Dieser Wirt braucht eine zweite Küche
Vor elf Jahren bauten die Ufertingers neben die Wallfahrtskirche St. Afra ihren Brauereigasthof samt Hotel. Nun benötigen sie mehr Platz. Allerdings nicht für das Restaurant
Friedberg-St. Afra Manche, die ihn kennen, würden ihn als ein bisschen verrückt beschreiben, erzählt Andreas Ufertinger – nicht ohne Stolz. Etwas wagen, einfach mal machen, das habe ihn bisher in seinem Leben auch nach vorne gebracht, so der Unternehmer. Vor 14 Jahren entschieden Ufertinger und seine Frau Daniela, nicht mehr nur Gäste zu bewirten, sondern mittags Kindergärten mit Speisen zu versorgen. Inzwischen liefern die Wirtsleute 1800 Essen täglich aus. Vergangenes Jahr übernahmen sie mit der Kulturküche einen Augsburger Caterer. Weil das Geschäft wächst und wächst, möchten die Ufertingers in Friedberg-St. Afra nun anbauen. Dass sie noch einmal groß investieren, hat aber noch einen anderen Grund.
Wie auch schon damals, als die Wirtsleute ins Catering-Geschäft einstiegen, ist gewissermaßen eine Person verantwortlich: der Sohn des Ehepaares. Als der Bub vor gut 14 Jahren in den Kindergarten kam, war Ganztagsbetreuung noch eine Ausnahme. Mittags habe es nichts Gescheites zu essen gegeben, berichtet Andreas Ufertinger. Damals waren die Wirtsleute Pächter von drei Friedberger Gasthäusern. Zusätzlich lieferten sie aber fortan noch rund 500 Essen an Kindergärten in Friedberg und Augsburg samt Umland aus.
Als dann die Pachtverträge ausliefen, entschieden die Ufertingers, selbst zu bauen. „Wir wussten, dass das Geschäft weiter wächst“, berichtet der Wirt. Dafür wäre in der Friedberger Innenstadt kein Platz gewesen. Direkt neben der Wallfahrtskirche St. Afra im Felde fanden sie eine passende Stelle. Damals schaffte die Stadt einen maßgeschneiderten Bebauungsplan mit zahlreichen Vorgaben für das sensible Areal: Das Gebäude wurde in Holzbauweise errichtet, die Dachneigung passt zu der des historischen Nachbargebäudes.
Im Mai 2017 übernahm Ufertin- ger die insolvente Kulturküche in Augsburg: einen Schul- und Kindergartencaterer mit rund 25 Mitarbeitern. Damit verdoppelte sich die Unternehmensgröße in Sachen Personal von heute auf morgen. Die Kulturküche ist ein 2007 von einem Privatmann gegründetes Projekt: Dort arbeiten vornehmlich Menschen mit Migrationshintergrund und Asylbewerber. Noch befindet sich der Betrieb in der Augsburger Morellstraße, nahe dem Kongresszentrum. Weil die Küche dort zu klein geworden ist, möchte Ufertinger sie nun nach St. Afra holen.
Der zweite Grund für die Expansion führt zurück zum inzwischen 17-jährigen Sohn der Wirtsleute: Im September hat Julian Ufertinger seine Ausbildung zum Hotelfachmann in München begonnen. Es sei schwierig, Kinder, die in einem Betrieb großgeworden sind, davon zu überzeugen, ihn zu übernehmen, sagt der Unternehmer. „Man muss warten, bis die Kinder das wirklich von selbst wollen.“Und Julian Ufertinger will: Bei der Planung des Neubaus war er mitbeteiligt. Zum Gespräch mit Baureferent Carlo Haupt war der 17-Jährige auch dabei. Mit eigenen Ideen: Dass in dem neuen Gebäude nun auch einige Apartments für Mitarbeiter entstehen sollen, schlug Julian Ufertinger vor.
Das neue Haus soll westlich neben dem Brauereigasthof entstehen – östlich befindet sich die Wallfahrtskirche. Dazu muss der Stadtrat auf dem Grundstück zunächst Baurecht schaffen. Baureferent Carlo Haupt hat sich die Entwürfe angesehen und findet das Konzept gestalterisch passend: Der Neubau soll dem Gasthof ähnlichsehen und wird auch in Holzbauweise realisiert. Noch ein paar Änderungen am Plan seien notwendig, sagt Haupt. Wenn die eingearbeitet seien, könne der Stadtrat Anfang des Jahres über den Bebauungsplan entscheiden.
Das Herzstück des neuen Hauses bildet die neue Großküche von rund 200 Quadratmetern. Dort können Andreas Ufertinger zufolge bis zu 3000 Essen zubereitet werden. Also noch einmal gut 1000 mehr als momentan. Leidet da nicht irgendwann die Qualität?
Nein, sagt der Unternehmer. Ob man nun zehn oder 2000 Portionen Chili con Carne koche, sei nicht entscheidend. Wichtig sei vielmehr die Logistik. Dass die Essen also in appetitlichem Zustand in den Einrichtungen ankämen. Und dafür habe er in St. Afra die perfekten Voraussetzungen: Dank der Nähe zu B2, B 300 und Autobahn können die Transporter Schulen und Kindergärten in der gesamten Region schnell erreichen. Im Übrigen würde sich ein Catering-Betrieb erst ab einer bestimmten Größe richtig lohnen, sagt der Wirt. Weil das Unternehmen von der EU zertifiziert ist, muss es zahlreichen Auflagen erfüllen. So habe er eine Mitarbeiterin, die sich ausschließlich darum kümmere, dass der Betrieb sämtliche Qualitätskriterien einhalte, berichtet Ufertinger.