Strohmayr gibt Stadtratsmandat ab – und hat Stress
Die SPD-Landtagsabgeordnete begründet ihren Rückzug in Stadtbergen mit Überlastung. Ein Konflikt mit ihrem Parteifreund soll nicht der Grund sein. Dabei geht es um Zweitstimmenwilderei
Stadtbergen/Aichach-Friedberg Viele Termine, die zeitliche Belastung und die Arbeit im Landtag haben die SPD-Abgeordnete Simone Strohmayr zu dieser Entscheidung geführt: Sie zieht sich aus dem Stadtrat Stadtbergen (Kreis Augsburg) zurück und legt ihr Mandat zum Ende des Jahres nieder. Das gab Geschäftsleiter Holger Klug in der Stadtratssitzung bekannt: „Es handelt sich um einen rein formellen Vorgang und es ist keine Rechtfertigung erforderlich.“
Trotzdem habe Simone Strohmayr ihre Beweggründe genannt: Die Belastung im Landtag habe sie zu diesem Schritt bewegt. Das bestätigte sie auch im Gespräch mit unserer Redaktion: „Als stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende habe ich jetzt so viele Termine, dass ich meinen Aufgaben im Stadtrat nicht mehr nachkommen kann. Das kann ich nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren.“Strohmayr ist seit 15 Jahren im Landtag und bei allen vier Wahlgängen als Direktkandidatin im Wittelsbacher Land angetreten. Trotz der großen Verluste der SPD hat sie im Oktober wieder den Einzug ins Maximilianeum geschafft – über die Liste. Neben Simone Strohmayr (sie ist dazu noch Kreisrätin im Augsburger Land) sitzt im Stadtrat Stadtbergen eine weitere Landtagsabgeordnete: Carolina Trautner von der CSU. Sie ist jetzt Staatssekretärin im Familienministerium.
Auch Herbert Woerlein nahm an der Sitzung teil. Bis 2018 war er fünf Jahre als SPD-Landtagsabgeordneter in München; nach wie vor übt er sein Stadtratsmandat aus. Zwischen ihm und Simone Strohmayr gab es im Wahlkampf eine Auseinandersetzung über das Plakatieren und Verteilen von Flyern. Dieser Konflikt soll angeblich auch ein Grund für den Rücktritt von Simone Strohmayr sein. Als Auslöser gilt ein Facebook-Post von Woerlein, der unserer Redaktion vorliegt. Darin heißt es: „Fassungslos bin ich über die Wahl von Simone Strohmayr, die sich im schwäbischen Wahlkampf durch ihr rücksichtsloses Verhalten (umfangreiches Plakatieren und flächendeckende Verteilung ihres Flyers in mehreren anderen Stimmkreisen, um sich Zweitstimmen zu sichern) völlig disqualifiziert hat. Dadurch hat sie alle anderen schwäbischen SPD-Kandidatinnen und Kandidaten benachteiligt. Heute wurde sie für ihr unsolidarisches Verhalten auch noch belohnt.“
Strohmayr hat in der Tat viele Zweitstimmen besonders in der Region, aber auch in ganz Schwaben geholt. Ohne diese hätte sie aber keine Chance, ihr Mandat zu verteidigen. Strohmayr bestreitet jedoch, dass dies ein Grund ist, den Stadtratssitz in Stadtbergen niederzulegen: „Dieser Konflikt war nicht maßgeblich für meine Entscheidung. Ich bin seit vielen Jahren in der Politik, da gerät man eben manchmal aneinander.“Zwar finde sie es schade, so einen Konflikt öffentlich über Facebook und nicht persönlich auszutragen. „Aber es ist nur ein Kollege von vielen im Stadtrat. Und ich habe die Arbeit immer gerne gemacht.“Zu dem Konflikt selbst wollte sich Simone Strohmayr nicht äußern.
Auch Herbert Woerlein bestätigte auf Nachfrage: „Von diesem Gerücht habe ich auch gehört. Aber da ist nichts dran.“Er halte es für glaubwürdig, dass Strohmayr ihr Stadtratsmandat aus zeitlichen Gründen niederlegt. „Zwischen uns gibt es auch kein Zerwürfnis. Das ist eben Wahlkampf; der Erfolg hat ihr Recht gegeben.“Auch für den Facebook-Post hat Herbert Woerlein eine Erklärung: „Das war einer meiner Mitarbeiter. Mir war die Aussage aber zu heftig, ich habe ihn wieder rausgenommen. Das sah so aus, als wäre ich ein schlechter Verlierer – und das stimmt nicht.“
Übrigens gab es zum gleichen Thema, nämlich „Zweitstimmenwilderei“im Augsburger Land, beim Landtagswahlkampf vor 15 Jahren Kritik von Parteigenossen an Strohmayr, insbesondere von Harald Güller. Der war seit 1994 Abgeordneter, damals schon Parlamentarischer Geschäftsführer und als Vorsitzender des Schreiber-Untersuchungsausschusses ein bekanntes Gesicht der SPD. Doch Güller verlor 2003 völlig überraschend sein Mandat – weil die SPD damals auch schon bei der Stoiber-Erdrutschwahl vergleichsweise schlecht abschnitt und weil Strohmayr mit vielen
„Ich bin seit vielen Jahren in der Politik, da gerät man eben mal aneinander.“SPD-Abgeordnete Simone Strohmayr
„Zwischen uns gibt es kein Zerwürfnis. Das ist eben Wahlkampf.“Ex-Abgeordneter Herbert Woerlein
Zweitstimmen aus dem Kreis Augsburg an Güller vorbeizog. Dass der Juristin damals von Kollegen sogar ein Parteiausschlussverfahren angedroht worden sei, wie bei der politischen Konkurrenz genüsslich kolportiert wurde, wollte aber nie jemand bestätigen. Güller zog dann 2008 wieder ins Parlament ein und wurde jetzt auch im Oktober wieder gewählt, als einer von zwei SPDAbgeordneten in ganz Schwaben – er und eben Simone Strohmayr.