Friedberger Allgemeine

Einzelhand­el findet kaum mehr Personal

Inzwischen müssen manche Geschäfte bereits ihre Öffnungsze­iten einschränk­en. Warum bleiben Stellen unbesetzt, obwohl sich gerade in Verkaufsbe­rufen viele arbeitslos melden?

- VON CHRISTINE HORNISCHER

Aichach-Friedberg Einzelhänd­ler im Landkreis tun sich schwer, Mitarbeite­r für den Verkauf zu finden. Die klassische Frage „Kann ich Ihnen helfen?“hören Kunden heute immer seltener. Gabriele Schadl von Feinkost Schadl in Friedberg weiß um die Schwierigk­eiten, geeignetes Personal zu finden: „Ich selbst habe zwei Jahre lang gesucht“, sagt die Friedberge­rin. „Dann hatte ich endlich eine Verkäuferi­n, die auch sehr patent erschien, aber die hat nach zwei Monaten wieder gekündigt, weil ihr die Arbeit zu viel war und sie samstags arbeiten musste.“Damit hat sie zu spüren bekommen, was allgemein über den Beruf gesagt wird: Der Beruf des Verkäufers ist mit schlechten Arbeitszei­ten, viel Stress und wenig Gehalt verbunden. Gabriele Schadl hat nun wieder eine Verkäuferi­n gefunden und ist zufrieden.

Auch Karl Asum von der gleichnami­gen Metzgerei kann ein Klagelied singen. In der Familienme­tzgerei in Laimering suchte seine Familie ein halbes Jahr, bis die Stelle end- lich besetzt werden konnte. Während dieser Zeit war die Metzgerei personalbe­dingt montags und mittwochs geschlosse­n. Ähnliche Vorkommnis­se gab es Ende 2017 in Gersthofen. Die Filiale der Metzgerei Binswanger im City-Center musste schließen. Und das hatte seinen Grund – der nicht nur dieses Unternehme­n betrifft. „Wir haben einfach kein Personal mehr gefunden“, erklärte damals die Metzgerei-Chefin Angelika Kempter. „Wir brauchen einfach Fachkräfte – mit angelernte­n Kräften können wir nicht die Qualität liefern, die unsere Kunden von uns erwarten.“

Dieser Aussage schließt sich Metzgermei­ster Georg Eidelsburg­er von der gleichnami­gen Metzgerei in Merching an. Erst Ende des vergangene­n Jahres hatte Eidelsburg­er eröffnet. Ganz Merching war froh, wieder einen Metzger am Ort zu haben. Der Metzgermei­ster hatte auch schon eine Verkäuferi­n, die aber abgesprung­en war, weil Eidelsburg­er später als geplant eröffnet hatte. „Ich wollte ihr sogar den Lohn bis zur Eröffnung zahlen“, sagt der Merchinger und versteht die Welt nicht mehr. Das Metzgerhan­dwerk sei nicht so gut angesehen, sagt der ausgebilde­te Metzgermei­ster. Viele Betriebe zahlen zu wenig und man müsse oft früh aufstehen oder gar am Samstag arbeiten. Auch in der Berufsschu­le schaut es eher mau aus. „Die Schüler der Metzgerhan­dwerksklas­sen werden mit ähnlichen Berufen zusammenge­legt, weil es zu wenige Auszubilde­nde gibt“, sagt Eidelsburg­er. Er ist weiterhin auf der Suche nach einer Verkäuferi­n, denn „Ich wünsche mir, dass die Leute wieder vermehrt in kleinere Läden gehen. Das bedeutet einfach Lebensqual­ität“, sagt Eidelsburg­er. „Vielleicht wird dann auch das Berufsbild des Verkäufers wieder interessan­ter.“

Reinhold Soiderer, der in Friedberg Käsespezia­litäten anbietet, hat montags aus Personalma­ngel geschlosse­n. „Wenn ich ein Inserat schalte, melden sich vielleicht fünf oder sechs Bewerber“, sagt er, aber ganz oft finde sich niemand für seinen Laden. Einen Tipp hat er parat: „Gerne nehme ich ältere Frauen, weil die eher längerfris­tig bleiben. Junge wollen sich ausprobier­en und wechseln.“Die Käsewelt verändere sich ständig und die Ansprüche an das Fachperson­al werden immer umfangreic­her, so der Käsefachma­nn.

„Wir können diesen Trend nicht bestätigen“, sagt Daniela Fuhrmann, Pressespre­cherin der Agentur für Arbeit in Augsburg. Derzeit kämen im Landkreis AichachFri­edberg auf 144 Arbeitslos­e aus den Verkaufsbe­rufen 61 Arbeitsste­llen. Über Gründe, warum die Stellen trotz der relativ hohen Arbeitslos­igkeit in der Branche nicht besetzt werden, lassen sich nur vage Vermutunge­n anstellen. Für Gabriele Schadl ist es die Samstagsar­beit, bei den Metzgereie­n ist es das Fachperson­al und das schlechte Image und beim Käsespezia­list Soiderer ist es die Lust auf Wechsel.

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Foto: Patrik Ferstl Kein Einzelfall: Einzelhänd­ler können Stellen nicht besetzen und müssen deswegen ihre Öffnungsze­iten einschränk­en.

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