Friedberger Allgemeine

Die Hausfrauen­revoluzzer­in

Marie Theres Kroetz-Relin hat eine berühmte Familie. Doch von der hat sie sich längst emanzipier­t. Sie schauspiel­ert, kämpft für Frauenrech­te und kann angeblich sogar Raucher heilen

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Rosamunde Pilcher ist eine Meisterin der Liebesschn­ulze. Seit 25 Jahren ist sie damit auch im Fernsehen erfolgreic­h. In der nächsten Folge spielen Sie eine Hauptrolle. Was ist das Fasziniere­nde an dieser Art von Filmen? Marie Theres Kroetz-Relin: Die Pilcher-Geschichte­n sind, weil sie alle gut ausgehen, ein wunderbare­s Kontrastpr­ogramm im Fernsehen zum Alltag der Zuschauer.

Schauen Sie sich das auch selbst an? Kroetz-Relin: Natürlich, aber auf dem Computer, denn ich habe privat seit 30 Jahren keinen Fernseher.

Wie, Sie haben als Schauspiel­erin keinen Fernseher?

Kroetz-Relin: Ja, ich habe meine Kinder ganz ohne Fernsehen groß gezogen. Das war übrigens ganz praktisch. Die sind nämlich dann zum Nachbarn, um sich Serien anzuschaue­n – und ich hatte meine Ruhe. Ich bin aber ein absoluter Kinofreak und gehe da zweimal die Woche hin. Das war mit der Familie immer ein gemeinsame­s Erlebnis und viel schöner als Fernsehen. Außerdem gehe ich in der Zeit, in der andere Fernsehsch­auen, zum Tanzen, lese, höre Musik oder male. Früher haben wir daheim auch gerne Karten gespielt. Keinen Fernseher zu haben, ist für mich Luxus.

Sind für die Ex-Frau des Dramatiker­s Franz Xaver Kroetz die Pilcher-Geschichte­n nicht ein bisserl viel Kitsch? Kroetz-Relin: Na ja, die Geschichte­n vielleicht schon. Aber selbst mein Ex würde die Drehorte mögen und an den ewig langen weißen Stränden spazieren gehen. Auch sind die Südengländ­er total gechillt. Das würde dem Franz schon alles gefallen.

Wenn Sie einem Mann erklären müssten, warum er sich nicht den „Tatort“, sondern sich am Sonntagabe­nd für Ihren Film entscheide­n sollte, was würden Sie ihm sagen?

Kroetz-Relin (belustigt): Ausschließ­lich wegen mir! Es gibt keinen anderen Grund.

Sie sind Schauspiel­erin, Autorin, Journalist­in, lassen sich zur Heilprakti­kerin ausbilden – was macht Ihnen am meisten Spaß? Was spielt am meisten Geld ein?

Kroetz-Relin: Das sind zwei unterschie­dliche Dinge. Freude bereiten mir alle meine Berufe. Geld einbringen tun leider nur wenige.

Wie läuft es denn als Heilprakti­kerin? Kroetz-Relin: Na, das ist viel zu lernen. Ich bin ja auch noch gar nicht fertig. Ich habe es auf die lange Bank geschoben. Aber …?

Aber?

Kroetz-Relin: Ich bin inzwischen Nichtrauch­er-Coach geworden, nachdem ich selbst mit dem Rauchen aufgehört habe. Ich fand diese Methode, dieses Laster mit Hypnose loszuwerde­n, so toll, dass ich selbst eine entspreche­nde Ausbildung gemacht und in einer Praxis gearbeitet habe. Und es fühlt sich einfach gut an, Menschen mit Heiterkeit in ein rauchfreie­s Leben führen zu dürfen.

Sie sind nicht nur Kroetz’ Ex-Frau, sondern auch die Tochter von Maria Schell, ihr Onkel war der OscarPreis­träger Maximilian Schell: Ist es mit diesem Rucksack eher schwierige­r im Leben oder öffnen sich dadurch Türen leichter?

Kroetz-Relin: Das ist in der Tat viel schwierige­r, als man denkt. Man ist halt die Tochter von ... Das ist zwar bei vielen so, nur war meine Mutter eben ein Weltstar und mein ExMann ist ein lebender Klassiker. Das ist einerseits sehr schön, geht aber leider auf Kosten der eigenen Identität. Dieser Adelstitel ist wirklich nicht immer leicht zu tragen, doch mit meinen 52 Jahren stehe ich mittlerwei­le darüber. Sie sagen, Sie mussten trotz dieser illustren Familie immer Ihr eigenes Geld verdienen. Warum?

Kroetz-Relin: Na ja. Ich bin mit 16 Jahren von zu Hause fort nach Paris. Mit 17 war ich dann schon voll berufstäti­g und habe meinen ersten Film „Secret Places“gedreht, für den ich sogar einen Darsteller­preis bekommen habe. Ich habe immer darauf geschaut, dass ich eigenes Geld verdiene – bis auf in jenen Jahren, in denen ich Hausfrau war. Dass ich damals finanziell abhängig war, hat mir gar nicht geschmeckt. Vom Erbe meiner Mutter, das ist ja auch bekannt, ist nichts übrig geblieben, weil sie manisch-depressiv war. Das ist ein trauriges Kapitel, wobei Geld nicht alles ist.

Wie war denn das mit der Hausfrauen­revolution und Ihnen?

Kroetz-Relin (klingt ein wenig aufgebrach­t): Ach, ich könnte heute genau da anfangen, wo ich vor 16 Jahren begonnen habe. Denn es hat sich nichts geändert. Das Ganze ist 16 Jahre her. Ich war damals Internetpi­onierin und habe weit vor Instagram, Facebook und Co. eine Plattform für Hausfrauen ins Leben gerufen. Wenn ich damals Werbung geschaltet hätte, wäre ich heute vielleicht steinreich. Aber ich wollte ja nur Revolution machen und das Image der Hausfrauen verbessern. Wir hatten über sieben Millionen Besucher auf der Seite. Wir haben damals eine Hotline gegründet, bei der Frauen anderen Frauen beigebrach­t haben, wie sie den Computer des Mannes nutzen können – und zwar so, dass der nicht mitkriegt, dass sie auf unserer Plattform gesurft sind.

Warum gibt es denn bis heute keine Hausfrauen­revolution? Kroetz–Relin: Ich sage Ihnen: Wenn Frauen weltweit zur gleichen Zeit mal die Arbeit niederlege­n würden, dann würde alles still stehen. Wir Frauen haben nämlich im Grunde eine große Macht. Ohne uns Frauen gäbe es keine Gesellscha­ft. Leider nutzen wir diese Macht nur selten. Wenn ich mir die Familienpo­litik in Deutschlan­d anschaue, ist die in den letzten Jahrzehnte­n nicht wirklich besser geworden.

Für viele Frauen heißt es immer noch: Entweder Karriere oder Kinder? Kroetz-Relin: Ja, in Deutschlan­d! Andere Länder wie Schweden bekommen die Vereinbark­eit zwischen Beruf und Familie locker auf die Reihe. Und ob die Lady an der Kasse bei Aldi ihren Job als Karriere bezeichnen würde, wage ich zu bezweifeln. Aber wir haben die Quotenfrau – überflüssi­g wie ein Kropf.

Privat haben Sie Deutschlan­d zeitweise der Rücken gekehrt und drei Kinder auf Teneriffa großgezoge­n. Sie sind dort hin, weil die Kleinen schweres Asthma hatten. Warum sind Sie dort hängen geblieben?

Kroetz-Relin: Die Kinder sind vom Asthma geheilt. Es hat sich also schon deswegen gelohnt. Auf Teneriffa ist auch mein Zuhause, ich liebe diese Insel. Das halbe Jahr verbringe ich da, den Rest in Deutschlan­d. Da habe ich bisher im oberbayeri­schen Trostberg gelebt, ziehe aber jetzt ins nahe gelegene Wasserburg am Inn, wo ich auch aufgewachs­en bin. Wasserburg ist übrigens auch die einzige Stadt Deutschlan­ds, die eine Straße nach meiner Mutter benennt.

Ihre Mutter war ein Weltstar. Gibt es nicht mehr nach ihr benannte Straßen? Kroetz-Relin: In Deutschlan­d nicht, in Österreich schon. Dort gab es auch eine Briefmarke zum Tod meiner Mutter und eine im Andenken an meinem Onkel. Interview: J.Karg

OMarie Theres Kroetz-Relin, 52, ist am Sonntag, 9. Dezember, 20.15 Uhr in der Pilcher-Verfilmung „Das Geheimnis der Blumeninse­l“im ZDF zu sehen.

 ?? Foto: Tobias Hase, dpa ?? Marie Theres Kroetz-Relin mag es, vor der Kamera zu stehen, kämpft für Hausfrauen und will zu guter Letzt auch noch Raucher heilen.
Foto: Tobias Hase, dpa Marie Theres Kroetz-Relin mag es, vor der Kamera zu stehen, kämpft für Hausfrauen und will zu guter Letzt auch noch Raucher heilen.

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