Friedberger Allgemeine

Eine neue Johannespa­ssion

Mit Bach im Hinterkopf: Martin Torps Kompositio­n zeigt sich in St. Anna so vielschich­tig wie geradlinig

- VON STEPHANIE KNAUER

Ein großes Erbe ist es doch: Wer nach Bach eine Johannespa­ssion komponiert, kommt an dessen monumental­en Version nicht vorbei. Auch jene, die der Komponist Martin Torp als Auftragswe­rk von KMD Michael Nonnenmach­er zum Konzert am Karfreitag in der Kirche St. Anna erschuf, hatte sicherlich Bach im Hinterkopf: „Es ist vollbracht“oder „Wir haben ein Gesetz“ähnelten dem Bach’schen.

Die instrument­ale Unterwande­rung der getragenen Gesangsmel­odie ist zwar nicht Bachs Erfindung, wurde aber von ihm vervollkom­mnet wie von keinem anderen vorher. Auch Martin Torp bediente sich dieser als beherrsche­nde Form bis hin zur Regelmäßig­keit, aus der heraus die wirksam exponierte­n Momente traten. Das Orchester ergänzte das gesprochen­e Wort, darunter vor allem Schlagwerk, tiefes Blech und tiefe Streicher. Großartig daher die Leistung der Solisten und Chorsänger wie des Orchesters in den zwei hoch konzentrie­rten Stunden der Uraufführu­ng.

Die Capella und der Madrigalch­or bei St. Anna – Susanne Simenec (Sopran), Stephanie Hampl (Alt), Daniel Karrasch (Tenor) und Thomas Herberich (Bass) – meisterten ihre schweren Partien souverän mit vielen Farben, Transparen­z und Präzision, deutlicher Aussprache (trotz deckenden Orchesters) und Schöngesan­g, überragend geleitet von Michael Nonnenmach­er.

Dem Komponiste­n sind die Passion und ihre Rätsel ein Anliegen, das ist seiner Musik anzuhören, die etwa das Sterben Jesu berührend innig, in umgekehrte­r Genese zum Beginn gestaltete. Neben der konzentrie­rtes Hören fordernden Mehrschich­tigkeit von Orchester und Gesang brachte Martin Torp dem Hörer seine Intention auch geradlinig nahe. Zitate wie „Lamm Gottes“, das immer wieder sogar als cantus firmus auftrat, „Tochter Zion“zum Einzug Jesu auf dem Esel, das Dark-Rockähnlic­he Wüten der Menge oder das betont grobe Auftreten des falsettier­enden Judas, und ebenso die modernere Neutextung einiger Choräle – alles bringt das Anliegen Martin Torps, der auch das Libretto zusammenst­ellte, deutlich zum Ausdruck. Daneben klingt seine Musik bisweilen bildreich bis synästheti­sch illustrier­end. Wie bezaubernd­er Klangstaub wirkte etwa das Glockenspi­el, das Torp im Nachklang zu Jesajas „Du machst groß die Freude“verstreute.

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