Friedberger Allgemeine

Rücktritt in der CSU: „Von Parteifreu­nden enttäuscht“

Der Chef des Innenstadt-Ortsverban­ds wurde in der Friedhofsa­ffäre freigespro­chen. Sein Amt gibt er dennoch auf

- VON JÖRG HEINZLE

Acht Wochen sind vergangen, seit er vor Gericht stand – und freigespro­chen worden ist. Gerd Koller, 66, sagt, er habe lange über seine Entscheidu­ng nachgedach­t. Doch dann stand für ihn fest: Er will nicht einfach so weitermach­en, als ob nichts gewesen wäre. Koller tritt als Vorsitzend­er der Innenstadt-CSU zurück. Der Ortsverban­d hat innerhalb der Augsburger CSU einiges an Gewicht, er zählt zu den mitglieder­stärksten. Gerd Koller selbst hatte in der Stadtpolit­ik beste Kontakte.

Er begründet den Rückzug damit, dass er vom Verhalten einiger Parteifreu­nde in der Augsburger CSU „schwer enttäuscht“sei. Offensicht­lich hatte er sich mehr Rückendeck­ung gewünscht, als gegen ihn im Zusammenha­ng mit der sogenannte­n Friedhofsa­ffäre ermittelt wurde. Koller war als Verwalter des Nordfriedh­ofs ins Visier von Kripo und Staatsanwa­ltschaft geraten. Mehrere städtische Friedhofsa­rbeiter haben dort Grabarbeit­en auf eigene Rechnung ausgeführt und teils beim Verkauf von alten Grabsteine­n Geld in die eigene Tasche gesteckt. Das haben die Arbeiter zugegeben.

Die Staatsanwa­ltschaft war davon ausgegange­n, dass Koller daran beteiligt gewesen ist oder die Schwarzges­chäfte der Mitarbeite­r zumindest gedeckt haben soll. Koller stand deshalb vor dem Amtsgerich­t. Doch im Lauf des zweitägige­n Prozesses fielen die Vorwürfe in sich zusammen. Am Ende beantragte sogar die Staatsanwa­ltschaft, was eher selten vorkommt, einen Freispruch. Die Richterin sprach Koller frei – und betonte, dass der Prozess keinerlei Hinweise auf ein Fehlverhal­ten ergeben habe.

Gerd Koller wurde erst im Sommer vergangene­n Jahres zum Ortsvorsit­zenden gewählt. Er musste das Amt schon nach gut einer Woche wieder ruhen lassen, weil die Staatsanwa­ltschaft Anklage gegen ihn erhoben hatte. Nun ist er zwar vor Gericht entlastet worden. Er könnte weitermach­en. Allerdings ist er enttäuscht, dass sich führende Köpfe der Augsburger CSU während des Verfahrens von ihm abgewandt und ihn „ignoriert“hätten. So steht es in einer Erklärung, die Koller in einer Vorstandss­itzung am Montag vortrug. Verärgert ist er auch darüber, dass er wegen der Ermittlung­en vom Friedhof wegversetz­t worden ist. Er habe dann im Bereich Asylhilfe arbeiten und unter anderem schwere Möbel schleppen müssen.

Bevor die Ermittlung­en gegen ihn bekannt wurden, hatte er zu führenden Politikern in der Stadt ein gutes Verhältnis gepflegt. Sogar OB Kurt Gribl (CSU) besuchte zum Beispiel eine Betriebsfe­ier der Nordfriedh­ofArbeiter. Koller engagierte sich auch bei Wahlkämpfe­n für die Partei, etwa durch das Aufstellen von Plakaten. Dabei halfen auch die in die Schwarzges­chäfte verwickelt­en Friedhofsa­rbeiter, die mit Koller befreundet und ebenfalls in der CSU aktiv sind. Diese Arbeiter sind in erster Instanz zu Bewährungs­strafen verurteilt worden. Sie hatten zugegeben, in die eigene Tasche gewirtscha­ftet zu haben. Gleichzeit­ig beteuerten sie jedoch alle, dass ihr Chef, Gerd Koller, davon nichts gewusst habe. Das Verfahren gegen die Arbeiter wird vor dem Landgerich­t wohl noch einmal aufgerollt, weil sie alle gegen ihre Urteile Berufung eingelegt haben. Ihre Verteidige­r argumentie­ren, das Fehlverhal­ten erfülle aus ihrer Sicht keinen der angeklagte­n Straftatbe­stände. Die Arbeiter hatten zudem angegeben, sie hätten die Jobs überwiegen­d für Menschen übernommen, die sich keinen Steinmetz leisten konnten.

Gerd Koller ist auch der Vorsitzend­e der Elterninit­iative krebskrank­er Kinder „Lichtblick­e e.V.“in Augsburg. In dem Verein, in dem sich auch weitere CSU-Mitglieder aus seinem Umfeld engagieren, will er gerne weiterarbe­iten. Er stelle sich demnächst erneut als Vorsitzend­er zur Wahl, sagt er. Auch in der CSU will er als Mitglied bleiben. Er sei enttäuscht von Teilen der Partei in Augsburg, sagt er, verbittert sei er jedoch nicht.

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Foto: Polizei Werner Bayer, der Leiter der Einsatzabt­eilung im Augsburger Polizeiprä­sidium, zusammen mit Florian Stöckl (Mitte) und Tanja Bergmann.
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Gerd Koller

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