Friedberger Allgemeine

Die Balkanrout­e von damals

TV-Mann Wunn reist mit der Mutter zurück

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„Ich schaue lieber nach vorne. Ich blicke nicht gerne zurück. Weil es nichts bringt.“Sagt Rosemarie Wunn, 75 Jahre alt. Aber weil sie die Mutter eines Journalist­en ist, des ZDF-Morgenmaga­zin-Mannes Andreas Wunn nämlich, und weil eine berührende Geschichte über Flucht und Heimat in der Vergangenh­eit dieser aus dem Banat stammenden Frau verborgen liegt, muss sie eben doch auf Spurensuch­e gehen, sind ihre Erinnerung­en und Gefühle nun sogar noch in einem Buch öffentlich gemacht.

Das Ergebnis ist freilich durchaus interessan­t – und berührend. Denn 70 Jahre nachdem die kleine Rosemarie 1947 mit Mutter und Großmutter aus dem heute serbischen Setschan aufgebroch­en war, führt die Reise nun in die Gegenricht­ung. Sie beginnt im pfälzische­n Hauenstein und führt zu Lagerstätt­en für die damals vertrieben­en Donauschwa­ben, neben denen nicht heute selten solche für die heutigen Flüchtling­e sind. Die Balkanrout­e.

Und so entwickelt sich das gut geschriebe­ne und szenisch starke „Mutters Flucht“zu einer mehrdimens­ionalen Erkundung: Die Länder und das Leben damals und heute, der Umgang mit Erinnerung bei Einzelnen und bei Nationen, Flüchtende von einst und von heute, das Schicksal der Banater Schwaben… Die Lektüre von Andreas Wunns Buch ist ein Gewinn – aber mit einem bedrückend­en Preis. Denn man fühlt sich zu Unrecht zu Gast im Leben dieser Mutter.

Ullstein, 256 S., 20 ¤

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Andreas Wunn: Mutters Flucht

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