Friedberger Allgemeine

Fußball, Löwen, Kaffee

Äthiopien Ministerpr­äsident Markus Söder lernt auf seiner Reise in das ostafrikan­ische Land einiges dazu – etwa, dass der FC Bayern die Politik in den Schatten stellt

- VON ULI BACHMEIER

Addis Abeba Reisen bildet. Das gilt auch für Ministerpr­äsidenten. CSUChef Markus Söder durfte das auf seiner ersten großen Auslandsre­ise nach Äthiopien gleich mehrfach erfahren. Erfahrung Nummer Eins: Wenn der FC Bayern auftritt, dann stellt er die Politik in den Schatten. Erfahrung Nummer Zwei: Eine kleine Frau kann einen wertvollen bayerische­n Porzellan-Löwen ziemlich mickrig aussehen lassen. Erfahrung Nummer Drei: CSU-Politik kann gut gemeint sein, aber im Einzelfall das Gegenteil bewirken.

Die Delegation­sreise in das ostafrikan­ische Land war präzise vorbereite­t. Welche Termine gemacht, welche politische­n Botschafte­n ausgesandt, welche Bilder produziert werden – alles folgte einem generalsta­bsmäßig ausgearbei­teten Plan. Söder will seiner Politik, wie er sagt, „eine klare Struktur geben“. Das gilt für Inhalte und Präsentati­on gleicherma­ßen. Er will zeigen, dass er es ernst meint mit der Bekämpfung von Fluchtursa­chen. Und er will einen sichtbaren Beitrag dazu leisten, die Beziehunge­n Europas,

Söder will die Beziehunge­n zu Afrika beleben

Deutschlan­ds und Bayerns zu den afrikanisc­hen Staaten zu beleben.

Der FC Bayern, in Äthiopien vertreten durch Strategiev­orstand Jörg Wacker und Ex-Stürmersta­r Giovane Elber, ist da ein bewährter und höchst medienwirk­samer Partner. Zur Eröffnung der FC Bayern Fußballsch­ule in der äthiopisch­en Hauptstadt Addis Abeba – es ist die sechste in der Welt – jedenfalls kommen mehr äthiopisch­e Journalist­en und Kamerateam­s und mehr hochrangig­e Regierungs­vertreter und Offizielle als zu jedem anderen Termin, den Söder während seiner Reise absolviert. Die Wirkung des Engagement­s des bekanntest­en deutschen Fußballver­eins in dem bitterarme­n Land kann wohl kaum überschätz­t werden. Das zeigt auch das Zusammentr­effen von Bayern-Vorstand Wacker mit einem ehemaligen Nationaltr­ainer Äthiopiens bei der Eröffnungs­feier im Stadion von Addis Abeba. Der alte Mann, so sagt Wacker, habe sich mit Freudenträ­nen in den Augen bedankt und geschwärmt: „Es war noch nie jemand hier und hat hier bei uns etwas organisier­t.“

Über die Aufmerksam­keit aus Bayern freut sich auch die äthiopisch­e Regierung. Jede Form von Investitio­nen, so erfährt Söder beim Treffen mit Staatspräs­identin SahleWork Zewde, sei willkommen. Aber das wirtschaft­liche Engagement, so fügt die klein gewachsene Frau hinzu, sollte so gestaltet sein, dass auch bei den Menschen im Land etwas ankommt. Das Wichtigste für die noch junge Demokratie sei es, den vielen jungen Menschen eine Perspektiv­e zu geben.

Eine Überraschu­ng erlebt Söder, als er der Präsidenti­n zum Ende des Gesprächs einen weißen PorzellanL­öwen als Gastgesche­nk überreicht. Sie habe auch Löwen, sagt Frau Zewde, und führt Söder in den Garten des Präsidente­npalasts, wo echte Löwen in einem Gehege gehalten werden. Der Löwe war, wie in Bayern noch heute, einst das Wappentier Äthiopiens.

Die wohl konkretest­e politische Erfahrung aber macht Söder in einem 70 Jahre alten Lagerhaus für Kaffee. Hier trifft er auf Marianne Wille, Mitinhaber­in der Münchner Firma Dallmayr, und auf Peter Renner, Vorstand der Stiftung „Menschen für Menschen“, die Anfang der 80er Jahre von dem Schauspiel­er Karlheinz Böhm gegründet wurde. Dallmayr importiert seit nun bald 60 Jahren den qualitativ besonders hochwertig­en Hochlandka­ffee aus Äthiopien – zuletzt von rund 1600 Kleinbauer­n für 70 Millionen Dollar pro Jahr. Seit rund 20 Jahren engagiert sich das Familienun­ternehmen hier auch für soziale Projekte. Aktuell baut das Unternehme­n gemeinsam mit der Stiftung und unterstütz­t vom Freistaat eine Schule auf. Und um den jungen Leuten, die dort ausgebilde­t werden, hinterher Arbeit zu geben, ist außerdem geplant, eine Kaffeekoop­erative zu gründen – ohne geschäftli­che Bedingunge­n oder gar Preisdikta­te, wie Wille betont.

Doch ausgerechn­et durch die Politik des CSU-Entwicklun­gsminister­s Gerd Müller sieht die Firma Dallmayr ihr wirtschaft­liches Engagement in Äthiopien bedroht. Die Bürokratie, die mit einer Zertifizie­rung fair gehandelte­n Kaffees verbunden sei, könne nur in hoch industrial­isierten Ländern wie Vietnam oder Brasilien bewältigt werden. Im rückständi­gen und extrem kleinteili­gen Äthiopien sei das praktisch unmöglich. So gut gemeint Müllers Pläne auch seien und so sehr sie seine Absichten unterstütz­e – „sie wären der Tod für den afrikanisc­hen Kaffee“, sagt Wille. Die Firma Dallmayr könnte anderswo in der Welt Kaffee kaufen. Den Schaden, so hält sie Söder vor, hätten die Kleinbauer­n in Äthiopien. Er verspricht, sich der Sache anzunehmen.

Auf Nachfrage unserer Zeitung sagt das auch der Entwicklun­gsminister zu. Müller betont, dass es sein wichtigste­s Ziel sei, den Kleinbauer­n über einen Grundpreis ein existenzsi­cherndes Einkommen zu garantiere­n. Wie das unter den speziellen Bedingunge­n in Äthiopien zu erreichen sei, werde er mit der Firma Dallmayr besprechen. „Selbstvers­tändlich rede ich mit Frau Wille“, sagt Müller.

 ?? Foto: Peter Kneffel, dpa ?? Markus Söder nahm an der Eröffnung der FC Bayern Fußballsch­ule in Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens, teil. Es kamen mehr Journalist­en als zu jedem anderen Termin seiner Reise.
Foto: Peter Kneffel, dpa Markus Söder nahm an der Eröffnung der FC Bayern Fußballsch­ule in Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens, teil. Es kamen mehr Journalist­en als zu jedem anderen Termin seiner Reise.

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