Das Thema Bayern beschäftigt alle
Der Rekordmeister sorgte mit seiner Jahreshauptversammlung wieder für Gesprächsstoff. Wie Trainer und Funktionäre das einschätzen und warum ein Fanklub dazu nichts sagen will
Friedberg Mächtig Gegenwind bekam Uli Hoeneß, der Präsident des FC Bayern, bei der Jahreshauptversammlung des Vereins zu spüren. Derart heftige Kritik dürfte er wohl noch nie abbekommen haben, vor allem der Umgang mit Paul Breitner erhitzte die Gemüter. Wir fragten bei Trainern, Funktionären und einem Fanklub nach, wie sie die momentane Lage beim deutschen Rekordmeister einschätzen.
„Wenn Bayern eine sportliche Krise hat, dann ist das natürlich ein Riesenthema – gerade weil es so selten vorkommt“, meinte Christian Cappek, Trainer des SV Mering. Der MSV-Coach sieht in der legendären Pressekonferenz schon einen Fehler und stellte auch die Frage, ob es klug war, dass Uli Hoeneß nach seiner Haftstrafe wieder an die Spitze des Vereins zurückgekehrt ist. Trotz allem aber ist er der Meinung, dass „Hoeneß und Rummenigge in den letzten 40 Jahren nicht viel verkehrt gemacht haben“. „Ich glaube, die beiden werden jetzt den sportlichen Umbruch erledigen und dann die vereinsinternen Dinge, wie die Hoeneß-Nachfolge, angehen – dass beide gleichzeitig aufhören, das glaube ich nicht“, so Cappek.
Der ehemalige Fußball-Profi sieht beim Rekordmeister aber auch einige Baustellen. „Sie haben einen schwachen Trainer und einen schwachen Sportdirektor und sie haben sich in jüngster Vergangenheit nicht so tausendprozentig hinter Niko Kovac gestellt, wie es nötig gewesen wäre“, meinte Cappek. Bayern brauche seiner Meinung nach einen erfahrenen oder einen hochtalentierten Trainer – wie beispielsweise Nagelsmann oder Tuchel. Eine klare Meinung hat Cappek auch zur „Affäre Breitner“– und die ist kurz und prägnant: „Das ist ein Kasperltheater.“
„Was bei Bayern grad abgeht, wird meiner Meinung nach zu groß aufgebauscht“, erklärte Ali Dabestani, der Trainer des TSV Friedberg. Für ihn ist Uli Hoeneß immer noch der „Mister FC Bayern“. „Alles, was er gemacht hat, hatte Hand und Fuß – auch wenn er sich vielleicht manche Aussage hätte sparen können. Ohne ihn wären die Bayern nicht so erfolgreich“, erklärte Dabestani weiter. Zum Streit mit Paul Breitner meinte der TSV-Trainer, dass man durchaus auch mal diese Bayern-Ikone hinterfragen müsse. „Breitner war ja nie so eng eingebunden – und offensichtlich hatten sich die beiden ja schon seit Längerem nichts mehr zu sagen. Da ist sicher was vorgefallen, von dem die Öffentlichkeit nichts weiß. Ich glaube, der FC Bayern kann gut ohne Paul Breitner“, erklärte Dabestani.
Eine Lanze für den Bayernpräsidenten bricht Mario Borrelli, der Abteilungsleiter des Kissinger SC. „Ich bin kein Bayern-Fan, aber der FC Bayern wäre ohne Uli Hoeneß nicht das, was er heute ist – was er für den Verein geleistet hat, verdient Respekt. Und was auf der Jahreshauptversammlung abgegangen ist, das war eine Respektlosigkeit, das hat ein Mann wie Hoeneß nicht verdient“, so Borrelli, seines Zeichens bekennender FCA-Fan. Der fand auch Paul Breitners Auftritt nicht optimal. „Der redet halt auch offen aus dem Herzen“, meinte er.
Die Kritik auf der Jahreshauptversammlung nachvollziehen kann Andreas Schaile, der Trainer des TSV Merching. „Ich hab mir die Wortmeldung dieses Bayernmitglieds angeschaut – ob alles so stimmt, kann ich nicht beurteilen. Allzu viele Fehler haben die Bayern-Oberen in den letzten Jahren ja nicht gemacht, aber eben ein paar. Man sieht ja, dass andere Vereine derzeit besser arbeiten. Man hat den Umbruch – sowohl in der Mannschaft als auch in der Führungsebene – verpasst. Man hätte rechtzeitig einen Nachfolger installieren müssen“, so Schaile. Allerdings gebe es seiner Ansicht nach Schlimmeres, als dass Bayern einmal nicht deutscher Meister wird. Und die „Causa Breitner?“„Da prallen zwei Sturköpfe aufeinander und verhalten sich wie kleine Kinder. Die sind alt genug und sollten sich zusammenraufen“, erklärte Schaile.
Zu keinem Statement durchringen wollte sich die Vorstandschaft der Red Champs, des Bayern-Fanclubs aus Rinnenthal. „Wir wollen dazu eigentlich nichts sagen, das Ganze wird viel zu sehr hochgekocht. Auch innerhalb unseres Vereins und innerhalb der ganzen Fangemeinschaft gibt es viele unterschiedliche Sichtweisen, deshalb können wir auch keine allgemeine Einschätzung aus Sicht des Clubs abgeben“, meinte Schriftführer Markus Lachenmayr.
Dafür hat Jürgen Schmid, der Trainer des TSV Dasing, eine eindeutige Meinung zur momentanen Situation bei den Bayern. „Die Kritik ist berechtigt und die Reaktion darauf ist eines Weltvereins nicht würdig“, so Schmid. Selbst bisherige Konstanten wie die Führungskräfte Hoeneß und Rummenigge würden derzeit Schwächen zeigen. „Die Pressekonferenz war unsäglich und die Vereinsführung hätte schon vor zwei Monaten durchgreifen und Niko Kovac den Rücken stärken müssen“, meinte Schmid. Zum Fall Breitner sagte er: „Breitner hat schon in der Vergangenheit öfter mal voll draufgehaut, jetzt muss man ihm in manchen Punkten recht geben. Das Ganze hätte man sicher souveräner lösen können – aber vielleicht ist alles ja auch hilfreich, um beim ein oder anderen ein Umdenken herbeizuführen.“