Spendenskandal: Anklage wegen dubioser Geschäfte
Verantwortliche des Vereins „Kinderkrebshilfe Bayern“sollen Unterstützer getäuscht und Gelder für eigene Zwecke verwendet haben. Viele Menschen hatten eigentlich kranken Kindern helfen wollen
Adelsried/Augsburg Die „Kinderkrebshilfe Bayern“warb mit emotionalen Bildern um Spenden. „Diagnose: Sterbenskrank“lautete etwa die Überschrift einer Anzeige in einem Wochenblatt. Darauf zu sehen: das Foto eines Kindes mit Mützchen, Sauerstoffversorgung und traurigem Blick. Auf der Homepage des Vereines aus Adelsried hieß es auch, man wolle „eine Stütze sein“für Kinder mit Krebs und für deren Familien. Mit wenigen Klicks waren Besucher der Seite im Spendenbereich. „Unmittelbar und unbürokratisch“wolle man helfen, so lautete das Versprechen.
Das klang gut. Viele Menschen zeigten sich großzügig, in der Hoffnung, krebskranke Kinder zu unterstützen. Da war die Todesanzeige, in der Angehörige um eine Spende an den Verein baten statt um Blumen und Kränze. Da war ein Jugendzentrum in Passau, das den Erlös zweier Konzerte an die Kinderkrebshilfe gab. Da war die Sportlerin, die eine Benefiz-Veranstaltung zugunsten des Vereines organisierte, mehrere tausend Euro kamen zusammen. Sie sei geschockt von dem, was sie nun über den Verein lesen müsse, sagt die Sportlerin heute.
Auf der Internetseite des Vereines wurde irgendwann eine Summe genannt: Fast 150000 Euro habe man insgesamt eingesammelt. Eine stolze Zahl. Früh allerdings tauchten Hinweise auf, dass dieses Geld in vielen Fällen nicht an schwerkranke Kinder geflossen sein konnte. Dass manches nicht mit rechten Dingen zuging. Mal verwendete die Kinderkrebshilfe etwa auf ihrer Seite Bilder einer Einrichtung ohne deren Zustimmung, mal lief der Spendenaufruf für ein an Leukämie erkranktes Geschwisterpaar weiter, obwohl bereits ein Beitrag ausgezahlt worden war und die Familie nichts mehr von dem Geld erhielt.
Die Augsburger Staatsanwaltschaft ermittelte. Mittlerweile sind die Ermittlungen abgeschlossen. Wie die Behörde nun mitteilt, hat sie Anklage gegen zwei damalige Mitglieder des Vorstandes erhoben. Es geht um eine heute 50 Jahre alte Frau und ihren 39 Jahre alten ExMann. Ihnen wird gewerbsmäßiger Betrug und Untreue vorgeworfen. Die beiden sollen, vereinfacht ausgedrückt, Spendengelder für eigene Zwecke missbraucht haben. Insgesamt sollen sie 160000 Euro eingesammelt haben, um sie „entgegen dem satzungsgemäßen Vereinszweck für sich zu verwenden“, wie es von der Behörde heißt. In 152 Fällen soll der 39-Jährige Spender getäuscht haben, 80 Fälle listet die Anklage bei der 50-Jährigen auf, es geht hierbei um den Zeitraum von Januar 2016 bis Oktober 2017.
Verhandelt werden soll der Prozess im Februar des kommenden Jahres vor einem Schöffengericht am Amtsgericht. Den Anklagten droht möglicherweise eine Gefängnisstrafe. In Untersuchungshaft saßen sie während der Ermittlungen nicht. Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass die dubiosen Praktiken des Vereines die Justiz beschäftigen.
Bereits im vergangenen Jahr fand ein Zivilprozess am Landgericht statt; der Verein, geführt vom 39-Jährigen, forderte damals unter anderem von seiner ehemaligen Vorsitzenden Schadenersatz, eben jener nunmehr angeklagten 50-Jährigen. Das Gericht verurteilte die Frau dazu, rund 39000 Euro an den Verein zurückzuzahlen. Das Gericht ging davon aus, dass die Frau das Geld veruntreut hatte. Die beiden jetzigen Angeklagten hatten in dem Zivilverfahren unterschiedliche Versionen präsentiert, was mit dem Geld passiert war und wer es für was verwendet habe.