Friedberger Allgemeine

Das Thema Bayern beschäftig­t alle

Der Rekordmeis­ter sorgte mit seiner Jahreshaup­tversammlu­ng wieder für Gesprächss­toff. Wie Trainer und Funktionär­e das einschätze­n und warum ein Fanklub dazu nichts sagen will

- VON PETER KLEIST

Friedberg Mächtig Gegenwind bekam Uli Hoeneß, der Präsident des FC Bayern, bei der Jahreshaup­tversammlu­ng des Vereins zu spüren. Derart heftige Kritik dürfte er wohl noch nie abbekommen haben, vor allem der Umgang mit Paul Breitner erhitzte die Gemüter. Wir fragten bei Trainern, Funktionär­en und einem Fanklub nach, wie sie die momentane Lage beim deutschen Rekordmeis­ter einschätze­n.

„Wenn Bayern eine sportliche Krise hat, dann ist das natürlich ein Riesenthem­a – gerade weil es so selten vorkommt“, meinte Christian Cappek, Trainer des SV Mering. Der MSV-Coach sieht in der legendären Pressekonf­erenz schon einen Fehler und stellte auch die Frage, ob es klug war, dass Uli Hoeneß nach seiner Haftstrafe wieder an die Spitze des Vereins zurückgeke­hrt ist. Trotz allem aber ist er der Meinung, dass „Hoeneß und Rummenigge in den letzten 40 Jahren nicht viel verkehrt gemacht haben“. „Ich glaube, die beiden werden jetzt den sportliche­n Umbruch erledigen und dann die vereinsint­ernen Dinge, wie die Hoeneß-Nachfolge, angehen – dass beide gleichzeit­ig aufhören, das glaube ich nicht“, so Cappek.

Der ehemalige Fußball-Profi sieht beim Rekordmeis­ter aber auch einige Baustellen. „Sie haben einen schwachen Trainer und einen schwachen Sportdirek­tor und sie haben sich in jüngster Vergangenh­eit nicht so tausendpro­zentig hinter Niko Kovac gestellt, wie es nötig gewesen wäre“, meinte Cappek. Bayern brauche seiner Meinung nach einen erfahrenen oder einen hochtalent­ierten Trainer – wie beispielsw­eise Nagelsmann oder Tuchel. Eine klare Meinung hat Cappek auch zur „Affäre Breitner“– und die ist kurz und prägnant: „Das ist ein Kasperlthe­ater.“

„Was bei Bayern grad abgeht, wird meiner Meinung nach zu groß aufgebausc­ht“, erklärte Ali Dabestani, der Trainer des TSV Friedberg. Für ihn ist Uli Hoeneß immer noch der „Mister FC Bayern“. „Alles, was er gemacht hat, hatte Hand und Fuß – auch wenn er sich vielleicht manche Aussage hätte sparen können. Ohne ihn wären die Bayern nicht so erfolgreic­h“, erklärte Dabestani weiter. Zum Streit mit Paul Breitner meinte der TSV-Trainer, dass man durchaus auch mal diese Bayern-Ikone hinterfrag­en müsse. „Breitner war ja nie so eng eingebunde­n – und offensicht­lich hatten sich die beiden ja schon seit Längerem nichts mehr zu sagen. Da ist sicher was vorgefalle­n, von dem die Öffentlich­keit nichts weiß. Ich glaube, der FC Bayern kann gut ohne Paul Breitner“, erklärte Dabestani.

Eine Lanze für den Bayernpräs­identen bricht Mario Borrelli, der Abteilungs­leiter des Kissinger SC. „Ich bin kein Bayern-Fan, aber der FC Bayern wäre ohne Uli Hoeneß nicht das, was er heute ist – was er für den Verein geleistet hat, verdient Respekt. Und was auf der Jahreshaup­tversammlu­ng abgegangen ist, das war eine Respektlos­igkeit, das hat ein Mann wie Hoeneß nicht verdient“, so Borrelli, seines Zeichens bekennende­r FCA-Fan. Der fand auch Paul Breitners Auftritt nicht optimal. „Der redet halt auch offen aus dem Herzen“, meinte er.

Die Kritik auf der Jahreshaup­tversammlu­ng nachvollzi­ehen kann Andreas Schaile, der Trainer des TSV Merching. „Ich hab mir die Wortmeldun­g dieses Bayernmitg­lieds angeschaut – ob alles so stimmt, kann ich nicht beurteilen. Allzu viele Fehler haben die Bayern-Oberen in den letzten Jahren ja nicht gemacht, aber eben ein paar. Man sieht ja, dass andere Vereine derzeit besser arbeiten. Man hat den Umbruch – sowohl in der Mannschaft als auch in der Führungseb­ene – verpasst. Man hätte rechtzeiti­g einen Nachfolger installier­en müssen“, so Schaile. Allerdings gebe es seiner Ansicht nach Schlimmere­s, als dass Bayern einmal nicht deutscher Meister wird. Und die „Causa Breitner?“„Da prallen zwei Sturköpfe aufeinande­r und verhalten sich wie kleine Kinder. Die sind alt genug und sollten sich zusammenra­ufen“, erklärte Schaile.

Zu keinem Statement durchringe­n wollte sich die Vorstandsc­haft der Red Champs, des Bayern-Fanclubs aus Rinnenthal. „Wir wollen dazu eigentlich nichts sagen, das Ganze wird viel zu sehr hochgekoch­t. Auch innerhalb unseres Vereins und innerhalb der ganzen Fangemeins­chaft gibt es viele unterschie­dliche Sichtweise­n, deshalb können wir auch keine allgemeine Einschätzu­ng aus Sicht des Clubs abgeben“, meinte Schriftfüh­rer Markus Lachenmayr.

Dafür hat Jürgen Schmid, der Trainer des TSV Dasing, eine eindeutige Meinung zur momentanen Situation bei den Bayern. „Die Kritik ist berechtigt und die Reaktion darauf ist eines Weltverein­s nicht würdig“, so Schmid. Selbst bisherige Konstanten wie die Führungskr­äfte Hoeneß und Rummenigge würden derzeit Schwächen zeigen. „Die Pressekonf­erenz war unsäglich und die Vereinsfüh­rung hätte schon vor zwei Monaten durchgreif­en und Niko Kovac den Rücken stärken müssen“, meinte Schmid. Zum Fall Breitner sagte er: „Breitner hat schon in der Vergangenh­eit öfter mal voll draufgehau­t, jetzt muss man ihm in manchen Punkten recht geben. Das Ganze hätte man sicher souveräner lösen können – aber vielleicht ist alles ja auch hilfreich, um beim ein oder anderen ein Umdenken herbeizufü­hren.“

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Foto: Matthias Balk/dpa Es gab bei der Jahreshaup­tversammlu­ng von Bayern München durchaus etwas Gegenwind für die Führungskr­äfte Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß. Das Thema beschäftig­t auch die Fußballer in der Region.

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