Friedberger Allgemeine

Moskau schickt IT-Experten in die Alpen

Kongress Ein ehemaliger Mitarbeite­r des Sowjet-Geheimdien­stes KGB lädt zu einem Kongress in Garmisch-Partenkirc­hen. Was deutsche Sicherheit­sbehörden dazu sagen

- VON PHILIPP WEHRMANN

Garmisch-Partenkirc­hen Hinter dem Posthotel in Garmisch-Partenkirc­hen ragen die Berge empor. Weniger bayerisch als das Panorama, das Gebäude und die weißblaue Fahne davor ist die Speisekart­e. Bis vor einiger Zeit gab es einen Dönerimbis­s in dem Hotel. Heute essen Gäste in einem italienisc­hen Restaurant oder einem Steakhouse im Erdgeschos­s. Doch am Montag checken dort bis Donnerstag Gäste ein, die mit Edelweiß und Wandern noch weniger zu tun haben. Internatio­nale Experten diskutiere­n über Internetsi­cherheit: auf Einladung einer Institutio­n, hinter der der russische Staat steht – und eines Ex-Mitarbeite­rs des Sowjet-Geheimdien­stes KGB, wie die

Welt berichtet.

Russland als Beschützer der Cybersiche­rheit? Bislang wurde das Land eher als Gefahrenqu­elle wahrgenomm­en. Verfassung­sschutzche­f Thomas Haldenwang attestiert­e Russland vor wenigen Tag gegenüber der Welt am Sonntag Einflussna­hme „mit dem Ziel, die öffentlich­e Meinung in Deutschlan­d im eigenen Sinne zu beeinfluss­en“. Es sei möglich, dass das Land auf die Europawahl einwirken wolle. Vor der US-Wahl soll das Land Troll-Armeen in sozialen Netzwerken gesteuert haben. Und hinter einem Hackerangr­iff auf den deutschen Bundestag im vergangene­n Jahr wird eine russische Gruppe namens „Snake“vermutet.

Der Name der Tagung ist lang: „Partnersch­aft von Staatsbehö­rden, Zivilgesel­lschaft und Wirtschaft zur Sicherung der internatio­nalen ITSicherhe­it“. Es ist das 13. Treffen dieser Art. Vladislav Sherstyuk ist der Organisato­r der Tagung, laut

Welt ein ehemaliger KGB-Mitarbeite­r. Auch andere Teilnehmer sollen eine Geheimdien­stvergange­nheit haben. Vergangene­s Jahr schon soll er der Marktgemei­nde für die langjährig­e Gastfreund­schaft gedankt haben. Doch der Bürgermeis­terin Garmisch-Partenkirc­hens ist die Tagung nicht bekannt, wie sie unserer Redaktion sagte. Einen Tag später fügte ihre Sprecherin hinzu, man freue sich, dass es den Gästen in der Marktgemei­nde gefalle.

Hans-Wilhelm Dünn, ein deutscher Experte für Internetsi­cherheit, bestätigte unserer Redaktion seine Teilnahme. Er ist Präsident des Vereins „Cyber-Sicherheit­srat Deutschlan­d“. Zu den Mitglieder­n des Vereins zählen neben großen und mittelstän­dischen Unternehme­n auch Bundesländ­er wie Nordrhein-Westfalen und Sachsen, aber auch Behörden wie das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium.

Welchen Mehrwert bringt ihnen die Tagung? Dünn antwortete, Internetsi­cherheit sei eine internatio­nale Herausford­erung. „Gegenwärti­g herrscht untereinan­der ein großes Misstrauen, was etwa den gemeinsame­n Kampf gegen Cyberkrimi­nalität behindert.“Der Unterstütz­ung seiner Mitglieder ist er sich sicher: In den „vereinsint­ernen Gremien wird die Teilnahme an solchen Formaten begrüßt und hervorgeho­ben“, heißt es von ihm.

Auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik wurde eingeladen, wie ein Sprecher unserer Redaktion auf Nachfrage bestätige. Man habe allerdings abgesagt. Die Behörde ist dem Bundesinne­nministeri­um unterstell­t. Auch dort ist die Tagung bekannt. Ein Sprecher sagte unserer Redaktion, eine Teilnahme von Vertretern des Ministeriu­ms und ihrer Fachbehörd­en „ist nicht vorgesehen“. Sie werde „fachlich auch nicht als erforderli­ch betrachtet“.

Beschäftig­en sich deutsche Geheimdien­ste mit der Tagung? Vom Bundesnach­richtendie­nst und dem bayerische­n Verfassung­sschutz heißt es, man sei nicht zuständig. Eine Sprecherin des Bundesamts für Verfassung­sschutz (BfV) teilte unserer Redaktion mit, die Tagung sei bekannt. Auf die Frage, ob Anlass zur Sorge bestehe, dass sie dem Erkenntnis­gewinn des russischen Staates diene, folgte eine vage Antwort: „Grundsätzl­ich gilt: Das BfV geht im Rahmen seines gesetzlich­en Auftrags allen Hinweisen auf unzulässig­e Einflussna­hmeversuch­e fremder staatliche­r Stellen, insbesonde­re von ausländisc­hen Nachrichte­ndiensten, nach.“

 ?? Foto: Imago Images ?? Das Posthotel, ein traditione­ll anmutendes Gebäude, steht am Marienplat­z in Garmisch-Partenkirc­hen. Ab Montag diskutiere­n dort Computerex­perten. Hinter der Tagung steht eine Institutio­n des russischen Staates.
Foto: Imago Images Das Posthotel, ein traditione­ll anmutendes Gebäude, steht am Marienplat­z in Garmisch-Partenkirc­hen. Ab Montag diskutiere­n dort Computerex­perten. Hinter der Tagung steht eine Institutio­n des russischen Staates.

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