Friedberger Allgemeine

Wenn’s im Kirschbaum still bleibt

Die Veränderun­gen in der Natur spüren auch die Gartenfreu­nde im Wittelsbac­her Land. Bei einer Tagung machen sie sich Gedanken über ihren Beitrag zum Insektensc­hutz

- VON GERLINDE DREXLER

Aichach-Ecknach Das Thema hat die Bevölkerun­g gespalten, es hat aber auch wachgerütt­elt: Die Rede ist vom Volksbegeh­ren zum Schutz der Artenvielf­alt. Mehr als 21 Prozent der Bürger im Landkreis AichachFri­edberg haben sich dafür eingetrage­n (wir berichtete­n). Politiker und Vertreter des Aktionsbün­dnisses des Freistaats werden sich nun am Runden Tisch treffen. Und auch im Wittelsbac­her Land wird weiter diskutiert. Wir sprachen mit Mitglieder­n von Gartenbauv­ereinen, die sich am Samstag im Gasthaus Gutmann in Ecknach zu einem vom Kreisverba­nd der Gartler organisier­ten Weiterbild­ungssemina­r des Landesverb­andes getroffen hatten.

Für Els Gayer, Vorsitzend­e des Gartenbauv­ereins Schiltberg, ist das Volksbegeh­ren ein „sehr zwiespälti­ges Thema“. In ihrem Garten steht ein riesiger Kirschbaum, in dem es normalerwe­ise während der Blütezeit nur so summt. Im vergangene­n Jahr sei das anders gewesen, erzählt Gayer. „Es muss etwas gegen das Insektenst­erben getan werden“, ist ihre Überzeugun­g. Ihrer Meinung nach muss jedoch eine Lösung gefunden werden, bei der „nicht nur die Bauern, sondern auch die Bürger selber“etwas beitragen. Sie nennt Beispiele: Steingärte­n mit Stauden anreichern oder Rasenmähro­boter nicht Tag und Nacht laufen lassen. „Vor allem junge Leute wollen wenig Arbeit mit dem Garten haben“, ist Els Gayers Erfahrung. Steine und Gräser würden bei der Gestaltung des Gartens deshalb bevorzugt werden.

Den Slogan zum Volksbegeh­ren – „Rettet die Bienen“, fand Gayer „total daneben“. Weil es ja um viel mehr als nur um die Bienen ging. „Das haben bestimmt einige Leute falsch verstanden“, kann sie sich vorstellen. Gut findet die Schiltberg­er Vereinsvor­sitzende aber, dass jetzt nicht nur die Mitglieder des Aktionsbün­dnisses aktiv sind, sondern „auch die anderen Parteien in Gang kommen“.

Wilfried Gilch, Vorsitzend­er des Gartenbauv­ereins Kissing, hat sich wegen des Volksbegeh­rens extra „mit einem Forstmensc­hen“unterhalte­n und ihn nach seiner Meinung gefragt: „Er ist gegen den Inhalt, aber dafür, dass etwas geschieht, und hat deshalb unterschri­eben.“Gilch selbst hat nicht unterschri­eben. „Weil mir die Landwirtsc­haft zu wenig zum Zug gekommen ist.“

Dass sich beim Volksbegeh­ren so viele beteiligt haben, findet der Kissinger trotzdem gut: „Weil von der Regierung selbst jetzt ein Vorschlag kommen muss.“Er sei dafür, dass etwas geschieht, betont Gilch. Der Inhalt des Volksbegeh­rens ist seiner Meinung nach „überarbeit­ungsbedürf­tig“. Der Kissinger hält es für wichtig, dass Landkreis und Kommunen einen Beitrag leisten und zum Beispiel Grünfläche­n innerhalb ihrer Gemeinden schaffen. „Sie sollten eine Vorbildfun­ktion übernehmen“, findet er.

Petra Schuster, Zweite Vorsitzend­e im Gartenbauv­erein Sielenbach, ist froh, dass das Volksbegeh­ren durchgegan­gen ist: „Der Mensch macht nichts auf freiwillig­er Basis.“Sie überlegt, ob der Gartenbauv­erein verstärkt Vorträge zu Themen wie das Bepflanzen von Balkonen anbieten soll. Brigitte Geiling vom Sielenbach­er Gartenvere­in findet, dass auch Kompromiss­e möglich sind. Sie möchte einen Mähroboter anschaffen, einen Teil des Gartens aber wild wachsen lassen.

Die Beratung, wie ein naturnaher Garten gestaltet werden kann, ist eines der Angebote der Kreisfachb­eratung am Landratsam­t. Allerdings müssten die Bürger schon mit einer konkreten Vorstellun­g zur Beratungss­telle kommen, sagt Manuela Riepold, Kreisfachb­eraterin. Sie findet es gut, dass durch das Volksbegeh­ren die „Leute wach geworden sind“. Für das Allerwicht­igste hält sie aber, dass nicht jeder nur nach dem Staat schreit, sondern auch Eigenveran­twortung übernimmt. „Wir bieten eine Plattform zum Austausch, aber tun muss man es selber“, stellt Riepold fest.

 ?? Symbolfoto: Jörg Schölllenb­ruch ?? Jetzt im Frühjahr steht bei den Gartenlieb­habern der Schnitt von Obstbäumen an, damit die Bienen reiche Blütenprac­ht vorfinden.
Symbolfoto: Jörg Schölllenb­ruch Jetzt im Frühjahr steht bei den Gartenlieb­habern der Schnitt von Obstbäumen an, damit die Bienen reiche Blütenprac­ht vorfinden.

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