Danach werde es aber schwierig für das junge Team. Die Verletzung der Kapitänin Kim Naidzinavicius sei ein schwerer Rückschlag gewesen. Die Rückraumspielerin vom deutschen Vizemeister SG BBM Bietigheim hatte sich einen Riss des Innen- und Außenmeniskus zugezogen.
Aufgrund der knappen Ergebnisse bei dem Turnier in Alicante sagt Rawein: „Sie sind noch eine sehr junge Mannschaft, wenn es am Ende eng wird, dann kommt es oft auf die Nerven an.“Als Titelfavoriten sieht die KSC-Trainerin eher Norwegen oder Frankreich. „Ich hoffe auf spannende Spiele, wenn sie auch noch erfolgreich sind, dann wäre das toll“, sagt sie im Hinblick auf die deutsche Mannschaft. Gerne würde sie sich auch mit ihrem Team zusammen eine Partie anschauen. „Am Samstag wird das aber schwierig.“Das Spiel der Nationalmannschaft in Frankreich beginnt um 15 Uhr. Die KSC-Handballerinnen sind aber selbst an dem Tag gefragt – um 17.30 Uhr in der Kissinger Paartalhalle.