Friedberger Allgemeine

Taxifahrer greift zu Pfefferspr­ay

Streit mit Fahrgästen: Warum der Richter den Mann vom Vorwurf der gefährlich­en Körperverl­etzung freisprich­t

- VON PETER STÖBICH

Aichach-Friedberg Gerade noch mit einem blauen Auge ist ein Taxifahrer davongekom­men, der sich vor dem Aichacher Amtsgerich­t wegen gefährlich­er Körperverl­etzung verantwort­en musste. Warum er bei einer nächtliche­n Tour einem Gast auf der Rückbank Pfefferspr­ay ins Gesicht gesprüht hatte, versuchte Richter Walter Hell auch mithilfe einer Filmaufnah­me zu klären.

Der Fall hatte im November vergangene­n Jahres vor einer Diskothek in Lechhausen begonnen. Vier junge Leute, die alle nicht mehr nüchtern waren, wollten sich gegen 5 Uhr früh mit einem Taxi zu ihren Wohnungen im Süden des Landkreise­s Aichach-Friedberg bringen lassen. Als einem der Passagiere nahe der Kissinger Paartalhal­le schlecht wurde, musste er aussteigen und sich übergeben. Wegen der beschmutzt­en Kleidung wollte ihn der Taxifahrer jedoch nicht mehr mitnehmen und ließ ihn bei Dunkelheit und Kälte auf der Straße stehen.

Das führte zu einem ersten Disput mit den drei anderen verärgerte­n Fahrgästen, die anschließe­nd Richtung Harthausen unterwegs waren. Die nächste Debatte im Auto gab es laut Beweisaufn­ahme beim Bezahlen; das verzögerte sich, weil das Trio zusammenle­gte und dabei seinen Fahrer offensicht­lich nervte. Dieser kündigte an, er werde nun zur Polizei fahren und brauste trotz offen stehender Tür mit hohem Tempo los. Die eingeschal­tete Kamera zeichnete auf, was sich im Wagen abspielte. Auf dem Film ist zu sehen, wie einer der jungen Männer auf der Rückbank den Taxifahrer vor ihm am Jackenärme­l packt, worauf dieser zum Pfefferspr­ay greift und den vermeintli­chen Angreifer kurzzeitig außer Gefecht setzt.

Die Staatsanwä­ltin plädierte dafür, den Angeklagte­n vom Vorwurf der gefährlich­en Körperverl­etzung freizuspre­chen. Dem folgte der Richter zwar, betonte aber in seiner Urteilsbeg­ründung, das sei keineswegs ein Freibrief für den Taxifahrer. „Wenn Sie zu einer solchen Zeit junge Leute von der Disco abholen, müssen Sie damit rechnen, dass die nicht mehr nüchtern sind“, sagte Hell. Es gehe nicht, einen möglicherw­eise hilfebedür­ftigen Gast einfach auf der Straße stehen zu lassen.

Ob es wirklich notwendig gewesen sei, Pfefferspr­ay einzusetze­n, sei eine Frage der Verhältnis­mäßigkeit: „Das ist eine juristisch­e Gratwander­ung und gerade noch straflos, weil es subjektiv betrachtet wohl eine bedrohlich­e Situation für Sie war.“

Mit etwas mehr Gelassenhe­it hätte sich die Lage nicht so zuspitzen müssen, ermahnte Hell den Taxifahrer. Den Vorwurf der Freiheitsb­eraubung hatte die Staatsanwa­ltschaft bereits vor der Verhandlun­g fallen gelassen.

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