Die Geige ist heute wichtiger als das Florett
Erste Augsburger Olympiasiegerin Heidi Grundmann-Schmid wird 80 – und genießt vor allem die Musik
Erst 21 Jahre jung war die Augsburgerin Heidi Schmid, als sie bei den Olympischen Spielen in Rom 1960 die Goldmedaille im Florettfechten gewann. Für sie selbst ebenso wie für die Experten eine große Überraschung – und für die Augsburger Bevölkerung in der Nachkriegszeit geradezu eine Sensation. Überschwänglich wurde ihr Olympiaerfolg in der Fuggerstadt gefeiert.
Und heute, 58 Jahre später, legt die „Gold-Heidi“, wie die Olympionikin in Augsburg liebevoll genannt wurde, immer noch größten Wert auf die Beweglichkeit ihrer Arme und Finger. Allerdings nicht mehr, um zielsicher das Florett zu führen, sondern um ihre geliebte Geige zu spielen. Dafür hat sie sich vor einem halben Jahr einer Schulteroperation unterzogen. Mit Erfolg. Bis zu zwei Stunden kann sie zu ihrer großen Freude schon wieder den Bogen führen. Am heutigen Mittwoch feiert Heidi Grundmann-Schmid ihren 80. Geburtstag.
„Bis auf eine kleine Erkältung, die ich mir auf einer Reise nach Berlin zugezogen habe, geht es mir recht gut“, berichtet die Jubilarin kurz vor ihrem großen Tag, der gemäß ihren Wünschen nur ja nicht zu überschwänglich gefeiert werden soll. „Ich will es ganz dezent und ruhig. Ich gehe mit der Familie essen und vielleicht machen wir noch einen kleinen Ausflug“, gibt sich Heidi Grundmann-Schmid gewohnt bescheiden und unaufgeregt.
Mit ihren jetzt 80 Jahren kann sie auf ein bewegtes Leben zurückblicken, das mit dem Olympiasieg in Rom einen nie geahnten Höhepunkt erfuhr. Bis heute kann sie nicht fassen, was in diesem Sommer 1960 wirklich passiert ist. Nach dem Krieg war die in Klagenfurt geborene Adelheid Schmid mit ihren Eltern in die Fuggerstadt gezogen, wo die Schülerin mit 13 Jahren beim TSV Schwaben Augsburg das Florettfechten erlernte. Schnell ging es mit der Karriere des talentierten Mädchens voran. Insgesamt sieben Mal wurde sie deutsche Meisterin im Florett-Einzel, 1961 sogar Weltmeisterin und 1964 MannschaftsBronzegewinnerin bei den Olympischen Spielen in Tokio. Doch das Olympia-Gold von Rom 1960 überstrahlte alles.
Nie im Leben hätte sich die junge Heidi Schmid vorher erträumt, dass sie einmal an der Seite des damaligen Oberbürgermeisters Klaus Müller im offenen Cabrio durch Augsburgs Straßen fahren und 120000 jubelnden Menschen zuwinken würde. „Ich habe mich gefühlt, als würde ich mir selbst zuschauen“, sagt sie auch heute noch, wenn sie an diesen unglaublichen Triumphzug denkt. Auch eine andere Anekdote erzählt sie gern mit einem Schmunzeln: „Wir sind mit dem Nachtzug von Rom heimgefahren. Meine Mutter hat gesagt, dass ich mich wenigstens ordentlich frisieren soll – man wisse ja nie, was passiert. Und dann war da eine ganze Abordnung am Bahnhof. Im offenen Auto hat der OB immer gesagt ,Jetzt winken Sie hier – und jetzt winken Sie da‘.“
Doch in den 70er Jahren beendete Augsburgs erfolgreichste Fechterin ihre sportliche Karriere von einem Tag auf den anderen. „SeniorenTurniere waren nichts für mich. Das, was ich konnte, konnte ich nicht mehr abrufen“, erkannte Heidi Grundmann-Schmidt schon früh, dass sie der Musik letztendlich mehr abgewinnen konnte als dem Sport – wenn sie nicht gerade mit ihrem Ehemann Hans Grundmann die Welt bereiste.
Er verstarb vor fünf Jahren, seitdem sind die Kinder – Tochter Elke und Sohn Alexander mit den Enkelkindern – der Lebensmittelpunkt der studierten Musikpädagogin. Manchmal, erzählt Heidi Grundmann-Schmid lächelnd, würde sie sogar heute noch Autogrammwünsche erhalten. Zu ihrem runden Geburtstag dürften das wohl wieder ein wenig mehr werden – und bei der 80-Jährigen die Bilder an diese große Zeit wiederaufleben lassen. Denn Heidi Grundmann-Schmid hat festgestellt: „So ein Olympiasieg bleibt einem für immer.“