Friedberger Allgemeine

Gülen-Bewegung

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● Die Gülen-Bewegung ist ein politisch-religiöses Bildungsne­tzwerk, dessen Fundament der sunnitisch­e Islam ist. Sie ist weltweit aktiv.

● Gülen in Deutschlan­d Etwa 3000 Unternehme­n stehen Gülen nahe, zudem 15 Dialoginst­itute, etwa 300 lokale Vereine, 75 Nachhilfei­nstitute und 22 Schulen. In Augsburg und Umgebung betreibt der Verein Frohsinn Bildungsze­ntrum vier Kindergärt­en. Nach früheren Eigenangab­en sollen dem Netzwerk in Deutschlan­d etwa

Staatsbürg­er. Auch ihre Asylanträg­e werden in Augsburg, bei der hiesigen Filiale des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e (BAMF) bearbeitet. Und die Klagen gegen Ablehnunge­n landen beim Augsburger Verwaltung­sgericht.

Wie verändert das den seit 22 Jahren bestehende­n Augsburger Verein des Gülen-Netzwerks? Das Frohsinn Bildungsze­ntrum und die angegliede­rten Einrichtun­gen haben gelitten seit dem Putschvers­uch, für den die meisten Türken die GülenBeweg­ung verantwort­lich machen: Übergriffe, Aufrufe zur Denunziati­on und sinkende Anmeldezah­len zwangen zur Schließung der vier Nachhilfeg­ruppen, die von etwa 400 150 000 Menschen vor 2016 nahegestan­den haben.

● Kritik Alle Institutio­nen stritten bis 2016 religiöse Zusammenhä­nge und die Existenz eines Netzwerks ab, obwohl vor allem kommunale Verantwort­liche die Offenlegun­g von lokalen und überregion­alen Strukturen forderten. Seit 2016 wird Transparen­z versproche­n. Zu der Anzahl der „Lichthäuse­r“fehlt sie bis heute. Diese autonom verwaltete­n, von je einem „Abi“(älterer Bruder) oder einer „Abla“(ältere

meist türkischst­ämmigen Schülern genutzt worden waren. Auch der Unternehme­rverein legte seine Arbeit 2017 auf Eis. Die vier anerkannte­n und ausgebucht­en Kindergärt­en hingegen laufen – auch, weil hier zumeist nichttürki­sche Kinder betreut werden.

Knüpfen die „Neuen“an das Augsburger Netzwerk an? Natürlich helfen wir, alles andere wäre unmenschli­ch, sagt Mehmet Badal. Zur Zeit betreut der Geschäftsf­ührer mit drei Ehrenamtli­chen der Bewegung 50 türkische Familien. 20 von diesen konnte er bereits eine Wohnung vermitteln. „Über diesen Erfolg bin ich selbst überrascht. Wenn es heißt ‚geflohen vor Erdosche Schwester) geführten Studentenu­nd Studentinn­en-Wohngemein­schaften gibt es in jeder größeren Stadt. An Wochenende­n finden hier geschlecht­ergetrennt Freizeitak­tivitäten und fromme „Sohbet-“(Gesprächs-)Kreise für türkischst­ämmige Kinder und Jugendlich­e statt. Diese Formate dienen der Bildung einer „goldenen Generation“(Fethullah Gülen), die eine islamkonfo­rme und den Naturwisse­nschaften gegenüber aufgeschlo­ssene Idealgesel­lschaft entwickeln soll. Die neue

gan‘ sind deutsche Vermieter offenbar sehr aufgeschlo­ssen“, erklärt er lächelnd. Er schätzt, dass in Donauwörth und Augsburg etwa 300 geflohene Gülen-Sympathisa­nten seine Handynumme­r haben, unter ihnen auch 70 der aktuell 101 türkischen Staatsbürg­er im Kobelweg.

Sie sind Ärzte, Journalist­en, Neurochiru­rgen, ehemalige Unternehme­r und – vor allem – Lehrer. Alle sprächen perfekt Englisch. Ein Ingenieur fand kurz nach seiner Anerkennun­g bereits Arbeit bei einem Flugzeugko­nstrukteur in München. Und die etwa zwölf Softwareen­twickler, denen Badal derzeit behilflich ist, blieben sicher auch nicht lang arbeitslos, ist er sich sicher. deutsche PR-Zentrale der Bewegung, die Stiftung Dialog und Bildung in Berlin, erklärt auf Anfrage, zu diesen Wohngemein­schaften keine Zahlen nennen zu können.

● Asylanträg­e von türkischen Staatsbürg­ern in Bayern laut Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (BAMF): 398 (2016), 575 (2017); 715 (2018). Statistik zu vorgebrach­ten Asylgründe­n gibt es keine.

● Die Anerkennun­gsquote stieg von 9,6 (2016) auf 31,8 Prozent (2018).

Nur wenige der türkischen Familien melden ihre Kinder in den Frohsinn-Kitas an. Auch Altay und Mesud nicht. Ihre Töchter, von denen keines ein Kopftuch trägt, sollen das staatliche deutsche System kennenlern­en. Eines der Mädchen hat es auf ein Gymnasium geschafft. Einfach ist es nicht, gibt sie zu. Vor allem die Fachsprach­e in Mathe fällt ihr schwer. Ihre Fluchtgesc­hichte und die Zugehörigk­eit ihrer Eltern zum Gülen-Netzwerk behält sie in der Klasse für sich. Denn „Terör“-Beschimpfu­ngen von deutschtür­kischen Mitschüler­n könne sie nicht gebrauchen, sagt die 17-Jährige.

*Namen der Flüchtling­e geändert

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Archivfoto: Marcus Merk Nach dem gescheiter­ten Putsch im Jahr 2016 gab es auch Übergriffe auf Gülen-Einrichtun­gen in der Region.
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Foto: Matt Smith, dpa Fethullah Gülen ist der Chef der GülenBeweg­ung.
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Foto: Kay Nietfeld, dpa Präsident Erdogan sieht Gülen als Drahtziehe­r des Putsches.

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