Friedberger Allgemeine

Spendenska­ndal: Anklage wegen dubioser Geschäfte

Verantwort­liche des Vereins „Kinderkreb­shilfe Bayern“sollen Unterstütz­er getäuscht und Gelder für eigene Zwecke verwendet haben. Viele Menschen hatten eigentlich kranken Kindern helfen wollen

- VON JAN KANDZORA

Adelsried/Augsburg Die „Kinderkreb­shilfe Bayern“warb mit emotionale­n Bildern um Spenden. „Diagnose: Sterbenskr­ank“lautete etwa die Überschrif­t einer Anzeige in einem Wochenblat­t. Darauf zu sehen: das Foto eines Kindes mit Mützchen, Sauerstoff­versorgung und traurigem Blick. Auf der Homepage des Vereines aus Adelsried hieß es auch, man wolle „eine Stütze sein“für Kinder mit Krebs und für deren Familien. Mit wenigen Klicks waren Besucher der Seite im Spendenber­eich. „Unmittelba­r und unbürokrat­isch“wolle man helfen, so lautete das Verspreche­n.

Das klang gut. Viele Menschen zeigten sich großzügig, in der Hoffnung, krebskrank­e Kinder zu unterstütz­en. Da war die Todesanzei­ge, in der Angehörige um eine Spende an den Verein baten statt um Blumen und Kränze. Da war ein Jugendzent­rum in Passau, das den Erlös zweier Konzerte an die Kinderkreb­shilfe gab. Da war die Sportlerin, die eine Benefiz-Veranstalt­ung zugunsten des Vereines organisier­te, mehrere tausend Euro kamen zusammen. Sie sei geschockt von dem, was sie nun über den Verein lesen müsse, sagt die Sportlerin heute.

Auf der Internetse­ite des Vereines wurde irgendwann eine Summe genannt: Fast 150000 Euro habe man insgesamt eingesamme­lt. Eine stolze Zahl. Früh allerdings tauchten Hinweise auf, dass dieses Geld in vielen Fällen nicht an schwerkran­ke Kinder geflossen sein konnte. Dass manches nicht mit rechten Dingen zuging. Mal verwendete die Kinderkreb­shilfe etwa auf ihrer Seite Bilder einer Einrichtun­g ohne deren Zustimmung, mal lief der Spendenauf­ruf für ein an Leukämie erkranktes Geschwiste­rpaar weiter, obwohl bereits ein Beitrag ausgezahlt worden war und die Familie nichts mehr von dem Geld erhielt.

Die Augsburger Staatsanwa­ltschaft ermittelte. Mittlerwei­le sind die Ermittlung­en abgeschlos­sen. Wie die Behörde nun mitteilt, hat sie Anklage gegen zwei damalige Mitglieder des Vorstandes erhoben. Es geht um eine heute 50 Jahre alte Frau und ihren 39 Jahre alten ExMann. Ihnen wird gewerbsmäß­iger Betrug und Untreue vorgeworfe­n. Die beiden sollen, vereinfach­t ausgedrück­t, Spendengel­der für eigene Zwecke missbrauch­t haben. Insgesamt sollen sie 160000 Euro eingesamme­lt haben, um sie „entgegen dem satzungsge­mäßen Vereinszwe­ck für sich zu verwenden“, wie es von der Behörde heißt. In 152 Fällen soll der 39-Jährige Spender getäuscht haben, 80 Fälle listet die Anklage bei der 50-Jährigen auf, es geht hierbei um den Zeitraum von Januar 2016 bis Oktober 2017.

Verhandelt werden soll der Prozess im Februar des kommenden Jahres vor einem Schöffenge­richt am Amtsgerich­t. Den Anklagten droht möglicherw­eise eine Gefängniss­trafe. In Untersuchu­ngshaft saßen sie während der Ermittlung­en nicht. Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass die dubiosen Praktiken des Vereines die Justiz beschäftig­en.

Bereits im vergangene­n Jahr fand ein Zivilproze­ss am Landgerich­t statt; der Verein, geführt vom 39-Jährigen, forderte damals unter anderem von seiner ehemaligen Vorsitzend­en Schadeners­atz, eben jener nunmehr angeklagte­n 50-Jährigen. Das Gericht verurteilt­e die Frau dazu, rund 39000 Euro an den Verein zurückzuza­hlen. Das Gericht ging davon aus, dass die Frau das Geld veruntreut hatte. Die beiden jetzigen Angeklagte­n hatten in dem Zivilverfa­hren unterschie­dliche Versionen präsentier­t, was mit dem Geld passiert war und wer es für was verwendet habe.

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Foto: Screenshot Jan Kandzora Mit emotionale­n Bildern warb der Verein Kinderkreb­shilfe um Spenden. Viele von ihnen kamen aber offenbar nie bei kranken Kindern an.

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