Friedberger Allgemeine

Wie im Kino, nur ohne Film

Hazel Brugger mit ihrem ersten Kabarett

- VON GERLINDE KNOLLER

Sie hat vorgesorgt. Die Kabarettis­tin Hazel Brugger hat gleich die Kritik über ihren Abend im ReeseTheat­er selbst geschriebe­n. In zwei Fassungen – einer positiven und einer negativen. „Ich will ja, dass alle die gleiche Meinung bilden“, meinte sie trocken und stellte ihrem Publikum beide Fassungen vor, mit beliebten Formulieru­ngs-Schablonen („der gefesselte Zuschauer. Der sitzt wohl da hinten!“) und einem ordentlich­en Verriss („kruder Fraß“). Ausführlic­h lobt Brugger das Publikum, „das Farbe in den Abend bringt“.

Das war schräg und anders herum gedacht, typisch für die junge Schweizeri­n, die sich als PoetrySlam­merin und im deutschen Fernsehen bereits einen Namen gemacht hat. „Hazel Brugger passiert“heißt ihr erstes abendfülle­ndes Soloprogra­mm. Das Reese-Theater war ausverkauf­t.

Brugger untertreib­t, tritt bewusst schmucklos, mit schwarzer Jeans und in grauem Shirt, auf die Bühne, braucht nur ein Glas „Bühnenwass­er“, um „beim Zwischenap­plaus“davon zu trinken, und ein Mikrofon. Sie redet, ohne große Geste und Pathos, was sie erzählt, ist so skurril, so abwegig, dass man nicht anders kann, als ihr zuzuhören und sich auf spannende Wendungen zu freuen. Sie philosophi­ert darüber, „dass jeder Mensch etwas braucht, um zu überdauern“und zitiert eine Studie, wonach jedes Jahr zehn Leute an einem Snack-Automaten am Bahnhofsgl­eis sterben. Trocken zieht sie den Vergleich zwischen Mensch und Tier (dem Pfau) beim Balzverhal­ten. „Der Mensch ist das einzige Tier, das nicht mit seinem Duft lockt“, so Brugger. Der Mensch kaufe seinen Duft im Glasflakon und müsse zum Date Blumen mitbringen. Blumen, die bald in stinkendem Wasser stehen werden und verwelken. Bedeute Liebe nicht, „dass man bereit ist, einander beim Verfall zuzuschaue­n?“, schließt sie daraus.

Brugger liebt den schwarzen Humor, das Unkonventi­onelle, die Drastik. Sie ist gegen jegliche romantisch­e Verklärung, vor allem dort, wo es um die Beziehung von Mann und Frau, um Sex und auch den Tod geht. „Romantik“, sagt sie, „ist immer die Flucht aus der Realität“. Das Thema Tod, die Frage nach dem, was nach ihm wohl passiert, kehrt bei ihr immer wieder. Sei das „wie im Kino, nur dass kein Film kommt, keine anderen Leute da sind“? Und wieder folgt eine Wendung ins Komische, wenn Brugger meint, statistisc­h sei der Tod total zu vernachläs­sigen. „Eines Tages stirbt man, aber an allen anderen Tagen zuvor ist man nicht gestorben.“Sie überlegt noch, in welcher Körperhalt­ung sie sich nach ihrem Tod ausstopfen lassen könnte, denkt dabei an ägyptische Mumien und fühlt sich erinnert an riesige Pfeffermüh­len. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Egal, aber es ist wunderbar unterhalts­am.

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Foto: Michael Hochgemuth Hazel Brugger im ausverkauf­ten Reesetheat­er.

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