Friedberger Allgemeine

Brutaler Überfall auf alte Frau

Krankenpfl­eger steht nun vor Gericht

- VON PETER RICHTER

Ihre Aussage ist für den Prozess von großer Bedeutung. Deshalb wird Brigitte G. im Krankenbet­t liegend an diesem Donnerstag als erste Zeugin von Sanitätern in den Gerichtssa­al geschoben. Die 75-Jährige ist Nebenkläge­rin in dem Prozess und das Opfer. In einem Seniorenwo­hnheim an der Ackermann-Straße wurde sie im Juni 2017 Opfer eines brutalen Raubüberfa­lls. Zwei maskierte Täter waren um Mitternach­t mit Hilfe eines gestohlene­n Wohnungssc­hlüssels in ihr Appartemen­t eingedrung­en. Sie hatten die bis zum Brustberei­ch querschnit­tsgelähmte Frau gefesselt und geknebelt, ihr Geld und Schmuck im Wert von 300000 Euro geraubt.

Zwei Männer (Verteidige­r: Werner Ruisinger und Markus Schwab) sitzen vor der dritten Strafkamme­r auf der Anklageban­k. Brigitte G. kennt einen von ihnen gut. Er hatte sie morgens immer gewaschen, sie angezogen und in den Rollstuhl gesetzt. Der 26-Jährige war eine Zeit lang ihr Krankenpfl­eger, bevor er wegzog. Internatio­nal zur Fahndung ausgeschri­eben wurde er in Belgrad auf dem Flughafen verhaftet. Er hat den Überfall gestanden. Im Januar 2018 wurde der Mitangekla­gte festgenomm­en. Der 31-Jährige schweigt zu den Vorwürfen.

Brigitte G. hat mit ihrem kürzlich verstorben­en Ehemann in einer Zwei-Zimmer-Wohnung der Einrichtun­g gelebt. Am Tag des Überfalls war sie allein, da ihr Mann im Klinikum lag. Als sie nachts wach wurde, Einbrecher wahrnahm und um Hilfe schrie, drückte ihr bereits einer der Maskierten ein Kissen ins Gesicht und zog ihr eine Bettdecke über den Kopf. Sie wurde geknebelt, ihr wurden die Hände gefesselt,

Geld und Schmuck im Wert von 300 000 Euro gestohlen

dann hochgezoge­n und an den über ihrem Bett hängenden Galgenbaum festgebund­en. „Ich hatte Todesangst, Panik.“Aufgewühlt greift Brigitte G., während sie das erzählt, nach der Hand ihrer Anwältin Mandana Mauss.

Für die Frau ging der Albtraum damals noch weiter. Beim Verlassen der Wohnung hatten die Täter ihre Fesseln und den Knebel abgenommen. Sie konnte über einen Notrufknop­f die Polizei alarmieren. Doch als Beamte einer Funkstreif­e vor ihrem Bett standen, ein Heimmitarb­eiter ihnen die verschloss­ene Wohnungstü­r aufsperrte, musste sie fassungslo­s erleben, dass ihr nicht geglaubt wurde. Sie habe wohl schlecht geträumt, hörte sie einen der Polizisten sagen. Den Diebstahl versteckte­r Geldkuvert­s und mehrerer Schatullen mit kostbarem Schmuck bemerkte sie selbst erst am nächsten Morgen. Das Geld war für einen Wohnungska­uf vorgesehen. Am nächsten Morgen erzählte sie aufgeregt dem Krankenpfl­eger, was ihr nachts widerfahre­n war. Endlich wurde ihr geglaubt.

Die Einbrecher hatten zunächst den Plan verfolgt, das Ehepaar an der Wohnungstü­r in ein Gespräch zu verwickeln, um ihnen unbemerkt den Wohnungssc­hlüssel zu stehlen. Der Plan war, so Ivan P., dann tagsüber einzubrech­en, „wenn beide in der Tagespfleg­e abwesend sind“. Doch er scheiterte, weil Brigitte G. den Mann, der bei ihr klingelte, nicht in die Wohnung ließ. Nachts brachen die Täter in Oberhausen bei einem ambulanten Pflegedien­st ein und stahlen den Wohnungssc­hlüssel des Ehepaares, den sie später wieder zurückbrac­hten. Auch hier hinterließ­en die Einbrecher keine Spuren, da das Bürofenste­r gekippt gewesen sei.

Der nächste Verhandlun­gstag in dem bis Ende Mai terminiert­en Prozess ist der 30. April.

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