Taxifahrer greift zu Pfefferspray
Streit mit Fahrgästen: Warum der Richter den Mann vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freispricht
Aichach-Friedberg Gerade noch mit einem blauen Auge ist ein Taxifahrer davongekommen, der sich vor dem Aichacher Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten musste. Warum er bei einer nächtlichen Tour einem Gast auf der Rückbank Pfefferspray ins Gesicht gesprüht hatte, versuchte Richter Walter Hell auch mithilfe einer Filmaufnahme zu klären.
Der Fall hatte im November vergangenen Jahres vor einer Diskothek in Lechhausen begonnen. Vier junge Leute, die alle nicht mehr nüchtern waren, wollten sich gegen 5 Uhr früh mit einem Taxi zu ihren Wohnungen im Süden des Landkreises Aichach-Friedberg bringen lassen. Als einem der Passagiere nahe der Kissinger Paartalhalle schlecht wurde, musste er aussteigen und sich übergeben. Wegen der beschmutzten Kleidung wollte ihn der Taxifahrer jedoch nicht mehr mitnehmen und ließ ihn bei Dunkelheit und Kälte auf der Straße stehen.
Das führte zu einem ersten Disput mit den drei anderen verärgerten Fahrgästen, die anschließend Richtung Harthausen unterwegs waren. Die nächste Debatte im Auto gab es laut Beweisaufnahme beim Bezahlen; das verzögerte sich, weil das Trio zusammenlegte und dabei seinen Fahrer offensichtlich nervte. Dieser kündigte an, er werde nun zur Polizei fahren und brauste trotz offen stehender Tür mit hohem Tempo los. Die eingeschaltete Kamera zeichnete auf, was sich im Wagen abspielte. Auf dem Film ist zu sehen, wie einer der jungen Männer auf der Rückbank den Taxifahrer vor ihm am Jackenärmel packt, worauf dieser zum Pfefferspray greift und den vermeintlichen Angreifer kurzzeitig außer Gefecht setzt.
Die Staatsanwältin plädierte dafür, den Angeklagten vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freizusprechen. Dem folgte der Richter zwar, betonte aber in seiner Urteilsbegründung, das sei keineswegs ein Freibrief für den Taxifahrer. „Wenn Sie zu einer solchen Zeit junge Leute von der Disco abholen, müssen Sie damit rechnen, dass die nicht mehr nüchtern sind“, sagte Hell. Es gehe nicht, einen möglicherweise hilfebedürftigen Gast einfach auf der Straße stehen zu lassen.
Ob es wirklich notwendig gewesen sei, Pfefferspray einzusetzen, sei eine Frage der Verhältnismäßigkeit: „Das ist eine juristische Gratwanderung und gerade noch straflos, weil es subjektiv betrachtet wohl eine bedrohliche Situation für Sie war.“
Mit etwas mehr Gelassenheit hätte sich die Lage nicht so zuspitzen müssen, ermahnte Hell den Taxifahrer. Den Vorwurf der Freiheitsberaubung hatte die Staatsanwaltschaft bereits vor der Verhandlung fallen gelassen.