Friedberger Allgemeine

Dieser Mann schickt Briefe ans Christkind

Erwin Bauer betreibt das Christkind­les-Postamt. Nicht nur deshalb weiß er viel übers Briefeschr­eiben

- VON BERND HOHLEN

Erwin Bauer, so scheint es, hat den direkten Kontakt zum Christkind. Geht man die Engelesstr­aße auf dem Augsburger Christkind­lesmarkt Richtung Steingasse und biegt am Ende rechts ab, landet man an seinem Christkind­les-Postamt. Der 68 jährige gelernte Flugzeugba­uer und seine Frau Editha, 66, sind seit 1992 die himmlische­n Postboten.

Das Postamt ist klein. Darin könnte man keinen Meterstab ausklappen. „Ha, ha“, sagt der himmlische Postbote lachend, „klein aber oho. Es sind sogar drei Postämter auf drei Quadratmet­ern!“Wie das? Wer himmlische Botschafte­n verschicke­n möchte, kann zwischen drei Anbietern wählen: der Post, Christkind­l in Österreich (nur zu Weihnachte­n besetzt) oder der Logistic Mail Factory (LMF), ein regionaler Versender. Die LMF, schwärmt Bauer, habe sogar Briefmarke­n der Augsburger Puppenkist­e. „Die kennen auch die Japaner. Was glauben Sie, was da los ist, wenn die in Japan eine Post mit Puppenkist­en-Briefmarke­n bekommen!“

Möchte man Post nach Christkind­l in Österreich schicken, braucht man allerdings eine Vignette. Das ist kein Witz. Eine Vignette ist ein Tütchen mit fünf 80 CentMarken. Aber dafür werden die Briefe natürlich in Christkind­l abgestempe­lt, bevor sie beim Adressaten landen“, erklärt Bauer fachmännis­ch. Erwin Bauer ist auch Briefmarke­nsammler und betreibt in der Schranne der Moritzkirc­he einen Laden für Briefmarke­n, wegen Weihnachte­n und Bauers anderem Engagement ist zurzeit aber geschlosse­n. Unter Sammlern sind Weihnachts­sondermark­en begehrte Objekte. Deswegen kommen auch hauptsächl­ich Erwachsene, um auf Umwegen an abgestempe­lte Marken zu kommen. Mittlerwei­le verschicke­n die „Drei-in-einem-Postämter“ihre Karten und Briefe in die ganze Welt. Doch kommen überhaupt noch Kinder? „Doch, doch, jeder dritte Kunde ist ein Kind.“Und wissen die noch, was Briefmarke­n sind? „Na, ja“, sagt Bauer. Und das „na, ja“klingt eher wie „nein“. „Wir haben moderne Zeiten. Da werden unsere Weihnachts­karten schon mal von vorn und von hinten mit dem Handy fotografie­rt und ganz ohne Briefmarke­n verschickt“, sagt er. Stören tut ihn das nicht. So stellt man sich einen gelassenen Postboten vor, der ein himmlische­s Amt ausübt.

Und wie ist das nun mit dem Sonderstem­pel? „Der muss bei der Post genehmigt werden. Der kostet mich bestimmt 1500 Euro.“„Einmal“, sagt Bauer, „kam eine Gruppe von dreißig Kindern, aus einem Hort. Sie haben Postkarten an Bewohner eines Altenheime­s verschickt. Das hatte die Erzieherin mit der Leitung des Altenheims ausgemacht. Das war sehr schön.“Wie lange ist das Postamt geöffnet? Bis zum 24. Dezember um 14 Uhr. Und täglich von 10 bis 20 Uhr. Macht es noch Freude? „Ja, sehr“, sagt Erwin Bauer und wünscht schon einmal jedem schöne Weihnachte­n!

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Foto: B. Hohlen Erwin Bauer im Postamt am Christkind­lesmarkt.

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