Mittendrin beim Handball
In vielen Jahren als Spieler, Trainer und Schiedsrichter hat Manfred Szierbeck einiges erlebt. Der 53-Jährige erklärt, warum Frauenteams anders gecoacht werden müssen als die Männer
Aichach Ein Buch mit vielen Seiten könnte man locker füllen, wenn Manfred Szierbeck aus seinem Leben als Handballer erzählt. 54 Jahre alt wird er in Kürze. Als Spieler, Trainer und Schiedsrichter hat der Aichacher jede Menge erlebt – und noch einige Ziele vor Augen.
Selber am Ball war er noch bis zum Jahr 2010, da zählte er bereits 45 Lenze. Eine Mannschaft der Alten Herren sei in seinem Verein leider nicht mehr aktiv, sagt er. Seinerzeit fiel ihm ein „120-Kilo-Brocken“auf einen Fuß, das Ergebnis war ein Kreuzbandriss. Mitspielen würde Szierbeck nach wie vor nicht ungern, doch ein Arzt hat ihn vor die Wahl gestellt: Handball oder künstliches Kniegelenk. Die Entscheidung fiel im Sinne der Gesundheit: „Der Kopf sagt ja, aber das Knie sagt absolut nein.“Erst mit 15 Jahren begann er mit dem Handball, sein jüngerer Bruder Werner hatte ihn dazu animiert. „Ich bin relativ klein, habe das aber mit Willen kompensiert“, meint Szierbeck zu seiner aktiven Laufbahn. Als Rechtsaußen und als Kreisläufer brachte er es immerhin zu einigen Einsätzen in der Bayernliga: „Ich war eher als Abwehrspezialist gefragt. Und nicht so sehr als der große Techniker in der Offensive.“
Als Trainer tätig ist Manfred Szierbeck, in Oberbernbach daheim, nun bereits seit knapp 30 Jahren. Los ging’s bei der weiblichen C-Jugend des TSV Aichach, dort hatte er auch Tini Wonnenberg unter seinen Fittichen, die nach wie vor bei den Frauen spielt. Das bemerkenswerte an seiner Trainerlaufbahn: Er war stets für Frauenteams zuständig – erst im Sommer 2017 übernahm er die Herren des TSV Aichach. Beim TSV Haunstetten war er sogar in der 3. Liga aktiv. Szierbeck kann einen Vergleich anstellen über die Arbeit mit Frauen und Männern. Es liegt nicht allein am Tempo, an Kraft und am Spielverständnis: „Das Zwischenmenschliche ist der größte Unterschied. Mit Gestik, Mimik und auch verbal muss man mit den Frauen anders umgehen. Sie sind feinfühliger als Männer und sie hinterfragen viel.“Eine kleine Wunde hat sein Trainerdasein bei seinem Heimatverein hinterlassen, als es wegen zwei Punkten nicht zum Aufstieg in die Bayernliga klappte. „Das war mein größer Traum“, sagt er.
Auch der Schiedsrichter Manfred Szierbeck weiß jede Menge zu erzählen. Seit über 25 Jahren trifft er Entscheidungen. Bei den Erwachsenen leitet er gemeinsam mit Ehefrau Stephanie Partien bis zur Bezirksoberliga, in der Jugend bis zur Bayernliga. Ambitionen in höhere Regionen wären mit einem großen Aufwand verbunden gewesen. Der Unparteiische Szierbeck kann viel lernen. „Als Schiedsrichter kriegt man mehr mit, weil man auf dem Feld steht.“Ein Dutzend Mal pro Saison stehen die Szierbecks als Unparteiische auf dem Parkett und tragen so dazu bei, dass der TSV Aich-
ach sein Soll erfüllt und keine Strafen entrichten muss.
Als Trainer steht seine Frau als Abteilungsleiterin gewissermaßen über ihm. Aus dieser Konstellation ergibt sich aber keine Kollision. „Wir reden schon über Handball“, sagt der Männercoach. „Aber wir versuchen, den Alltag nicht damit zu überschwemmen.“Außerdem heißt seine Ansprechpartnerin in erster Linie Tini Wonnenberg, die andere Abteilungsleiterin, die bei Bedarf Wolfgang Sumperl beizieht. So war es etwa kurz vor Weihnachten, als die Aichacher Handballer nach sieben Niederlagen in Folge in den Keller stürzten. Der monatelange Ausfall von Konstantin Schön
hinterließ seine Spuren. Manfred Szierbeck hatte solch prekäre Situationen auch früher schon erlebt: „Du möchtest handeln, aber du kannst nicht. Da zeigt sich, ob die Mannschaft Charakter hat, ob die Abteilung Charakter hat und versucht, das zu stemmen.“In Aichach war das der Fall. Jetzt läuft es wieder. Zwei Kantersiege hat die Mannschaft zuletzt eingefahren.
Zwei Söhne haben die Szierbecks, Benedikt steht bei den Herren II zwischen den Pfosten und Florian kickt in Klingen in der zweiten Mannschaft.
Ganz wesentlich geprägt ist das Leben von Manfred Szierbeck durch seine berufliche Tätigkeit. Der gelernte Buch- und Offsetdrucker nennt sich heute Medientechnologe und arbeitet als Maschinenführer im Medienzentrum Augsburg. Das heißt: Er druckt beispielsweise auch die Friedberger Allgemeine. Seine Arbeit verrichtet er in erster Linie spät in der Nacht, eine Schicht kann sich bis vier Uhr am Morgen hinziehen. „Ist kein Zuckerschlecken“, sagt er. Dafür hat er frei, wenn andere ihren Dienst verrichten. Mit großer Akribie bereitet er sein Team auf die Spiele vor, Videostudium vom nächsten Gegner gehört zum Standard. Von April bis Juni pausiert der Handballer, dann hat er Zeit, um mit dem Motorrad in den Urlaub abzudüsen.
Auf Dauer will er sich nicht mit der Bezirksoberliga begnügen, im Laufe der nächsten Jahre möchte er mit Aichach ans Tor zur Landesliga anklopfen: „Dazu muss das Personal zusammenbleiben.“
Für sich selber hat er auch noch einen Wunsch, der aber wohl nicht zur Wirklichkeit werden wird: „Ich habe die Trainer-B-Lizenz.“Damit könnte er in der 2. Bundesliga arbeiten. Den Lehrgang hat er mit seinem Vorgänger Hartmut Mayerhoffer gemacht: „Es war eine sehr gute Erfahrung.“Den A-Schein zu machen, das würde ihn reizen: „Es ist eine Herausforderung, den Kurs zu bestehen. Das wäre eine feine Sache.“