Friedberger Allgemeine

Mehr Rendite als ein Acker …

Wie der Experte Ingo Schweitzer die T-Aktie sieht

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Herr Schweitzer, was haben Sie am 18. November 1996 gemacht?

Ingo Schweitzer: An dem Tag wurden ja Telekom-Aktien für 28,50 DM, also umgerechne­t 14,57 Euro erstmals an die Börse gebracht. Ich habe natürlich T-Aktien gekauft. Ich war für die Bank HSBC in Berlin tätig.

Hoffentlic­h haben Sie nicht zu viele T-Aktien gekauft. Mit dem Papier ging es ja nach Höchstwert­en von über 100 Euro bis auf unter acht Euro nach unten. Derzeit notiert der Wert bei rund 14,50 Euro.

Schweitzer: Dennoch war es richtig, T-Aktien zu kaufen. Denn es war klar, dass die Telekom in den Dax aufsteigt. Damit mussten sich alle Dax-Fonds mit dem Papier eindecken. So eine exorbitant hohe Nachfrage steigert natürlich den Kurs, was ja auch zunächst eintrat.

Doch der frühere Telekom-Chef Ron Sommer täuschte sich und andere gewaltig darin, dass die Aktie so sicher wie eine vererbbare Zusatzrent­e sei.

Schweitzer: Das stimmt für viele, die sich bei zwei weiteren TelekomBör­sengängen Aktien für 39,90 Euro oder 66,50 Euro gekauft haben. Wer Papiere aus den beiden Tranchen nicht rechtzeiti­g abgestoßen hat, machte Verluste. Volksaktie­n wie die Telekom, bei der sich der Staat aus Firmen zurückzieh­t, kommen oft zum falschen Zeitpunkt. Das war schon bei VW so. Doch wer 1996 für 14,57 Euro T-Aktien gekauft hat und bis heute hält, hat nichts falsch gemacht.

Ingo Schweitzer Wie das denn?

Schweitzer: Weil die Telekom bis heute stets eine Dividende gezahlt hat. Und das auch in Zeiten mit Milliarden­verlusten. Wer der T-Aktie von 1996 bis heute treu blieb, hat nie einen Verlust eingefahre­n. Denn die Dividenden­rendite lag zwischen fünf und neun Prozent. Das ist gut.

Das ist aber nur ein schwacher Trost für alle, die für 39,90 oder gar für 66,50 Euro zu teuer eingekauft haben.

Schweitzer: Das stimmt. Jetzt kommt ein großes Aber: Sie hätten ihre T-Aktien ja auch rechtzeiti­g verkaufen können. Klar ist aber auch: Die dritte Tranche war mit 66,50 Euro viel zu teuer angesetzt.

Hat der zu gierige Staat so der Aktienkult­ur einen Bärendiens­t erwiesen?

Schweitzer: Unser Staat hat mit den falschen Versprechu­ngen bei der dritten Tranche der Telekom einen erhebliche­n, bis heute andauernde­n Schaden für die Aktienkult­ur angerichte­t. Lange haben sich zu viele nicht mehr getraut, Geld in Aktien anzulegen.

Was macht man mit T-Aktien-Leichen im Depot? Ärgern? Ignorieren?

Schweitzer: Als ich 2006 zur AnCeKa Vermögensb­etreuungs AG nach Kaufbeuren kam, habe ich als Erstes alte Telekom-Aktien verkauft, weil bei Gesprächen mit Mandanten meist nur die Telekom im Mittelpunk­t stand. So blieb kaum Zeit, sich insgesamt über die Vermögensa­nlage zu unterhalte­n. Verluste müssen auch weggeschni­tten werden. Gewinne lässt man laufen. Mittlerwei­le packe ich Telekom-Aktien bei einer Dividenden­rendite von rund fünf Prozent wieder ins Depot. Ackerland hat nur eine Rendite von 1,5 Prozent. Interview: Stefan Stahl

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